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Thomas Rother zu TOP 34: Die Belange des Datenschutzes bleiben wichtig für uns
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 05.05.2006 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 34: Tätigkeitsbereicht des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz ULD(Drucksache 16/550)Thomas Rother:Die Belange des Datenschutzes bleiben wichtig für unsMan solle bei Kontroversen nicht gleich zur Infragestellung von Instanzen – wie der Datenschutzkontrolle - gelangen, argumentiert Thomas Rother in seinem Redebeitrag. Er nennt exemplarisch die Gesetzentwürfe zum Polizeirecht und zum Parlamentsin- formationsgesetz. Den Vorwurf einer Verknüpfung von möglicherweise unliebsamem Datenschutz und Finanzen weist er als absurd zurück und mahnt Sachlichkeit in der Debatte an.Die Rede im Wortlaut: Die Pressemitteilung des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz zum Tätigkeitsbereicht 2006 ist mit folgender Frage überschrieben: „Verlieren Datenschutz und Informationsfreiheit in Schleswig-Holstein ihren Stellenwert?“ Begründet wird die- se Fragestellung mit den Gesetzentwürfen zum Polizeirecht – also dem Landesverwal- tungsgesetz – und zum Informationsfreiheitsgesetz. Der Leiter des ULD, Dr. Thilo Weichert, beantwortet die Frage zugleich mit einem vorsichtigen Ja.Nun sind genau diese Gesetzentwürfe schon Gegenstand von Debatten in diesem Landtag gewesen - das Informationsfreiheitsgesetz gerade erst am Mittwoch und das Polizeirecht in der letzten Tagung. Hierbei hat der Aspekt des Datenschutzes jeweils eine wichtige Rolle gespielt, so dass ich meine Ausführungen zu den einzelnen Geset- Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-zesänderungen nun nicht zu wiederholen brauche. Nur soviel sei gesagt: Ich teile die Einschätzung von Thilo Weichert im Ergebnis nicht!Im Folgenden möchte ich vielmehr ein paar grundsätzliche Dinge zum Datenschutz in diesem Land sagen – denn das tut Not, ich möchte die neue Stellungnahme des ULD zum Polizeirecht vom 13. April 2006 kommentieren und ich möchte ein paar weitere Punkte aus dem Tätigkeitsbericht aufgreifen.Das ULD hat in seiner Bezeichnung den Vorsatz „Unabhängig“ nicht aus optischen Gründen. Die Unabhängigkeit des Datenschutzes in Schleswig-Holstein ist ein ho- hes Gut und diese Unabhängigkeit wird erhalten bleiben und sie ist uns viel wert. Da- her ist es nicht ungewöhnlich, sondern liegt vielmehr in der Natur der Sache, dass manche Stellungnahme des ULD Vorhaben der Regierung und damit die sie tragen- den Fraktionen kritisiert. Dass wir uns mehr als früher aneinander reiben, liegt sicher auch an der großen Koalition hier im Land und an manchen Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag, die jetzt umgesetzt werden, für die wir von SPD und CDU gemein- sam Verantwortung tragen und das auch gemeinsam so wollen.Den Schluss des ULD auf der Seite sieben des Tätigkeitsberichtes, dass „angesichts satter Mehrheiten zumindest rechnerisch keine Rücksichten mehr genommen werden auf solche speziellen gesellschaftlichen Anliegen“ – und damit ist der Datenschutz und sind die unabhängigen Datenschutzkontrollinstanzen gemeint – ist jedoch unzutref- fend. Die Belange des Datenschutzes bleiben wichtig für uns!Ähnliches gilt für die Behauptung auf der Seite 11: „Die Tätigkeit des ULD steht nicht nur auf einem datenschutzrechtlichen Prüfstand“. Zum einen ist es aus meiner Sicht übertrieben, bei Kontroversen gleich zur Infragestellung von Instanzen zu gelangen. Zum anderen ist die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenwahrneh- mung des ULD angesichts der Haushaltssituation des Landes auch nichts Ehrenrüh- -3-riges. Davon kann kein Bereich ausgenommen werden. Ganz in Gegenteil müht sich das ULD ja auch durch die Bestimmung weiterer Gebührentatbestande, mehr Einnah- men zu erzielen. Und wenn wir auf eine Erhebung verzichten, zeigt das, was uns und dass uns der Datenschutz etwas Wert ist. Der Anschein der Verknüpfung von mögli- cherweise unliebsamem Datenschutz und Finanzen ist absurd und sollte in der Aus- schussdebatte klar gestellt werden.Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Diskussion über die Änderungen im Polizei- recht der vergangenen Wochen machen deutlich, dass im Umgang von Landeregie- rung, Parlament und ULD nicht immer nur die sachliche Debatte im Vordergrund stand. Hierbei war aus meiner Sicht die gegenseitige Unterstellung finsterer Absichten und Relativierungen persönlicher Wertschätzungen in Presseerklärungen ebenso we- nig konstruktiv wie Stellungnahmen in der Sache, die aufgrund lockerer Bemerkungen und sarkastischer Einlagen zwar als Vorlage für politisches Kabarett dienen könnten, jedoch als Grundlage einer parlamentarischen Analyse und Beratung schlicht unge- eignet waren und sind.Allerdings muss ich zugeben, dass der Inhalt mancher Vorschläge aus dem Ministeri- um und nicht zuletzt der eine oder andere handwerkliche Mangel möglicherweise ge- eignet war, pointierte Stellungnahmen zu provozieren. Dennoch sollte sich das ULD den § 39 des Landesdatenschutzgesetzes, in welchem seine Aufgabenstellung be- schrieben ist, gelegentlich vor Augen führen und sich überlegen, in wie weit die dort beschriebene Beratungsfunktion einen solchen Umgang und Ton noch rechtfertigt. Vielleicht hätte eine frühzeitigere Information und bessere Kommunikation der Beteilig- ten untereinander dazu beitragen können, manche Schärfe zu vermeiden. Dieser Vor- gang sollte zum Anlass genommen werden, manches Verhalten zu überprüfen und im Interesse der Sache zu einer anderen Diskussionskultur zurückzufinden. Denn Daten- schutz und Informationsfreiheit dürfen in Schleswig-Holstein ihren Stellenwert eben nicht verlieren – schon gar nicht aus diesen Gründen. Das ULD stellt auf der Seite -4-acht des Tätigkeitsberichts sehr richtig fest: „Datenschutz ist nicht nur Bestandteil un- serer Rechtsordnung, sondern auch unserer Kultur, die das Leben angenehm und le- benswert macht.“Mit Schreiben vom 13. April 2006 hat das ULD zum Gesetzentwurf für ein neues Poli- zeirecht Stellung bezogen, zum Kfz-Kennzeichen-Scanning wurde ein eigenes Argu- mentationspapier nachgereicht. Demnach sollte der Gesetzgeber von folgenden Rege- lungsvorschlägen Abstand nehmen: - Bildaufzeichnungen im öffentlichen Raum, - Kfz-Kennzeichenüberwachung, - Telekommunikationsüberwachung, - Erweiterung der Generalklausel zur Datenerhebung, - Erweiterungen der Schleierfahndung und Identitätsfeststellung, - Entwertung des Grundsatzes der Zweckbindung bei polizeilichen Vorgangsbearbei- tungssystemen und - Einschränkung der Beteiligung des ULD unter dem Deckmantel der Verfahrensver- einfachung.Die Aufhebung der Zweckbindung von Steuerdaten sollte in der vorgeschlagenen Form auch nicht Gesetz werden. Also bleibt von dem Gesetzentwurf so gut wie gar nichts mehr übrig. Den ursprünglichen Anlass des Gesetzes scheint das ULD nicht zur Kenntnis genommen zu haben: Nämlich, dass der Tatsache Rechnung zu tragen ist, dass seit der letzten grundlegenden Änderung des Polizeirechts im Jahr 1992 der technische Fortschritt auch bei kriminellen Handlungen voran geschritten ist und sich die Mobilität von Menschen und Geldströmen bei immer offeneren Grenzen erhöht hat. Das Gesetz hat damit eine hohe Bedeutung für die alltägliche Polizeiarbeit - wie diese eben zeitgemäß zu gestalten ist. Geringfügige Eingriffe in die persönlichen Da- tenschutzrechte sind daher hinzunehmen, wenn dadurch mit Augenmaß die Bedro- -5-hung durch Straftaten gemindert werden kann. Das schafft noch lange keinen Über- wachungsstaat.Einige Anmerkungen aus dem Tätigkeitsbericht möchte ich hier gerne nennen, da die- se aus meiner Sicht von besonderer Bedeutung sind. Datenschutzrechtliche Bean- standungen gegenüber der Polizei wurden vom Landeskriminalamt nicht oder nur nach übermäßiger Verzögerung beantwortet. Das schafft nicht gerade Vertrauen, aber es ist gut zu lesen, dass das Verfahren verbessert werden soll (Tz. 4.2). Bei der Anordnung von „Funkzellenabfragen“ – man erinnere sich an den Fall im Kreis Segeberg – sind mit der Staatsanwaltschaft klare Kriterien für den Umgang mit den erlangten Daten zu formulieren. Unbescholtene Bürgerinnen und Bürger sollten nicht über das notwendige Maß hinaus belästigt werden (Tz 3.2). Die Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitsgemeinschaften sind verpflichtet, bei der Gewährung von Leistungen nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches II den So- zialdatenschutz zu beachten. Gerade weil die Neuregelungen für das Arbeitslosen- geld II so umstritten waren und sind - erst gestern haben wir ja hier im Landtag über die Anrechnung von Beiträgen für Pflegekinder debattiert -, ist hier verantwortliches Handeln gefordert. Missbrauchsaufdeckung ist notwendig, Torturen aber nicht (Tz 4.5.1).Alles in allem ist der Tätigkeitsbericht des ULD eine interessante Lektüre, die uns bei den beiden besonders herausgestellten Gesetzesvorhaben über die allgemeine Bera- tung hinaus noch weiter begleiten wird. Der Bericht ist daher an alle Ausschüsse, fe- derführend an den Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zu ü- berweisen.