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14.09.06 , 10:26 Uhr
CDU

Peter Lehnert zu TOP 2: Der wehrhafte Rechtsstaat darf der gefährlichen Drohung durch Terroristen nicht tatenlos zusehen

Nr. 307/06 14. September 2006


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de
Es gilt das gesprochene Wort Innenpolitik Peter Lehnert zu TOP 2: Der wehrhafte Rechtsstaat darf der gefährlichen Drohung durch Terroristen nicht tatenlos zusehen Am 31. Juli diesen Jahres hätten zwei mutmaßliche Terroristen mit Kofferbomben an Bord von zwei Regionalzügen beinahe ein Blutbad angerichtet. Auf dem Kölner Hauptbahnhof im Regionalexpress Aachen - Hamm und in der Regionalbahn Mönchengladbach - Koblenz platzierten die jungen Männer am Mittag jeweils eine Kofferbombe. Die Zünder waren auf 14.30 Uhr eingestellt. Explodiert wären die Bomben vermutlich in der Nähe von Kamen in Nordrhein-Westfalen und auf rhein- land-pfälzischem Gebiet nach Überquerung des Rheins.
Doch die Menschen dort haben an diesem Tag Glück - die Bomben explodieren nicht. Die Koffer werden in Dortmund und Koblenz entdeckt, Sprengstoffexperten analysieren den Inhalt und die Bundesanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen. Es stellt sich heraus, dass die Koffer eine Propan-Gasflasche sowie mehrere mit Benzin gefüllte Flaschen, Zündvorrichtungen und Batterien enthielten. Außerdem wurde Speisestärke gefunden, mit der die verheerende Brandwirkung noch verstärkt wer- den sollte. Laut Focus ermittelten Kriminaltechniker einen Wirkungsradius der funkti- ons- und zündfähigen Sprengsätze von 100 Metern. Nach den Ermittlungen des Bundeskriminalamtes sind die Passagiere in den beiden Regionalzügen nur knapp dem Tod entgangen.
Videoaufnahmen vom Kölner Hauptbahnhof zeigen die zwanzig bis dreißig Jahre alte Männer mit südländischem Aussehen, während sie die Koffer mit den Bomben trans- portieren.
Am 19. August wird auf dem Kieler Hauptbahnhof ein dringend tatverdächtiger 21 Jahre alter libanesischer Student aus Kiel gefasst. Ich möchte an dieser Stelle den Beamtinnen und Beamten, die an diesem nicht ungefährlichen Einsatz teilgenommen haben, meinen Dank und Anerkennung aussprechen. Damit hat der islamistische Terror nicht nur Deutschland, sondern auch für jeden offensichtlich Schleswig- Holstein erreicht. Der mutmaßliche Terrorist lebte und studierte in Kiel unbeobachtet und unbehelligt mitten unter uns.
Fünf Jahre nach den Angriffen islamistischer Terroristen in New York und Washing- ton, nach den Attentaten in London, Madrid und anderen Städten wird schlagartig deutlich, dass auch Dortmund, Koblenz oder Kiel Ziele dieser Fanatiker sind. Die Ter- roristen morden ohne Unterschiede Männer und Frauen, Kinder, alte Menschen, Christen, Juden oder Moslems. Völlig wahllos bedrohen sie unschuldige und wehrlo- se Menschen mit Mord und Terror.
Dieser gefährlichen Bedrohung durch islamistische Terroristen darf der wehrhafte Rechtsstaat nicht tatenlos zusehen. Er hat vielmehr die Pflicht, seine Bürgerinnen und Bürger möglichst umfassend vor dieser Gefahr zu schützen. Unter dem Eindruck der offensichtlich gewordenen Bedrohungslage in Deutschland sind endlich auch die- jenigen unter den Länder-Innenministern, die sich bisher einer wirkungsvollen Lö- sung verweigert haben, endlich bereit, eine effektiv arbeitende Anti-Terror-Datei ein- zurichten. Die Videoüberwachung soll verstärkt werden, und es erfolgt eine Überprü- fung des Ausländerrechtes.
Darüber hinaus sollten wir in Schleswig-Holstein die Ausstattung unseres Verfas- sungsschutzes überprüfen, insbesondere im Hinblick auf eine umfassende Bekämp- fung des islamistischen Terrorismus und seines ideologischen Umfeldes. Dazu führte Innenminister Stegner in der Landtagsdebatte vom 26. Mai letzten Jahres aus: "Deutschland ist natürlich Teil dieses Gefahrenraumes, auch wenn wir in Schleswig- Holstein zum Glück bisher keine terroristischen Strukturen erkannt haben."
Diese vermeintliche Erkenntnis hat sich nun als gefährlich erwiesen und sollte schnellstmöglich aufgeklärt werden. Dabei benötigen wir dringend eine weitere Ver- besserung der länderübergreifenden Zusammenarbeit, insbesondere mit Hamburg. Außerdem müssen die Eingriffsbefugnisse des Verfassungsschutzes endlich denen des Bundes angepaßt werden - eine langjährige Forderung der CDU, die ihren Niederschlag im Koalitionsvertrag gefunden hat und jetzt zügig umgesetzt werden muss. Die terroristische Gefahr durch gewaltbereite Islamisten ist für mich die größte Her- ausforderung für die zivilisierte Gesellschaft. Gerade die bereits erwähnte Einrichtung einer zentralen Anti-Terror-Datei trägt ganz erheblich zur Stärkung der inneren Si- cherheit in Deutschland bei. Die Sicherheitsbehörden müssen frühzeitig in die Lage versetzt werden, gemeinsam auf wichtige Informationen zuzugreifen. Damit wird die Anti-Terror-Datei zum wichtigen Werkzeug zur Abwehr und Früherkennung terroristi- scher Gefahren. Mit der zentralen Datei von Polizei und Nachrichtendiensten wird eine neue Qualität beim Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden erreicht. Schnelle und vor allem effektive Vorfeldaufklärung bieten beste Voraussetzungen dafür, dass mögliche Anschläge verhindert werden können. Das wird auch bei der erfolgreichen Arbeit des Anti-Terror-Zentrums in Berlin deutlich. Am letzten Freitag hatte ich Gelegenheit mich persönlich vor Ort über deren Arbeitsweise zu informie- ren. Dabei wurde auch vom Chef des Bundeskriminalamtes, Herrn Zierke, von dem ich herzlich grüßen soll, über den Terminplan zur Einführung der Anti-Terror- Datei informiert. Gerade die schnelle Ergreifung der beiden dringend tatverdächtigen Terro- risten zeigt, wie wichtig Einrichtungen wie das Anti-Terror-Zentrum sind. Übrigens wurde dies auch nur auf massiven Druck der Innenpolitiker der Union eingerichtet.
Ebenso wie auch der weitere Ausbau der Videoüberwachung an Bahnhöfen, Flughä- fen, Seehäfen und sicherheitsrelevanten öffentlichen Plätzen. Der rasche Fahn- dungserfolg nach den versuchten Terroranschlägen war nur möglich, weil aufgrund der Videoüberwachung der Bahnsteige genaue Bilder der Täter vorlagen.
Gleichzeitig beugt die Videoüberwachung auch Straftaten vor und schreckt mutmaß- liche Täter ab. Das erklärt allerdings nicht die von maßgeblichen schleswig- holsteinischen Sozialdemokraten immer wieder ins Gespräch gebrachte Forderung nach flächendeckender Videoüberwachung. Zum einen sind nicht annähernd die personellen Ressourcen zu einer angemessen Auswertung vorhanden, andererseits nicht tolerierbaren Eingriff in die Grundrechte jedes Einzelnen. Die Forderung füh- render Sozialdemokraten in Rendsburg nach solch unkontrollierten Überwachungs- methoden, kann die Tatsache, dass der Kollege Neugebauer – wie wir in der gestri- gen Haushaltsdebatte erfahren haben- sich anscheinend regelmäßig auf dem zu ü- berwachenden Gelände aufhält, nicht einen derart massiven Grundrechtseingriff rechtfertigen.
Um frühzeitig gewaltbereite Tendenzen im Islamismus zu erkennen, sollten wir auch Sicherheitspartner in der islamischen Bevölkerung in Deutschland gewinnen. Die jüngste Erklärung von islamischen Verbänden und Organisationen ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Er reicht aber bei weitem nicht aus. So genannte Sicher- heitspartner können mithelfen, Tendenzen zur Radikalisierung oder extremistische Bestrebungen frühzeitiger zu erkennen um Gefahren besser als bisher abwehren zu können.
Häufig ist gerade eine fehlgeschlagene Integration der Nährboden für extremistische Bestrebungen. Wir müssen deshalb rechtzeitig gegensteuern, um Parallelgesell- schaften zu verhindern.
Ein besonderes Augenmerk sollten wir auf die Tatsache richten, dass die Islamisten zunehmend moderne Telekommunikationswege nutzen. Damit werden klassische Treffpunkte wie bestimmte Moscheen, die von Islamisten missbraucht werden, von geringerer Bedeutung. Jeder kann sich über das Internet zu jeder Zeit und an jedem Ort Informationen austauschen, die auch der Vorbereitung von Terroranschlägen dienen können. Dies verringert natürlich auch die Möglichkeit zur wirksamen Über- wachung und erhöht die Gefahr, dass Terrornetzwerke von den Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten weitgehend unbemerkt agieren können.
Besondere Gefahren gehen dabei von der gezielten „Schulung“ Jugendlicher aus, die im Sinne islamistischer Fanatiker auf einen „heiligen Krieg“ gegen Israel und sei- ne Verbündeten vorbereitet werden.
Um die Bevölkerung besser vor terroristischen Gefahren durch gewaltbereite Isla- misten zu schützen, liegt es in unserer Verantwortung, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Zur Verbesserung der Sicherheit brauchen wir sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene die entsprechenden Rahmenbedingungen.
Dazu gehören auch die an den Bundesautobahnen und Bundesstraßen erfassten Mautdaten für die Abwehr besonderer Gefahrenlagen sowie zur Verfolgung schwerer Straftaten. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, wenn bei konkreten Hinweisen, die zur Verhinderung oder Aufklärung schwerster Straftaten bis hin zu terroristischen Anschlägen dienen können, Daten nicht genutzt werden dürfen.
Dafür müssen wir den staatlichen Ermittlungsbehörden möglichst zügig die rechts- staatlichen Mittel an die Hand geben, um schon vorbeugend Kriminalität zu verhin- dern oder aber bereits begangene Verbrechen umfassend und schnell aufzuklären.
Um eine effektivere Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität zu ge- währleisten, brauchen die Ermittlungsbehörden neben moderner technischer und ausreichender personeller Ausstattung auch entsprechende gesetzliche Rahmenbe- dingungen.
In diesem Zusammenhang begrüßt es die CDU-Fraktion ausdrücklich, dass die Koa- litionspartner in Berlin die Wiedereinführung der Kronzeugen-Regelung in Aussicht gestellt haben. Diese ist insbesondere zur besseren Bekämpfung der organisierten Kriminalität ein nicht zu unterschätzendes Instrumentarium.
Verbrechen an Frauen, wie Menschenhandel und Prostitution, räuberische Erpres- sung, Drogendelikte und weitere schwere Straftaten sind mit Hilfe der normalen Er- mittlungstätigkeit nur sehr schwer Erfolg versprechend zu bekämpfen. Gerade in die- sen Bereichen, in denen organisierte Banden weit überwiegend aus ausländischen Tätern bestehen, kann nur in seltenen Fällen mit verdeckten Ermittlern gearbeitet werden.
Um hier erfolgreicher sein zu können, ist eine Kronzeugenregelung erforderlich, um dieser besonders aggressiven und skrupellosen Form der Kriminalität effektiver ent- gegentreten zu können.
Bei der Strafverfolgung muss seitens des Staates die modernste verfügbare Technik eingesetzt werden. Dazu gehört auch die regelmäßige Anwendung der DNA-Analyse in geeigneten Deliktsbereichen. Einsatzmöglichkeiten und Missbrauchsvorsorge müssen gesetzlich geregelt werden. Damit bleibt sichergestellt, dass ausschließlich der nicht codierende Teil des DNA-Stranges untersucht wird. Die CDU hält es für erforderlich, die derzeitigen Einsatzmöglichkeiten der DNA-Analyse besser zu nut- zen. Dass die gegenwärtigen DNA-Gesetze für eine optimierte Straftat-Aufklärung und die vorbeugende Verbrechensbekämpfung Defizite aufweisen, die einem besse- ren Schutz der Bevölkerung entgegenstehen, darauf hat die polizeiliche Praxis be- reits seit Jahren mit Nachdruck hingewiesen. Hier muss im Sinne einer effektiven Strafverfolgung nachgebessert werden.
Darüber hinaus müssen Daten, die zur Abwehr besonderer Gefahrenlagen, zur Ver- hinderung oder Aufklärung schwerster Straftaten bis hin zu terroristischen Anschlä- gen dienen können, besser genutzt werden. Dazu gehören neben den an Bundesau- tobahnen und Bundesstraßen erfassten Mautdaten, die Videoüberwachung an Kri- minalitätsschwerpunkten sowie im Rahmen der Gefahrenabwehr auch an Verkehrs- knotenpunkten wie Bahnhöfen, Flug- und Seehäfen.
Auch die - automatische Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen, - die Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr, - anlassunabhängige Personenkontrollen, und - die entfristete Rechtsgrundlage für die Rasterfahndung sind zur wirksameren Verbrechensbekämpfung erforderlich.
Wir sollten daher vorurteilsfrei über alle Erfordernisse im Sicherheitsbereich beraten.
Unser Staat hat die Pflicht und Verantwortung, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes vor Kriminalität und Terrorismus zu schützen. Wir sollten deshalb die nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zulässigen Mittel, die einer besseren Erreichung dieses Zieles dienen, schnellstmöglich zur Anwendung bringen. Nur die wehrhafte Demokratie und der demokratische Rechtsstaat können auf Dauer unsere gemeinsame Werteordnung sichern und gleichzeitig die freiheitlichen Bürger- rechte bewahren.

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