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12.10.06 , 12:09 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: Staatsvertrag überarbeiten

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 293/2006 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Donnerstag, 12. Oktober 2006 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdL
Es gilt das gesprochene Wort!



Wolfgang Kubicki: Staatsvertrag überarbeiten In seinem Beitrag zu den TOP 16 & 22 (Sportwetten & Lotto) sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Das staatliche Lotteriewesen in Deutschland ist aus verschiedenen Richtungen unter Druck geraten:
• Wirtschaftlich wird es durch technisch fortschrittliche Anbieter aus dem In- und Ausland bedrängt.
• Rechtlich wurde das staatliche Lotteriemonopol bereits vom Bundesverfassungsgericht und dem Bundeskartellamt gemaßregelt, vom Europäischen Gerichtshof steht ihm offensichtlich Ähnliches bevor.
Die staatlichen Lotteriemonopolisten reagieren auf die wirtschaftliche Konkurrenz wie jedes Monopol: Sie versuchen, die aufkommende Konkurrenz mit Hilfe staatlicher Regulierung am Markteintritt zu hindern.
Wirtschaftlich geraten die Staatsmonopole unter Druck, weil das Internet es Spielwilligen erleichtert, auf interessantere Angebote auszuweichen. Die Konkurrenzangebote sind interessanter, weil sie bessere Wetten bieten: Sie schütten größere Anteile der Einsätze als Gewinne aus, teilweise über 90%.
Verglichen damit schütten die deutschen Staatslotterien nur wenig aus: Gerade einmal 50% der Einsätze werden als Gewinne an die Spieler ausgezahlt. Unter sonst gleichen Bedingungen ist der zu erwartende Gewinn bei privaten Anbietern also fast doppelt so groß wie beim staatlichen Glücksspiel. Kein Wunder, dass die Kunden dem Staatsmonopol davonlaufen. In Folge sinken die staatlichen Einnahmen aus Spielsteuern und Konzessionsabgaben, mit denen sinnvolle Zwecke gefördert werden können.
Rechtlich gerät das staatliche Lotteriemonopol einerseits in Deutschland unter Druck, weil es nur dann verfassungsmäßig ist, wenn damit die Jugend geschützt und die Spielsucht eingedämmt würde. Aus beidem folgt ein vollständiges Werbeverbot. Andererseits gerät das Staatsmonopol aus Europa unter Druck, weil es den Regeln des Binnenmarktes widerspricht. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Um das Monopol zu begründen, reicht es eben nicht aus, dass der Staat mit einem Teil der Einsätze politisch und gesellschaftlich anerkannte Zwecke fördern will—zum Beispiel den Breitensport oder den Kampf gegen die Drogensucht. Genau diese Förderungen aber geraten bei einem verfassungsmäßigen—aber möglicherweise trotzdem europarechtswidrigen—Staatsmonopol in Gefahr. Denn Lotterien sind Markenprodukte: Auf solchen Märkten ist kräftige Werbung unerlässlich, um Marktanteile halten oder neue gewinnen zu können. Deshalb verspricht die Waschmittelindustrie uns stets, mit ihren neuesten Mitteln würde unsere Wäsche noch sauberer und frischer. Wer auf einem solchen Markt nicht wirbt, geht unter.
Dies gilt auch im Glücksspiel; das zeigt die Entwicklung bei der Oddset-Wette. Seitdem die Werbung eingestellt werden musste, sanken die Umsätze um 40%. Um die Wirkungen des Werbeverbots zu verdeutlichen, können wir diesen 40-prozentigen Einnahmeausfall für alle staatlichen Lotterien annehmen und auf den Haushaltsentwurf 2007/2008 übertragen: Das Land erwartet aus der Totalisatorsteuer, der Lotteriesteuer und den Konzessionsabgaben 2007 und 2008 jeweils 121 Millionen Euro Einnahmen.
40% Einnahmeverlust bedeuten jährlich 48 Millionen Euro weniger—statt 121 Millionen Euro nur noch 72 Millionen Euro. Beim Kampf gegen die Drogensucht würden zum Beispiel jährlich 800.000 Euro fehlen, bei der Schuldnerberatung 1,2 Millionen Euro, bei der Sportförderung 2,5 Millionen Euro.
Und das wäre nicht unwahrscheinlich, denn nach dem aktuellen Entwurf für einen neuen Lotterie-Staatsvertrag dürfte Werbung für öffentliches Glücksspiel nicht gezielt zur Teilnahme auffordern, anreizen und ermuntern. Sie müsste Hinweise auf den Jugendschutz, die Suchtgefahr und Hilfsmöglichkeiten enthalten und wäre in Fernsehen und Internet ganz verboten. Das ifo-Institut schätzt, dass dieser Staatsvertrag bis 2010 15.000 Arbeitsplätze in Deutschland vernichten würde—und so selbstverständlich zu niedrigerer Wirtschaftsleistung, niedrigeren Staatseinnahmen und höheren Staatsausgaben führte.
Allerdings ist das Erschreckende an diesem Staatsvertrag die ‚Fremdsperre’ für vermeintlich spielsuchtgefährdete Menschen, ich zitiere:
„Die [Veranstalter öffentlichen Glücksspiels] sperren Personen vom Spielbetrieb aus ... von denen sie ... aufgrund von Meldungen Dritter wissen oder annehmen müssen, dass sie überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen stehen. ... Die Aufhebung der Sperre ist frühestens nach einem Jahr ... möglich. [Darüber] entscheidet der Veranstalter, der die Sperre verfügt hat. Die Aufhebung setzt voraus, dass der Veranstalter vorher die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Spielers prüft ...“*
Im Extremfall wird also ein Mensch auf Zuruf seines missliebigen Nachbarn für mindestens ein Jahr vom Lottospiel ausgeschlossen und erst wieder zugelassen, wenn die Teilzeitaushilfskraft an der Lottoannahmestelle seine Steuerbescheide überprüft hat. Vorsichtig ausgedrückt: Diese Vorschriften wären offenkundig rechtswidrig.
Bleiben wir beim Beispiel Lotto: Übertragen wir Forschungsergebnisse aus anderen europäischen Ländern auf Deutschland, dann wären hier bis zu 4 Promille der Spielsüchtigen lottosüchtig.



* Entwurf eines Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland, Stand 22.08.2206, § 8 Spielersperre Absatz 2 und 5, S. 5f., zitiert nach: http://bc02.handelsblatt.com/news/ShowImage.aspx?img=1302325, abgerufen am 11..10.2006. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Das wären von den bis zu 130.000 behandlungsbedürftigen spielsüchtigen Menschen in Deutschland gut 500—500 von 26 Millionen Lottospielern oder zwei Hunderttausendstel. Das sind 500 traurige Schicksale. Ihnen sollte individuell geholfen werden. Aber deswegen in ganz Deutschland die Lotto-Toto-Prohibition und die Staatswirtschaft im Glücksspiel auszurufen ist unsinnig. So werden nur zweifelhafte Anbieter begünstigt, die sich angemessener Regulierung entziehen werden.
Gespielt wird und wurde zu allen Zeiten überall auf der Welt; staatliche Monopole werden dies nicht ändern und nur begrenzt eindämmen können. Und es ist auch nicht verhältnismäßig. Denn die allermeisten Sportwetter und Lottospieler sind Menschen, die für ein bisschen Spaß und Nervenkitzel sowie eine sehr kleine Chance auf große Gewinne bereit sind, ein bisschen Geld auszugeben.
Wir sind für einen konstruktiven Umgang mit den Entwicklungen im Lotteriewesen; wir sind für ein Konzessionsmodell:
• Staatliche und private Anbieter aus dem In- oder Ausland sollen eine Konzession für Lotterien und/oder Sportwetten in Deutschland erhalten, wenn sie die gesetzlichen Anforderungen über die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung erfüllen— diese Anforderungen sind klar und einheitlich festzulegen.
• Die offiziell zugelassenen Anbieter sollen sich dazu verpflichten müssen, Minderjährige vom Spiel auszuschließen und Spielsucht einzudämmen. Diese Maßnahmen und ihre Ergebnisse sind—selbstverständlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes—offen zu legen.
Für den Jugendschutz ist es zum Beispiel sehr wichtig, Internetspiele mit Kreditkarten bezahlen zu können—denn deren Inhaber sind volljährig. Verbote der Kreditkartenzahlung, wie jüngst in den USA ausgesprochen—sind deshalb kontraproduktiv.
• Der Wettbewerb zwischen den offiziell zugelassenen Anbietern wird dazu führen, dass der verantwortungsbewusste Umgang mit der Gefahr der Spielsucht ein Qualitätsmerkmal der Anbieter werden wird. Sicher nicht das Wichtigste, aber möglicherweise ein bedeutendes.
Hingegen würde der offizielle Ausschluss privater Anbieter zweifelhaften Online- Anbieter aus unzugänglichen Standorten Tür und Tor zum deutschen Glücksspielmarkt öffnen: Diejenigen, die die Gefahren des Glücksspiels mit einem Staatsmonopol eindämmen wollten, hätten die Gefahren durch eben dieses Monopol vergrößert.
• Staatliche Lotterie-Konzessionen sind selbstverständlich ein Vermögen wert. Ein Teil davon sollte in die Staatskasse fließen, damit weiterhin die bereits besprochenen politischen und gesellschaftlich anerkannten Zwecke gefördert werden können.
Im Haushaltsentwurf sind beispielhaft aufgeführt: Sport, Schuldnerberatung, Bekämpfung der Drogensucht, Bildung, Kultur, pflegerische Versorgung der Bevölkerung sowie gesundheitspolitische, soziale und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen.
Wenn der vorliegende Entwurf für einen neuen Lotterie-Staatsvertrag nicht entsprechend dieser Punkte überarbeitet wird, dann sollte die Landesregierung ihn ablehnen. Dazu fordern wir sie auf. Und wir hoffen, dass einer der wenigen vernünftigen Ansätze der Kollegen Arp und Wadephul nicht erneut auf dem Altar angeblicher Koalitions- oder Parteiraison geopfert wird.“

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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