Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

13.10.06 , 10:19 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zum Nichtraucherschutz

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher Es gilt das gesprochene Wort! Dr. Jörg Nickel Landeshaus TOP 27+35 – Rauchfreier Öffentlicher Raum Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Monika Heinold: Mobil: 0178/28 49 591 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 431.06 / 13.10.06
Nun hat´s sich ausgequalmt Mit dem heutigen Beschluss setzen wir, nach dem Rauchverbot an Schulen, einen weite- ren Eckpfeiler auf dem langen und mühsamen Weg zum Nichtraucherschutz. Ich möchte mich bei den KollegInnen im Sozialausschusses dafür bedanken, dass die Beratung im Ausschuss von dem Willen geprägt war, gemeinsam zu einer guten Lösung im Sinne des Gesundheitsschutzes zu kommen. Die Expertenanhörung war umfänglich und informativ – und sie war im Ergebnis eindeutig: Gesundheitsschutz muss vor dem individuellen Bedürf- nis des einzelnen Rauchers stehen! Dennoch haben CDU und SPD sehr lange gebraucht, um sich auf den heute vorliegenden Kompromiss zu einigen: Neun Monate Beratung, die große Koalition hat sich schwer getan.
Nun gibt es ein Ergebnis, welches den Nichtraucherschutz in Schleswig-Holstein deutlich verbessert. Zukünftig wird das Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden des Landes zur Normalität – geraucht werden darf nur noch in extra dafür ausgewiesenen Bereichen. Die Kommunen werden aufgefordert, dem Vorbild des Landes zu folgen. Und mit den Trägern der Kindertagesstätten soll eine Einigung herbeigeführt werden, damit auch hier der Nicht- raucherschutz umgesetzt wird. 2008 soll die Landesregierung berichten, ob die getroffenen Maßnahmen den Nichtraucherschutz sicherstellen. Wenn nicht, wird der Landtag eine ge- setzliche Regelung treffen. Auch fordert der Landtag, dass Deutschland endlich das Ta- bakwerbeverbot konsequent umsetzt.
Mit dem heutigen Antrag wird auch das Landeshaus, bis auf extra dafür ausgewiesene Räume rauchfrei! Das Parlament nimmt Vorbildcharakter ein!
Meine Fraktion hatte im Dezember des vergangenen Jahres noch weiter gehende Rege- lungen beantragt. So hatten wir im Interesse des Jugendschutzes gefordert, dass die Lan- desregierung mit den Kommunen eine Regelung findet, um auf das Aufstellen von Zigaret- tenautomaten im öffentlichem Raum grundsätzlich zu verzichten. Leider konnten sich CDU und SPD nicht durchringen, diese Forderung zu unterstützen.
1/3 Ziel eines effektiven Nichtraucherschutzes ist für die GesundheitspolitikerInnen aller Par- teien die Vermeidung der hohen Risiken, welche durch das Passivrauchen entstehen. Der Rauch einer Zigarette überschreitet den zugelassenen Kohlenmonoxidgehalt am Arbeits- platz um das 1000fache. Jedes Jahr sterben in Deutschland 3.300 NichtraucherInnen an den Folgen des so genannten Passivrauchens, 60 von ihnen sind Säuglinge. Das Ein- stiegsalter von Jugendlichen für das Rauchen sinkt seit Jahren. Mit derzeit statistischen 11 Jahren sind es heute Kinder, die mit dem Rauchen beginnen.
Der Nebenstromrauch einer Zigarette ist schädigender als der Hauptstromrauch, den der Raucher selbst einatmet. Er enthält bis zu 400 Mal mehr krebserregende Nitrosamine. Ins- gesamt sind im Zigarettenrauch bis zu 4.000 chemische Substanzen enthalten, 40 davon nachweislich krebserregend. Viele dieser Substanzen setzen sich nach der Verbrennung als Feinstaub in Wänden, Böden, Gardinen und Möbeln fest und sind auch durch Lüften nicht zu entfernen. Gelangen diese Feinstäbe in die Lunge, so bleiben sie dort ein Leben lang – auch bei den NichtraucherInnen.
Passivrauchen ist gesundheitsgefährdend – es kann tödlich sein.
Die Frage, ob es rechtens ist, RaucherInnen in öffentlichen Räumen das Rauchen zu ver- bieten, ist aus meiner Sicht damit beantwortet. Es geht nicht um eine willkürliche Entschei- dung, welche die individuelle Freiheit von RaucherInnen beschneidet. Sondern es geht darum, NichtraucherInnen die gleiche freie Entfaltung wie RaucherInnen zuzugestehen, und ihr Recht auf Gesundheitsschutz einzulösen – am Arbeitsplatz, in Behörden, in Gast- stätten.
JedeR soll frei und eigenständig entscheiden können, ob sie raucht und wie viel sie raucht. Aber JedeR soll auch die Möglichkeit haben, sich diesem Gesundheitsrisiko zu entziehen und trotzdem am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Die entscheidende Frage ist, ob ich es RaucherInnen erlauben darf, durch ihren Rauch und den sich in allen Raummate- rialien festsetzenden schädigenden Feinstaub, andere Menschen zu schädigen. Gegen de- ren eigenen Willen. Und hier ist die Antwort: ein klares NEIN.
Privat muss JedeR selbst entscheiden, was er sich, seiner Familie, seinen MitbewohnerIn- nen zumutet. Den staatlichen Eingriff durch eine Gesundheitspolizei im Kinder- oder Wohnzimmer, wie es Herr Lauterbach fordert, lehne ich als überwachungsstaatliche Maß- nahme ab. Allerdings appelliere ich an alle Eltern, auf ihre Kinder Rücksicht zu nehmen und auch hier den Gesundheitsschutz vor die eigene Sucht zu stellen. Nach neuesten Er- kenntnissen der aktuellen Gesundheitsstudie des Robert-Koch-Institutes lebt jedes zweite Kind mit mindestens einer RaucherIn zusammen. Entsprechende Rückstände im Urin wei- sen eine wachsende Gesundheitsbelastung durch den Zigarettenrauch nach. Wir haben also noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit vor uns.
Es gibt noch viel Handlungsbedarf, wenn es um den Schutz vor dem giftigem Tabakqualm geht. Ein erster Schritt dazu ist der heutige Antrag. Mit diesem Beschluss sind wir auch dem Bundestag einen Schritt voraus, welcher sich noch immer mit einem geplanten Grup- penantrag quält. Ich hoffe, das sich in Berlin die GesundheitspolitikerInnen durchsetzen. Unterstützt werden sie von der Drogenbeauftragte der Union, welchen einen Nichtraucher- schutz fordert, der die Gastronomie einschießt. Auch die Bundesärztekammer fordert ein umfassendes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und in der Gastronomie.
Wie weit Deutschland hinter dem Weltniveau zurück steht, hat vor wenigen Wochen die Fußballweltmeisterschaft gezeigt. In Deutschland ausgetragen, gab es keine öffentlichen Einschränkungen – im Gegensatz zur WM 2002, die in Südkorea und Japan stattfand und genauso rauchfrei war, wie es die WM 2010 in Südafrika sein wird. Und auch die Diskussi- on um die „rauchfreie Gaststätte“ macht deutlich, wie rückständig Deutschland ist. Was in Irland, Schottland und Schweden, in Italien, in Kalifornien und sogar in New York möglich ist, das sollte doch auch in Deutschland möglich sein.
Diese und andere Länder zeigen, dass die rauchfreie Gaststätte auch wirtschaftlich ein Er- folgsmodell ist und dass die Akzeptanz des Rauchverbotes mit der Dauer der Umsetzung steigt. Sogar das Genussland Frankreich traut sich Nägel mit Köpfen zu machen. Ab 2007 wird ein vorbehaltloses Rauchverbot im öffentlichen Raum eingeführt. Ab 2008 gilt das ausnahmslos auch für Restaurants und Gaststätten – sie haben ein Jahr Zeit zur Umstel- lung.
In Deutschland müssen wir hingegen feststellen, dass die mit der DEHOGA ausgehandelte freiwillige Selbstverpflichtung nicht greift. Ausgeschilderte Nichtraucherzonen werden in nicht einmal der Hälfte aller Gaststätten angeboten. Sie sind häufig klein und unattraktiv und sie gewährleisten nicht, dass der abgegrenzte Bereich auch tatsächlich qualmfrei ist. Trotz Nichtraucherzonen sind alle Gäste, ebenso wie das Personal, permanent und unfrei- willig dem Passivrauch ausgesetzt. Selbst, wenn sie mit Kindern unterwegs sind.
Durch das Ergebnis der Föderalismuskommission ist das Gaststättenrecht Ländersache geworden. Wir haben also die Chance, auf Landesebene die rauchfreie Gaststätte im neu- en Gaststättenrecht zu verankern. Schleswig-Holstein als Gesundheitsland, als Tourismus- land und als familienfreundliches Land würde es gut anstehen, auch hier eine Vorreiterrolle zu spielen! Wahrscheinlich hätten wir sogar viele „ausländische“ Besuchergruppen aus den anderen Landtagen, die sich bei uns über die Umsetzung der rauchfreien Gaststätte infor- mieren würden.
Also, meine Damen und Herren von der Gaststättenfront, auf zu neuen Ufern! Es belebt das Geschäft! Lassen Sie uns von anderen Ländern lernen, lassen Sie uns – im Interesse der Gesundheit – ein gutes Vorbild sein!
Nutzen Sie heute Ihre Chance und stimmen sie dem Grünen Antrag für die rauchfreie Gaststätte zu.


***

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen