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01.12.06 , 10:31 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zum Opferschutz

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 43 – Opferschutz Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt der Vorsitzende Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Karl-Martin Hentschel: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 501.06 / 01.12.06
Eine erfreuliche Kontinuität
Sehr geehrter Herr Präsident , sehr geehrte Damen und Herren,
der vorliegende Bericht ist nicht nur umfangreich, er liefert auch einen guten und über- sichtlichen Abriss über das bestehende rechtliche und politische Instrumentarium zum Opferschutz.
Ich unterstütze auch ausdrücklich den Bogen, den dieser Bericht vom Opferschutz nach der Tat hin zum Thema Prävention schlägt. Einige Maßnahmen der Kriminalprävention sind zu Recht als Stichpunkte eines umfassenden und nachhaltigen Opferschutzgedan- kens erwähnt.
Die Landesregierung berichtet über die verschiedensten Arten von Straftaten und die verschiedensten Aspekte der Opferhilfe. Ich muss mich daher hier auf wenige beschrän- ken:
Es freut mich besonders, dass wir nicht nur eine Fortschreibung der beiden bisherigen Berichte aus den Jahren 1997 und 2003 erhalten.
Wir erleben auch, dass die Maßnahmen, die vor einigen Jahren unter der rot-grünen Landesregierung begonnen und verstetigt wurden, auch unter Schwarz-Rot weiter fort- gesetzt werden. Hier gibt es eine sinnvolle Kontinuität, und darüber sind wir sehr froh.
Zwei Beispiele: Das Gewaltschutzgesetz und die daraufhin vorgenommenen Änderungen im Landesver- waltungsgesetz bildeten den rechtlichen Rahmen für das Konzept KIK, das seit 2001 zu- nächst erprobt und dann landesweit eingerichtet wurde. Es hat sich bewährt und wird weitergeführt.

1/3 Häusliche Gewalt ist keine Bagatelle. Ich gebe zu: Auch ich war betroffen und konnte es erst gar nicht glauben, als ich zum ersten Mal erfuhr, dass circa ein Viertel aller Frauen in Deutschland als Opfer mit diesem Delikt zu tun haben. Jede vierte Frau ist ein- oder mehrmals in ihrem Leben als Opfer davon betroffen.
Das zeigt, welchen Stellenwert Hilfe bei häuslicher Gewalt im Rahmen des Opferschut- zes einnimmt. Ein abgestimmtes und damit effizienteres Hilfekonzept nützt sehr vielen Menschen.
Der Täter-Opfer-Ausgleich ist ebenfalls ein Projekt, das in Schleswig-Holstein bereits frühzeitig auf die Schiene gebracht wurde, indem es ideell und vor allem finanziell geför- dert wurde. So konnte es sich bewähren und wird im vorliegenden Bericht als erfolgrei- ches Instrument dialogischer Konfliktschlichtung bezeichnet.
Interessant ist der Hinweis auf die geplant Kontaktstelle für Hinweisgeber auf Korrupti- onsdelikte. In Niedersachsen wurde 2003 eine Datenbank für anonyme Hinweisgeber im Bereich Wirtschaftskriminalität und Korruption eingerichtet.
Eine solche Stelle ist sicherlich für die Ermittlungsarbeit hilfreich, es gilt aber auch hier wie an vielen anderen Stellen: Technik kann die menschliche Arbeit nur unterstützen, nicht ersetzen. Hinweise müssen überprüft und verwertet werden; die Effizienz einer neuen Kontaktstelle hängt wesentlich davon ab, dass die Ermittlungsgruppe „Korruption“ personell gut aufgestellt ist und bleibt.
Und noch ein paar Worte zur Opferstatistik, die diesem Bericht angefügt ist. Wir müssen dieses Zahlenmeer gründlich analysieren, denn in der kriminalpolitischen Debatte wird der Fokus regelmäßig auf diejenigen gerichtet, die die Tat begangen haben.
So stellt man fest, dass die regelmäßigen Statistiken, die wir zum Kriminalitätsgeschehen erhalten und als Landtagsfraktionen auch kommentieren, mit ausführlichen Daten zu den TäterInnen ausgestattet sind. Daten über die Opfer kommen dagegen viel weniger vor – das gilt insbesondere auch für die alljährliche polizeiliche Kriminalstatistik.
Die Opferzahlen sind für die Bewertung des Kriminalitätsgeschehens aber ausgespro- chen interessant, wie der vorliegende Bericht zeigt. Ein Beispiel: etwa 25 Prozent der Bevölkerung Schleswig-Holsteins sind über 60 Jahre alt, von ihnen wurden im Jahr 2005 418 Menschen Opfer von Gewaltkriminalität.
Im gleichen Zeitraum wurden von den Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren, die nur 6 - 7 Prozent der Bevölkerung ausmachen, ganze 3.037 Menschen Opfer einer Gewalt- tat.
Sogar in dem speziellen Bereich der Straßenkriminalität sieht das Verhältnis sehr ähnlich aus: 228 Opfer in der großen Gruppe der Senioren wurden Opfer, 1.286 Menschen in der eher kleinen Gruppe der Jugendlichen.
Es wäre für die kriminalpolitische Debatte sicherlich hilfreich, diese Opferstatistik im Zu- sammenhang mit der Täterstatistik zu führen, zu veröffentlichen und dann auch politisch zu bewerten. Zuletzt möchte ich noch erwähnen, dass letzte Woche drei Vertreter von Amnesty Inter- national ein Gespräch mit den Landtagsfraktionen geführt haben. Interessanterweise wa- ren die beiden schleswig-holsteinischen Vertreter selbst Polizisten.
Sie forderten uns auf, auch die Zahl der Verfahren gegen Polizeibeamte in die Statistik aufzunehmen. Eine unerwartet hohe Zahl von solchen Verfahren lässt nämlich nach ihrer Kenntnis durchaus darauf schließen, dass die polizeilichen Eingriffe nicht immer mit der nötigen Bürgerfreundlichkeit stattfinden, wie sie an der Polizeischule gelehrt werden. Auch dies würde ich gerne in die Beratungen einbeziehen.
Meine Damen und Herren, ich danke der Regierung für den ausführlichen und interessanten Bericht. Ich beantrage ebenfalls Überweisung in den Innen- und Rechtsausschuss und bedanke mich für die konzentrierte Aufmerksamkeit.

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