Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

21.03.07 , 15:17 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 9 - Petitionswesen: Die Beauftragten sollen weiterhin einen guten Job machen können

Presseinformation Kiel, den 21.03.2007
Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 9 Gesetz zur Stärkung des Petitionswesens und zur Zentralisierung der Landesbeauftragten (Drs. 16/1228)

Jeder Abgeordnete erlebt regelmäßig, dass Bürgerinnen und Bürger um Hilfe bitten, weil
sie im Dschungel der Behörden festsitzen. Das Dickicht der Zuständigkeiten ist kaum zu
durchschauen, in den gesetzlichen Regelungen klaffen Löcher, die Umsetzung der Gesetze
bietet so manchen Fallstrick und natürlich machen auch Behördenmitarbeiter Fehler.
Damit die Bürgerinnen und Bürger trotzdem zu ihrem Recht kommen, haben wir das
Petitionswesen. Es soll den Bürgern Orientierung geben und ihnen gegebenenfalls eine
Schneise freischlagen, damit sie zu ihrem Recht kommen.


Traditionell gibt es in der Bundesrepublik die Eingaben- oder Petitionsausschüsse der
Parlamente, bei denen sich alle Einwohner – auch Ausländer und Kinder – über eine
ungerechte oder falsche Behandlung durch Bundes- oder Landesbehörden beschweren
können. In den letzten Jahrzehnten sind in Schleswig-Holstein aber über den 2
Petitionsausschuss hinaus eine Reihe weiterer Institutionen mit Ombudsfunktion
eingerichtet worden. Dazu gehören zuvorderst die Bürgerbeauftragte für soziale
Angelegenheiten, aber auch der Flüchtlingsbeauftragte und der Beauftragte für
Menschen mit Behinderung. Damit ist die Berührungsfläche zwischen der Politik und den
Bürgern deutlich vergrößert worden, und vor allem haben diese neuen Angebote eine
niedrigere Schwelle als der klassische Petitionsausschuss. Dieses kommt besonders in den
lokalen Sprechstunden der Bürgerbeauftragten zum Ausdruck, aber auch die beiden
anderen Beauftragten sind regelmäßig in der Fläche präsent.


Die FDP schlägt uns jetzt vor, das Petitionswesen in Schleswig-Holstein umzugestalten
und sich dabei an das rheinland-pfälzische Bürgerbeauftragten-Modell anzulehnen. Ein
solches Ansinnen können wir nicht von vornherein ablehnen, denn der SSW hat in der
Vergangenheit selbst beantragt, dieses Modell aus den Süden hierzulande zu
übernehmen. Allerdings ging es dabei um das reine Petitionswesen und nicht um die
Rolle der sozialen Beauftragten.


Um es gleich klar zu sagen: Die verschiedenen Landesbeauftragten, die Schleswig-
Holstein in den letzten Jahrzehnten gehabt hat, waren ein Glücksfall für das Land. Ebenso
wie ihre Vorgänger machen die Bürgerbeauftragte Birgit Wille-Handels, der Behinderten-
beauftragte Dr. Ulrich Hase und der Flüchtlingsbeauftragte Wulf Jöhnk einen
hervorragenden Job. Den sollen sie auch weiterhin machen – und den sollen ihre
Nachfolger auch noch machen können.


Schleswig-Holstein hat mittlerweile eine eigenes „Modell“ mit einem eigenen Wert
entwickelt. Deshalb kann es hier nicht darum gehen, diese Strukturen zu zerschlagen, 3
sondern allenfalls um eine Optimierung. Angesichts der Arbeitsbereiche der Beauftragten
ist für die Bürger vielleicht nicht immer erkennbar, wer für was zuständig ist. Deshalb ist
es legitim, die Frage zu stellen, ob das Petitionswesen besser geordnet werden kann. Wir
müssen uns fragen, wie wir das Ombudswesen so einfach wie möglich gestalten, damit
die Bürger ohne große Schwelle um Unterstützung bitten können, wenn sie Fragen haben
oder sich ungerecht behandelt fühlen.


Dabei muss es zuerst um eine bessere Verschränkung von Bürgerbeauftragter und
Petitionsausschuss gehen, denn hier sind die doppelten Strukturen und Zuständigkeiten
besonders ausgeprägt. Deshalb setzt sich der SSW seit langem dafür ein, die Bürger-
beauftragte und den Petitionsausschuss so zu verschmelzen , dass die Bürgerinnen und
Bürger ein einziges Portal haben, durch das sie gehen müssen, um Hilfe zu bekommen. Ich
kann nicht verhehlen, dass für den SSW dabei die Sicherung der Arbeit der Bürgerbeauf-
tragten absolut erste Priorität hat. Der Petitionsausschuss ist in der Landesverfassung
vorgeschrieben und muss seine Arbeit leisten. Ohne den Einsatz der Kollegen in unserem
Eingabenausschuss schmälern zu wollen, ist für uns klar: Die Arbeit der Bürgerbeauftrag-
ten ist bürgernäher, niedrigschwelliger und umfassender. Deshalb muss eine
Konstruktion gefunden werden, bei der die Vorteile der Bürgerbeauftragten erhalten
bleiben. Hierfür macht der Gesetzentwurf der FDP einen bedenkenswerten Vorschlag.


Der SSW meint, dass die Bürgerbeauftragte DIE Anlaufstelle für alle sozialrechtlichen
Probleme sein muss. Ihr Büro soll vorrangig die individuelle Beratung für alle Bürger
anbieten – auch wenn es um die Probleme von Migranten oder von Menschen mit
Behinderung geht. 4
Die Aufgaben der beiden anderen Landesbeauftragten reichen aber weit über diese
individuelle Beratung und die Ombudsfunktion hinaus. Der Beauftragte für Menschen mit
Behinderung und der Flüchtlingsbeauftragte sind Ansprechpartner für Verbände, Vereine
und Einrichtungen. Sie sind bei den Betroffenen vor Ort präsent. Sie beraten
Kommunalpolitiker, wenn es darum geht, die Belange von Flüchtlingen oder Menschen
mit Behinderung auch vor Ort zu berücksichtigen. Sie weisen auf strukturelle Probleme
hin und können so – wenn sie von der Politik ernst genommen werden – gerade dazu
beitragen, den Behörden- und Regelungs-Dschungel etwas zu lichten. Es gibt viele gute
Gründe dafür, die Landesbeauftragten nicht nur als Petitionswesen zu sehen, und deshalb
lehnt der SSW den Gesetzentwurf der FDP in der vorliegenden Form ab.


Sicherlich könnte man erwägen, wie man besser mit den Überschneidungen der drei
Beauftragten umgehen und die Zusammenarbeit optimieren kann. Ich glaube ein erster
wichtiger Schritt wäre schon getan, wenn die drei Beauftragten unter einem Dach
zusammengefasst, sprich: beim Landtag angegliedert werden. Auch in diesem Punkt
geben wir der FDP Recht, zumal es eine Reihe weiterer guter Gründe dafür gibt. Sowohl
bei der Ombudsfunktion als auch beim Beauftragtenwesen geht es darum, zwischen den
Bürgern und dem Staat bzw. zwischen bestimmten Gruppen und dem Staat zu
vermitteln. Hierzu braucht ein Beauftragter eine Armlänge Abstand zur Regierung und
eine kritische Solidarität mit der Verwaltung. Dass dieses nicht gewährleistet ist, wenn
der Beauftragte in der Hierarchie der Landesregierung verhaftet ist, liegt auf der Hand.
Wie es schief gehen kann zeigt ja das Beispiel des Naturschutzbeauftragten Roger
Asmussen, der ja eigentlich in vorbildlicher Weise die Fachlichkeit höher wertete als sein
CDU-Parteibuch. 5
Wenn der SSW diesen Gesetzentwurf der FDP begrüßt, dann ist es mehr als eine
Höflichkeitsfloskel, auch wenn wir dem in der vorliegenden Form nicht zustimmen
können. Er gibt uns die Möglichkeit, in den Ausschüssen eine Reihe von Verbesserungen
zu diskutieren. Vor allem begrüßt der SSW aber, dass die FDP offensichtlich lernfähig ist,
wenn es um die Stelle der Bürgerbeauftragten geht. Denn bisher beschränkten die
Vorschläge der Liberalen zu dieser Institution sich vor allem darauf, bei den Haushalts-
beratungen die Stelle streichen zu wollen, um das Geld woanders auszugeben. Der SSW
möchte gern mit der FDP weiter darüber beraten, wie wir die Bürgerbeauftragte stärken
können – allerdings nicht um den Preis, dass dieses Mal dann die beiden anderen
Beauftragten aus dem Haushaltsplan gestrichen werden.

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen