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Jutta Schümann zu TOP 31: Für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 22.03.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 31 - Gesundheit von Kindern schützen – Gesundheitsvorsorge ganzheitlich und verbindlich organisieren (Drucksachen 16/1089 und 16/1284)Jutta Schümann:Für eine höhere Verbindlichkeit der FrüherkennungsuntersuchungenKinder benötigen eine positive und ihnen zugewandte Lebenswelt, in der sie gesund aufwachsen können und vor Vernachlässigung, Misshandlung und sexuellem Miss- brauch geschützt sind. Dies hat der Bundesrat mit seinem Beschluss vom 19.05.2006 zu Recht betont.Meine Kollegin Frau Tenor-Alschausky hat bereits darauf hingewiesen: Fast täglich müssen wir leider feststellen, auch in unserer unmittelbaren Umgebung, dass die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft immer noch nicht ausreichend gegen Ver- nachlässigung, Misshandlung und sexuellen Missbrauch geschützt sind. Es ist prob- lematisch, dass bis zum Eintreten der Schulpflicht heute immer noch Kinder der staatlichen Wächterfunktion weitestgehend entzogen werden können. In diesem Zeitraum kann somit auch das Gemeinwesen mit dem zurzeit bestehenden rechtlichen Instrumentarium nur einen unvollständigen Schutz gewähren. Dieses Instrumentari- um müssen wir dringend verbessern und zwar zusätzlich zu den bereits dargestell- ten Maßnahmen.Wir können dem Bericht entnehmen, dass Früherkennungsuntersuchungen eine hohe Akzeptanz genießen - ca. 95 % der Eltern lassen ihr Kind im ersten Lebensjahr von ei- Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-nem Kinderarzt oder einer Kinderärztin untersuchen. Erfahrungswerte zeigen, dass die Nichtteilnahme an der Früherkennungsuntersuchung aber ein Indiz dafür sein kann, dass die Eltern der ihnen zugeschriebenen Fürsorgepflicht nicht ausreichend nach- kommen. Die Feststellung, welche Kinder an diesen Untersuchungen nicht teil- nehmen, kann somit ein sehr wichtiger Ansatzpunkt für helfende Eingriffe der Kinder- und Jugendhilfe und des öffentlichen Gesundheitsdienstes sein.Wir haben in Schleswig-Holstein in der vorigen Legislaturperiode ein Gesundheits- dienstgesetz erlassen mit dem Ziel, auf gesunde und gesundheitsförderliche Lebens- verhältnisse hinzuwirken und gleiche Gesundheitschancen für alle anzustreben. Die- ses Gesetz sieht im § 7 unter der Überschrift „Kinder- und Jugendgesundheit“ auch vor, dass die Kreise und kreisfreien Städte die Gesundheit von Kindern und Ju- gendlichen fördern sollen. Da geht es auch um die Früherkennung von Krankheiten, Behinderungen, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen und die damit in Zusammenhang stehenden notwendigen Untersuchungen.Wir sollten dieses Gesetz nutzen, so wie es bereits zwischenzeitlich auch in anderen Bundesländern geschehen ist, und ein verbindliches Einladungswesen für die kos- tenfreien Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 schaffen. Wir benötigen lan- desgesetzliche Grundlagen, die dem staatlichen Schutzauftrag zu Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz Rechnung tragen und den Behörden präventive Maßnahmen ermögli- chen. Wir benötigen eine Befugnis zur Datenerhebung und Weitergabe, die den Da- tenaustausch zwischen Meldebehörde, Gesundheitsämtern und der Jugendhilfe er- möglicht.Erst Ende November hat sich auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zur Entschließung des Bundesrates für eine höhere Verbindlichkeit der Früherken- nungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohls ausdrücklich für diesen Weg aus- -3-gesprochen. Und der vorliegende Bericht weist ebenso sehr gut und differenziert auf einen solchen Weg hin.Ziel ist es, die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen insbesondere der gefährdeten Kinder aus Risikofamilien in schwierigen Situationen zu steigern und be- reits frühzeitig den körperlichen und geistigen Zustand der Kinder durch Ärzte überprü- fen lassen zu können. Dafür ist ein Datenaustausch erforderlich, der es den zu- ständigen Stellen ermöglicht, durch geeignete Maßnahmen gezielte Einladungen zu den Untersuchungen oder durch das Angebot zur Beratung von den Gesundheitsäm- tern über den Zweck der Untersuchung nachzufassen, wenn Kinder nicht zu den vor- gesehenen Untersuchungen erscheinen.Schließlich müssen, neben Ansätzen zur Stärkung früher Hilfen und zur Vernetzung der mit den Kindern in Kontakt kommenden Stellen, Kinder auch in stärkerem Maße als bisher einer gesellschaftlichen Kontrolle unterstellt werden. Es sollen daher die Jugendämter nach festgestellter Verweigerung der Teilnahme an den Früherken- nungsuntersuchungen von den Gesundheitsämtern informiert werden, um die geeigne- ten und notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der Gefährdung oder bereits einge- tretenen Gefahr für das Kindeswohl einzuleiten. Im Rahmen eines abgestuften Sys- tems soll den Erziehungsberechtigten, wenn sie ihre Kinder trotz Erinnerung nicht an den Früherkennungsuntersuchungen teilnehmen lassen, möglichst zeitnah die unmit- telbare Untersuchung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst angedient werden. Wenn die Erziehungsberechtigten auch diese Untersuchung verweigern, soll durch ei- ne Meldung an die mit der Wahrnehmung der Kinder- und Jugendlichen betreuten Be- hörden die Möglichkeit verbessert werden, weitergehende Nachforschungen vorzu- nehmen und ggf. durch eingreifende Maßnahmen zu helfen.Solche Regelungen wären mit unserem Gesundheitsdienstgesetz möglich. Die- ses haben wir ja auch bereits im Sozial-Ausschuss vorbesprochen und wir sind mit der -4-Vereinbarung verblieben, im Mai konkreter auch diesen Ansatz in Form eines Ände- rungsantrages in das bereits bestehende Gesetzgebungsverfahren mit einzubringen.Damit hätten wir dann eine weitere zusätzliche Möglichkeit geschaffen, um Kinder auch durch neue gesetzliche Regelungen stärker in den Blick nehmen zu können und gleichzeitig Familien, insbesondere Müttern, auch zu helfen und sie zu unterstützten. Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Punkt in den nächsten Ausschusssitzungen gemeinsam weiterkommen werden.