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09.05.07 , 11:20 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 43: Sicherung der Demokratie nicht durch weiteren Verlust von Freiheit erkaufen

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 09.05.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 43, Verfassungsschutzbericht 2006 (Drucksache 16/1358)
Thomas Rother:

Sicherung der Demokratie nicht durch weiteren Verlust von Freiheit erkaufen

Nachdem wir in der vergangenen Sitzung ja schon über die Maßnahmen der Landes- regierung zur Bekämpfung von politischem Extremismus und Fremdenfeindlichkeit ge- sprochen haben, sind wir jetzt mit dem Verfassungsschutzbericht bei Situation und Analyse der Situation hier bei uns in Schleswig-Holstein.

Und über diese Situation zu sprechen, dafür gibt es gute Gründe: Zum Ersten ist die Entwicklung der Straftaten mit politischem Hintergrund insgesamt zwar stagnierend, aber es gibt eine deutliche Verschiebung in der Zahl bei Straf- und Gewalttaten von Links nach Rechts. Im Bundesvergleich nimmt Schleswig-Holstein in Bezug auf die Gewalttaten mit rechtsradikalem Hintergrund einen Spitzenplatz ein. Nach Sachsen-Anhalt, Branden- burg, Thüringen und Sachsen kommt schon unser Bundesland mit gut zwei Gewaltta- ten pro hunderttausend Einwohner. Die Vorfälle häufen sich und sind unerträglich. Ein so genanntes Propagandadelikt ist zwar widerlich, lässt sich aber in der Regel auch wieder beseitigen. Opfer von Gewalt- taten haben es da nicht so einfach – die physischen und psychischen Folgen so einer Tat bleiben meist ein Leben lang. Und Organisationen, die eine solche Gewalt recht- fertigen, propagieren und praktizieren gehören meiner Ansicht nach schon deshalb verboten!
Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Zum zweiten hat die derzeit gefährlichste rechtsextreme Gruppe, die NPD, leider ziemlich viel Oberwasser. Sie hat sich von einer dahinsiechenden Altherrenpartei durch ein Bündnis mit der DVU und den Freien Nationalisten als Sammlungsbewe- gung eine Führungsposition in der rechtsextremen Szene erarbeitet. Nach den jüngs- ten Wahlerfolgen rüstet sie sich auch hier bei uns zur Kommunalwahl und greift plötz- lich ganz andere Themen auf als sonst üblich. Das ist nicht nur Hartz IV, sondern ist auch die Schulpolitik, der ÖPNV oder die Verwaltungsstrukturreform.

Dass auf letzteres im Verfassungsschutzbericht hingewiesen wird, hat natürlich nicht zum Ziel, die Gegner einer möglichen Gebietsreform im Kreis Dithmarschen zu diffa- mieren, sondern macht lediglich die neue Qualität der NPD-Agitation deutlich. Die NPD ist ja auch gegen die Atomenergienutzung und dennoch diffamiert ja niemand alle Atomkraftgegner als Nazis und niemand wirft NPD und FDP in einen Topf, nur weil beide gegen das neue Schulgesetz sind.

Allerdings haben die Initiatoren von Demonstrationen oder Veranstaltungen schon die Aufgabe, sich von dieser Art Unterstützer ihres Anliegens zu distanzieren und sie aus ihren Reihen fern zu halten.

Und es ist auch im Verfassungsschutzbericht nachlesbar, dass die rechtsextreme Szene in Dithmarschen Schwerpunkte setzt. Erst vor kurzem hat dort ja ein größe- rer Polizeieinsatz in Neufeld stattgefunden. Ich möchte betonen, dass wir an der Seite von Landrat und Bürgermeister der betroffenen Gemeinde in ihrem Kampf gegen die Neonazis stehen.

Notwendig bleibt es, die Ergebnisse des Berichtes der letzten Tagung konsequent um- zusetzen und die vom Bund geforderte Koordinierungsstelle zur Intervention gegen Rechtsextremismus zu benennen und die örtlichen Projekte auch von Landesseite aus -3-



zu fördern. Ein „böses Erwachen“ darf es nach der Situationsbeschreibung des Berich- tes nicht irgendwann später geben, denn wir sind gewarnt.

Zum Dritten: Der G-8-Gipfel im Juni dieses Jahres in Heiligendamm dient zur Klärung internationaler politischer Streitfragen. Er ist daher auch ein berechtigter Anlass zu Protesten gegen die negativen Folgen der Globalisierung. Er bietet aber leider ebenso Extremisten von Links und Rechts einen Ansatzpunkt für Krawall und Gewalt und Bür- gerkriegsspielerei – für Polit-Rituale, für die sich halt dieser Anlass gefunden hat.

Das ist so falsch wie es absurd ist, hier ein Ventil für die eigene politische Erfolglosig- keit zu öffnen und ich bedaure schon jetzt die dort eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten, die ihre Zeit sicherlich sinnvoller verbringen könnten.

Zum vierten und letzten Punkt: Deutschland ist Teil eines weltweiten terroristischen Gefahrenraumes. Diese Bedrohung durch Islamismus ist leider real angesichts von Anschlägen und Anschlagsversuchen und nicht „scheinbar“ wie manche immer noch behaupten. In Schleswig-Holstein konnten trotz der im Bericht genannten Festnahmen keine entsprechenden Strukturen ausgemacht werden. Die Maßnahmen zur Terroris- musbekämpfung haben das vielleicht verhindert.

Für weitere Grundrechtseingriffe zu diesem Zweck ist derzeit keine Notwendigkeit, ge- geben. Die Sicherung der Demokratie darf nicht durch einen immer größeren Verlust von Freiheit erkauft werden – denn dann hätten die Terroristen schon einen Sieg er- rungen.

Ich bitte, den Bericht zur abschließenden Beratung an den Innen- und Rechtsaus- schuss zu überweisen.

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