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Detlef Matthiessen zur norddeutschen Hafenkooperation
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 16 – Norddeutsche Nordseehafen-Kooperation Düsternbrooker Weg 70 24105 KielDazu sagt der verkehrspolitische Sprecher Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Telefax: 0431/988-1501 Detlef Matthiessen: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 202.07 / 10.05.2007Wir brauchen ein Gesamtkonzept in der HafenpolitikDie deutschen Seehäfen sind für den deutschen Wirtschaftsstandort unverzichtbar. Als Drehscheiben des nationalen und insbesondere des internationalen Güterverkehrs sind die Häfen bedeutende Umschlagplätze des kombinierten Verkehrs und haben damit eine wichti- ge umweltpolitische Bedeutung bei der Verlagerung von Verkehr vom Landweg auf den we- niger umweltbelastenden Wasserweg.Neben den starken Zuwachsraten im interkontinentalen Containerverkehr werden auch für die innereuropäischen Verkehre hohe Zuwächse vorausgesagt. Schon heute liegt der Anteil der Kurzstreckenseeverkehre für die europäischen Binnenverkehre bei rund 40 Prozent. Die- se Kurzstreckenseeverkehre haben ein erhebliches Potential für eine Verkehrsverlagerung „from road to sea“: Güter, die mit den großen Containerschiffen in den zentralen europäi- schen Häfen ankommen, werden anstatt auf LKW auf kleinere Schiffe umgeladen, um die Waren auf weitere europäische Häfen zu verteilen. Die Förderung der Schiene für die Hinter- landanbindung ist für eine nachhaltige Güterverkehrspolitik unerlässlich.Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen zu erhalten und weiter auszubauen, ist eine verstärkte Koordinierung staatlicher Initiativen und Subventionen drin- gend geboten. Darauf hat schon die „Gemeinsame Plattform des Bundes und der Küstenlän- der“ vom Februar 1999 hingewiesen. Zur Förderung der Kooperation zwischen den Seehäfen müssen wir deshalb gemeinsam ein nationales Seehafenkonzept entwickeln. Denn nur durch Kooperation können wir die jeweiligen spezifischen und strategischen Stärken der Häfen nut- zen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der gesamten deutschen Nordseeküste verbessern.Gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel können wir es uns nicht länger leisten, alle Aus- bauvorhaben im Umfeld der deutschen Seehäfen komplett zu finanzieren. Schon für die Rea- lisierung der in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans eingestellten Was- serstraßenprojekte fehlen bis 2015 mehr als vier Milliarden Euro. Insbesondere zusätzliche Ausbauvorhaben müssen deshalb sehr sorgfältig geprüft werden. Die Prognose für die Ent- wicklung in der Containerschifffahrt erwartet zwar immer größere Schiffe, so dass die so ge- nannten Megacarrier mit 12 000 TEU durchaus realistisch erscheinen, doch ob diese tat- sächlich wirtschaftlich im Zentrum der Entwicklung stehen, ist fraglich. 1/2 Denn zum einen verhindern ökologische Grenzen, dass diese riesigen Containerschiffe Hamburg und Bremerhaven anlaufen können. Zum anderen wird der weit überwiegende Teil der Welt-Containerflotte auch ohne weitere Fahrrinnenvertiefung Hamburg und Bremerhaven zukünftig erreichen können. Die derzeit diskutierte weitere Vertiefung von Außenweser und Unterelbe würde somit nur kurzfristige Engpässe beseitigen. Diesen kurzfristigen Vorteil müssten die SteuerzahlerInnen allerdings mit mindestens 350 Mio. Euro allein für die Unter- elbe bezahlen. Von den exponentiell steigenden Kosten für die Unterhaltungsbaggerungen ganz abgesehen. Wir stehen den Plänen für eine weitere Vertiefung der Elbe kritisch gegen- über. Das Mindeste ist eine Auswertung der Auswirkungen der Elbvertiefung, die bereits ge- macht wurde, bevor die nächste Elbvertiefung angefangen wird. Niedersachsen z.B. lehnt ei- ne Vertiefung ab.Wir Grünen wollen die Bündelung strategischer Vorteile durch sinnvolle Arbeitsteilung, die sich vor allem an den natürlichen Standortvorteilen ausrichtet. Dies gilt insbesondere für Tiefwasserhäfen, die eine Verteilerrolle, eine sog. Hub-Funktion, innerhalb der Quell- und Zielregionen für die großen interkontinentalen Containerströme übernehmen. An der Nord- seeküste wird nach 2010 nur eine sehr begrenzte Zahl an Tiefwasserhäfen wirtschaftlich ar- beiten können. Einer davon wird Rotterdam sein. Damit der zweite europäische Hub für die nächste Generation der Containerschiffe an der deutschen Küste liegt, müssen wir die Kräfte auf den Standort mit den besten geografischen Faktoren konzentrieren. Deshalb haben sich die Länder Bremen, Hamburg und Niedersachsen bereits im Jahre 2001 für Wilhelmshaven als deutschen Tiefwasserhafen entschieden. Denn Wilhelmshaven ist mit einem tideunab- hängigen Tiefgang von 16 Metern am besten als Tiefwasserhafen in Deutschland geeignet.Millionen von Steuergeldern werden jährlich mit Verweis auf den weltweiten Wettbewerb im Containerumschlag in den Ausbau der deutschen Seehäfen gesteckt. Der öffentliche Nutzen der Ausbaumaßnahmen wird von den jeweiligen Landesregierungen und von der Hafenwirt- schaft mit Wachstums- und Arbeitsplatzeffekten begründet, die jedoch bisher aufgrund der unklaren Erhebungsgrundlagen nicht nachvollziehbar sind.Die Grüne Bundestagsfraktion hat bei der Bundesregierung nachgefragt, wie viele Menschen tatsächlich direkt und indirekt in deutschen Seehäfen beschäftigt sind, welches Erfassungs- system den Berechnungen zugrunde liegt und wie ein EU-weiter Vergleich aussieht. Die nun vorliegende Antwort auf die entsprechende kleine Anfrage ist niederschmetternd: die Bun- desregierung hat keine Erkenntnisse über Arbeitsplätze im Kontext von Seehäfen in Deutschland und der Europäischen Union. Sie verweist lediglich auf eine derzeit im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erarbeitete Studie zum deutschen maritimen Cluster, die jedoch keine auf einzelne Häfen bezogenen Daten zu Beschäftigung und Umsätzen enthal- ten wird. Die Bundesregierung kann die von der Hafenwirtschaft immer wieder herausgestell- te Darstellung einer „Jobmaschine Hafen“ nicht plausibel belegen. Die Förderpolitik, öffentli- che Transferleistungen, sind schwer zu rechtfertigen, wenn positive Beschäftigungseffekte nicht nachweisbar sind.Ohne aktuelle Daten ist auch die Aussage, durch die geplante Elbvertiefung würden zusätzli- che Arbeitsplätze geschaffen, nicht nachvollziehbar. Es stellt sich deshalb die Frage, ob bei dem insgesamt zu erwartenden geringen gesamtwirtschaftlichen Nutzen bei hohen öffentli- chen Kosten die geplanten Ausbaumaßnahmen an Unter- und Außenelbe volkswirtschaftlich sinnvoll und gesellschaftlich vertretbar sind.Dem Antrag des SSW stimmen wir zu. ***