Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

11.05.07 , 10:32 Uhr
FDP

Heiner Garg: "Wo es möglich ist, auf Kohle verzichten!"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 147/2007 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Freitag, 11. Mai 2007 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdL
Es gilt das gesprochene Wort!
Energiepolitik/Stromerzeugung
Heiner Garg: „Wo es möglich ist, auf Kohle verzichten!“ In seinem Beitrag zu den TOP 26 & 37 (Kohlekraftwerke) sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:
„Es steht inzwischen fest, dass die Menschheit erheblich zur Erderwärmung beiträgt. Dies verändert weltweit das Klima, und das beeinflusst bereits heute viele Ökosysteme. Die meisten der prognostizierten Veränderungen sind negativ, deshalb setzt sich immer stärker die Einsicht durch, dass die Menschheit schnell und entschieden handeln sollte, um die größten Nachteile zu verhindern oder wenigstens abzumildern. Das ist für mich der Kern der vorab veröffentlichten Ergebnisse 4. Berichts des Internationalen Panels für Klimaveränderungen (IPCC)—des so genannten UN-Klimaberichtes—dessen Teilzusammenfassungen in den letzten Wochen immer wieder die Schlagzeilen beherrschten.1
Im Mittelpunkt der Maßnahmen, die die dritte Arbeitsgruppe des IPCC vorschlägt, um den Klimawandel zu bremsen und seine Folgen zu mildern, steht die Verringerung des weltweiten CO2-Ausstoßes. CO2 wird ausgestoßen, wenn fossile Brennstoffe verbrannt werden—zu einem erheblichen Teil bei der Stromproduktion in Kraftwerken. Hieraus lässt sich zunächst zweierlei schließen:
• Zukünftig sollte so wenig Strom wie möglich aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden, und

1 Intergovernmental Panel on Climate Change, Fourth Assessment Report, Summaries for Policymakers (SPM): Working Group I Report “The Physical Science Basis" v. 02.02.07, SPM: http://www.ipcc.ch/WG1_SPM_17Apr07.pdf, Working Group II Report "Impacts, Adaptation and Vulnerability" v. 06.04.07, SPM: http://www.ipcc.ch/SPM13apr07.pdf, Working Group III Report "Mitigation of Climate Change” v. 04.06.07, SPM: http://www.ipcc.ch/SPM040507.pdf. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ • Dort, wo die Stromproduktion aus fossilen Brennstoffen noch nicht vermieden werden kann, sollte die Form mit dem geringsten CO2-Ausstoß gewählt werden.
Wir müssen aber auch berücksichtigen, dass die Mehrheit der Menschen in Europa, in Deutschland und in Schleswig-Holstein weiterhin bezahlbaren Strom mit hoher Versorgungssicherheit beziehen und nutzen möchte. Außerdem müssen wir berücksichtigen, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten viele der noch laufenden Kraftwerke ersetzt werden müssen— einige, weil sie verschlissen sind, andere, weil ihre Laufzeit politisch begrenzt wurde.
Unter diesen drei Bedingungen— • erstens der drastischen Minderung des CO2-Ausstoßes, • zweitens der ausreichenden und sicheren Versorgung der Menschen und Unternehmen mit bezahlbarem Strom und • drittens dem Zwang, Kraftwerke zu ersetzen —müssen wir den vorliegenden Antrag der Grünen beurteilen.
Dabei sind die Grünen meistens für die hehren Ziele, aber gegen fast alle Bausteine realistischer Lösungen: • die Kernkraftwerke sollen möglichst schon heute Abend abgeschaltet werden, obwohl kein Ersatz zur Verfügung steht. • Ausfallende Kapazitäten sollen ab sofort nicht mehr durch Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen ersetzt werden. • Die CO2-Abscheidung und Speicherung verteufeln sie jetzt schon, obwohl die Technologie gerade erst in den Kinderschuhen steckt.
All das hört sich vordergründig plausibel an, ist aber nach der herrschenden wissenschaftlichen Meinung unrealistisch. Mir scheint, die Grünen betreiben hier hauptsächlich populistische Klientelpolitik. Schon vorgestern bewarb zum Beispiel Kollege Matthiesen erneut sein 100%-Projekt: Er behauptet, der Strombedarf Schleswig- Holsteins könne nur aus regenerativen Energien gedeckt werden—ohne dass im deutschen oder europäischen Stromverbund Regel- und Reserveleistungen von Kern-, Kohle- oder Gaskraftwerken bereitgehalten werden müssten.
Aber die herrschende wissenschaftliche Meinung sieht das ganz anders: • So geht zum Beispiel die Deutsche Energie Agentur in ihrer Netzstudie ganz klar davon aus, dass der Ausbau der Windenergie höhere Anforderungen an die Regel- und Reserveleistungen des Stromverbundes stellen wird, die aus dem herkömmlichen Kraftwerkspark zu erbringen sein werden.2 • Im UN-Klimabericht wird auch vorgeschlagen, auf Kohlekraftwerke zu verzichten. Aber gleichzeitig wird vorgeschlagen, deren Leistung kurz- und mittelfristig—das heißt bis 2030—durch einen Mix aus regenerative Energiequellen, Gaskraftwerke und Kernkraftwerken ersetzt werden solle. Zusätzlich sollen bei Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen die jeweils verfügbaren technischen Möglichkeiten der CO2- Abscheidung und Speicherung ausgenutzt werden.3
Zusammengefasst: Die Grünen verweigern Kern- und Kohlekraftwerke ganz, Gaskraftwerke weitestgehend, fordern trotzdem sichere Versorgung mit bezahlbaren
2 Deutsche Energieagentur, Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020, v. 24.02.05, S. 251ff.: http://www.dena.de/fileadmin/user_upload/Download/Dokumente/Projekte/kraftwerke_netze/netz studie1/dena-netzstudie_1_haupttext.pdf. 3 Intergovernmental Panel on Climate Change, Fourth Assessment Report, Working Group III Report "Mitigation of Climate Change” v. 04.06.07, SPM, S. 9ff.: http://www.ipcc.ch/SPM040507.pdf. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Strom und preisen eine Lösung an, die schon die weltweite Mehrheit der Energieexperten als völlig utopisch ansieht—ganz zu schweigen davon, dass die Grünen in ihrer Utopie alle herrschenden politischen und wirtschaftlichen Nebenbedingungen völlig ausblenden. Wir meinen, mit diesem Konzept können die Grünen hervorragend ihre Luftschlösser heizen—aber es ist nicht geeignet, um die energiepolitischen Herausforderungen Schleswig-Holsteins zu bewältigen.
Mit einem haben die Grünen allerdings Recht: Würden die derzeitigen Pläne zum Neubau von Kohlekraftwerken in Schleswig-Holstein alle verwirklicht, der CO2-Ausstoß in Schleswig-Holstein würde drastisch steigen. Und bis jetzt bleibt die Landesregierung jegliche Erklärung schuldig, wie sie das mit einer drastischen Senkung des CO2- Ausstoßes vereinbaren will. Wir meinen deshalb, eine realistische Antwort auf unsere energiepolitischen Herausforderungen kann in den nächsten beiden Jahrzehnten weder ausschließlich auf regenerative Energien setzen, noch auf den massiven Einsatz neuer Kohlekraftwerke.
Aus unserer Sicht gehören zu einer realistischen Lösung folgende Bausteine: Noch die Kernenergie und viel stärker Gaskraftwerke und regenerative Energien. • Zur Kernenergie: Wir stehen zum Atomkonsens. Aber während ihrer Restlaufzeiten liefern die Kernkraftwerke fast CO2-freien Strom—selbst wenn man die gesamten Produktzyklen der Kraftwerke und des Brennstoffes berücksichtigt. Dem gegenüber stehen aber das Risiko der Folgen von Unfällen und Anschlägen und die politisch ungelöste Frage der Lagerung verbrauchter Brennelemente. • Zum Erdgas: Es wird uns in den nächsten Jahrzehnten nicht gelingen, fossile Brennstoffe komplett aus der Stromerzeugung zu verbannen, weil einerseits die Kernenergie ausläuft und andererseits regenerative Energien dies nicht vollständig werden ausgleichen können. Deshalb sollten wir auf Kraftwerke setzen, die möglichst wenig CO2 ausstoßen. Unter diesem Aspekt ziehen wir Gaskraftwerke vor—übrigens auch hier in Kiel. Dabei ist uns bewusst, dass auch der Energieträger Gas Risiken birgt: Vor allem die Abhängigkeit von Lieferanten—speziell Russland. Aber risikolose Energieversorgung gibt es auf dieser Welt nicht. Und wer die Kernkraft ersetzen will, muss eben auch fossile Brennstoffe einsetzen. Und da können wir wählen zwischen dem Nachteil des hohen CO2-Ausstoßes von Kohlekraftwerken einerseits und andererseits dem niedrigeren CO2-Ausstoß von Gaskraftwerken bei gleichzeitigem Lieferrisiko. Bei Gaskraftwerken sollten wir außerdem darauf drängen und es fördern, dass die technischen Möglichkeiten des Auffangens und Speicherns von CO2 weiterentwickelt und ausgebaut werden. • Zu den regenerativen Energien: Sie sind auch für uns ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Strategie—aber im Gegensatz zu den Grünen sind sie bei uns nicht der einzige. Wir wollen ihren Ausbau und ihre Weiterentwicklung vorantreiben, vor allem bei der Windenergie. Dazu wollen wir auch die Begrenzung der Flächen für Standorte für Windkraftanlagen auf ein Prozent der Landesfläche aufgeben. • Zur Kohle: Kohlekraftwerke sind eindeutig die dreckigsten Kraftwerke. Wir wollen sie, wo immer möglich, vermeiden. Ob dies allerdings kurzfristig technisch möglich und politisch durchsetzbar ist, wenn die Versorgung mit Strom auf dem derzeitigen Niveau mit der derzeitigen Sicherheit gehalten werden soll, vermögen wir noch nicht abschließend zu beurteilen. Wenn neue Kohlekraftwerke aus diesen Gründen unumgänglich sein sollten, dann sollte auf jeden Fall die CO2-Abscheidung und – Speicherung mit Hochdruck vorangetrieben werden.
Weil wir so realistisch sind, dass wir die Notwendigkeit neuer Kohlekraftwerke aus Gründen der Versorgungssicherheit nicht gänzlich ausschließen können, stimmen wir dem Grundstücksverkauf in Brunsbüttel zu. Denn wenn es einen Standort in Schleswig- Holstein gibt, an dem das Massengut Kohle mit dem geringst möglichen Aufwand—und das heißt auch möglichst emissionsarm—angeliefert werden kann, dann ist es Brunsbüttel.“

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen