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11.07.07 , 13:21 Uhr
SPD

Siegrid Tenor-Alschausky: Das Wohl aller Kinder gewährleisten und schützen

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion TOP 2 + 9 - Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und Ge- setz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendli- chen (Drucksachen 16/519, 16/1427, 16/1439)

Siegrid Tenor-Alschausky:

Das Wohl aller Kinder gewährleisten und schützen

Alle Kinder haben, unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft, Anspruch darauf, gefördert und unterstützt zu werden, um gesund aufzuwachsen. Dafür tragen in erster Linie die Eltern die Verantwortung, und sie werden dieser Verantwortung in den allermeisten Fällen gerecht. Die staatliche Gemeinschaft hat die Pflicht, sie dabei zu unterstützen. Um das Kindeswohl zu gewährleisten und zu stärken, müssen alle zur Verfügung stehenden Mittel genutzt werden, wenn die Kernfamilie versagt.

Unsere Fraktion hat die Anhörung im Sozialausschuss zum Gesetzentwurf der Frakti- on Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Ge- sundheitsdienst sorgfältig ausgewertet und zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Kommunalpolitik, Fachverbänden und natürlich auch den Praktikerinnen und Prakti- kern vor Ort darüber geführt, wie wir diese grundsätzlichen Aussagen konkretisieren können. Wir haben daraufhin gemeinsam mit der CDU und in Abstimmung mit dem Sozialministerium den Ihnen heute vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Weiter- entwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein eingebracht. Seine Eckpunkte sind:

- Die Prävention soll tragfähig und verlässlich gestaltet werden. - Durch höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen, durch das Angebot früher Hilfen und durch die Vernetzung sozialer Frühwarnsysteme soll Kindern und Eltern in schwierigen Lebenssituationen geholfen werden. - Dort, wo Intervention erforderlich ist, soll sie rasch, verbindlich und vorrangig niedrigschwellig erfolgen.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



- Mit Hilfe des Landeskinderschutzberichtes wollen wir den Kinderschutz unter Einbeziehung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse weiterentwickeln.

Nach sorgfältigen Beratungen legen wir heute einen Gesetzentwurf vor, der den Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht vorrangig unter sicherheitspoliti- schen, sondern unter sozialpädagogischen Aspekten betrachten. Wir wollen er- reichen, dass durch Prävention und frühe Hilfen, durch verbindliche Kooperation der Beteiligten vor Ort Familien befähigt und unterstützt werden, dem Wohl ihrer Kinder gerecht zu werden. Wir wollen aber auch das Instrumentarium von Staat, Kommunen und Verwaltung stärken, einzugreifen und rasch zu handeln, wenn das Kindeswohl ge- fährdet ist.

Immer wieder rütteln Berichte über vernachlässigte und verwahrloste Kinder die Öf- fentlichkeit auf. Und allzu rasch folgt dann der Ruf nach „schärferen Gesetzen“, für mich ein Ausdruck des natürlich vorhandenen Wunsches, die Schwächsten in unserer Gesellschaft, die Kinder, zu schützen. Der Gesetzgeber wäre nicht gut beraten, die- sem Ruf durch populistische Gesetzesvorschläge zu folgen. Deshalb ist es richtig und notwendig gewesen, das Thema Kinderschutz sorgfältig und unter Beteiligung vieler Fachleute zu beraten.

Ein wichtiger Aspekt war und ist die Nutzung der Vorsorgeuntersuchungen, um die Kinder, deren Wohl gefährdet sein könnte, zu identifizieren. Unser Gesetzentwurf re- gelt im Paragraphen 7 das Verfahren, nach dem sichergestellt werden soll, dass alle Kinder zu den vorgesehenen Terminen an Früherkennungsuntersuchungen teil- nehmen. Eine zentrale Stelle, über deren Zuordnung wir mit den Beteiligten im weite- ren Verfahren sicher noch ausführlich beraten werden, lädt die gesetzlichen Vertreter eines Kindes, dessen Früherkennungsuntersuchung für die Altersstufen vom dritten Lebensmonat bis zur Vollendung von fünfeinhalb Lebensjahren ansteht, zur Teilnahme ein. -3-



Erfolgt trotz Erinnerung keine Teilnahme, wird das zuständige Jugendamt informiert, das dann zunächst die Eltern mit dem Ziel unterstützt, die Untersuchung durchführen zu lassen. Erst bei fehlender Bereitschaft der Sorgeberechtigten prüft das Jugendamt, ob gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kindeswohls vorliegen, bietet ge- eignete und notwendige Hilfen an und ruft erforderlichenfalls das Familiengericht an.

Dieses abgestufte Verfahren bietet für uns die größtmögliche Gewähr, dass kein Kind verloren geht, und schafft die geeigneten Rechtsgrundlagen, um eine umfassen- de Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder sicherzustellen.

Die SPD-Fraktion ist sich aber natürlich auch der Tatsache bewusst, dass die Befunde bei diesen Untersuchungen nur Momentaufnahmen darstellen und dass auch eine hundertprozentige Teilnahme aller Kinder nicht sicherstellen kann, dass kein Kind in unserem Land vernachlässigt oder misshandelt wird. Deshalb kommt den Angeboten zur Unterstützung von Familien in belastenden Situationen, den konkreten Hilfs- angeboten und einem niedrigschwelligen Zugang zu den ja zahlreich vorhandenen Hilfsangeboten eine bedeutsame, ja vielleicht die entscheidende Rolle zu.

Wir halten die Jugendämter für die zentrale Stelle für die Aufgabenwahrnehmung bei Kindeswohlgefährdung. Erfreulich für uns waren in den letzten Wochen die Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden, die zwar nicht allen Punkten des Gesetzent- wurfs zustimmen, aber mit uns einig sind im Bemühen um den konkreten Schutz jedes Kindes vor Vernachlässigung.

Im Paragraphen 8 wird beschrieben, dass die Jugendämter gewährleisten, dass junge schwangere Frauen, junge Mütter und Väter, Kinder, Jugendliche und Eltern in be- lasteten Lebenslagen, mit sozialer Benachteiligung oder individueller Beeinträchtigung -4-



frühzeitig auf Beratung, Unterstützung sowie Hilfen und Leistungen hingewiesen wer- den.

Es geht uns um die Verknüpfung gesundheitlicher und sozialer Hilfen durch Per- sonen, die unkomplizierten Zugang zu Eltern in schwierigen Lebenslagen haben. Um sicher zu stellen, dass Hilfsangebote genutzt werden, können solche Hilfen durch ge- eignete Fachkräfte vor Ort mit den Eltern gemeinsam organisiert werden.

Auch das Land übernimmt einen Teil der gemeinschaftlichen Verantwortung für das Kindeswohl, indem im Absatz drei des § 8 die Förderung früher und rechtzeitiger Hilfen und Leistungen für Eltern und Kinder, die gemeinsam von Jugendhilfe, Gesundheitshil- fe und Sozialhilfe geleistet werden, formuliert wird.

Um zu erreichen, dass Hilfen und Leistungen im Kontext des Kinderschutzes früh und rechtzeitig erbracht werden, haben sich die an vielen Orten des Landes bestehenden lokalen Netzwerke als besonders hilfreich erwiesen. Die in diesen Netzwerken or- ganisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vieler Organisationen und Einrichtungen gehen gemeinsam von einem ganzheitlichen Ansatz aus und schaffen die jeweils vor Ort geeigneten Strukturen für ihre Zusammenarbeit.

Diese Netzwerke funktionieren bisher vorrangig durch informelle Strukturen. Ihre Auf- gaben werden in Paragraph 9 beschrieben; sie können selbst regeln, bei wem die Ko- ordinierungsaufgaben des lokalen Netzwerks Kinderschutz angesiedelt werden.

Die Auswertung und Weiterentwicklung von Erfahrungen aus der jeweils praktischen Arbeit wird nicht nur durch die Vernetzung in den lokalen Bündnissen gefördert, son- dern auch durch die Tatsache, dass das Land sich zur Förderung von Fortbildungs- und Qualifizierungsangeboten zu Themen des Kindesschutzes für haupt- und eh- -5-



renamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen und der freien Jugendhil- fe und ihrer Kooperationspartner verpflichtet.

Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang aber auch auf die Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements zum Schutze von Kindern und Jugendlichen vor Gefährdungen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in den Kreisen und kreisfreien Städten Kooperati- onskreise gebildet werden, denen neben den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, die Gesundheitsämter, Schulen, Polizei und Ordnungsbehörden sowie Behörden und Dienststellen der Justiz angehören sollen.

Der Kinderschutzbericht, der in enger Kooperation mit den Kommunen und unabhän- gigen Fachleuten zu erstellen sein wird, soll nicht nur Aussagen zum Stand des Kin- derschutzes in Schleswig-Holstein treffen, sondern auch Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen machen.

Die Diskussionen der letzten Wochen und Monate haben uns die große Bereitschaft vieler Menschen gezeigt, sich für den Kinderschutz zu engagieren. Viele Interessen- vertreter haben schon vor der eigentlichen offiziellen Anhörung Stellungnahmen abge- geben, die sich zwar kritisch mit einzelnen Aspekten des Gesetzes auseinandersetz- ten, seine Notwendigkeit aber eindeutig bejahten.

Deshalb gehe ich davon aus, dass auch die weiteren Beratungen, die Anhörung, die wir morgen im Sozialausschuss beschließen werden, auch weiterhin vom gemeinsa- men Interesse aller Beteiligten getragen sein werden, den Schutz von Kindern und Ju- gendlichen in Schleswig-Holstein durch ein gutes Gesetz zu sichern und zu verbes- sern. -6-



Zum Schluss möchte ich nochmals auf den Leitgedanken verweisen, der uns in die- sem Gesetzgebungsverfahren bewegt hat: Jedes Kind, jeder Jugendliche hat ein Recht auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit, auf freie Entfaltung der Persön- lichkeit, auf Förderung ihrer Entwicklung und Erziehung.

Pflege und Erziehung sind das vorrangige Recht der Eltern, die staatliche Gemein- schaft muss sie dabei unterstützen und ihnen die notwendigen Hilfen und Leistungen anbieten. In den Fällen, in denen das Handeln der Eltern selbst eine Gefahr für das Kindeswohl darstellt, ist die staatliche Gemeinschaft allerdings verpflichtet, durch ge- eignete Maßnahmen das vorrangige Persönlichkeitsrecht der Kinder und ihr Wohl si- cherzustellen.

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