Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

13.07.07 , 15:30 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 26 - Ergebnisse der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Presseinformation
Kiel, den 13. 7. 2007 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 26 Ergebnisse der deutschen EU-Ratspräsidentschaft (Drs. 16/1471)

Als am letzten Freitag hier im Landtag die Bürgeranhörung des Europaausschusses und der
Europa-Union zur Zukunft Europas stattfand – mit 125 angemeldeten Teilnehmerinnen und
Teilnehmer durchaus ein Erfolg, füge ich hinzu – war der EU-Gipfel schon Geschichte. Das gleiche
gilt für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Der Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen
liegt dennoch auf der Hand: die Beschlüsse von Brüssel werden das Leben auch der Menschen in
Schleswig-Holstein weiter beeinflussen. Daher passt es wie die Faust aufs Auge, dass die
Fragebogenaktion der Europa-Union, die im Rahmen unserer Bürgeranhörung durchgeführt
wurde, sehr überzeugend darlegte, wie wichtig der Punkt Bürgernähe ist, wenn es um die
Europäische Union und um die Zukunft Europas geht.


Knapp 800 Fragebögen konnten ausgewertet werden, und das ist von der Menge her durchaus
eine Größenordnung, die eine gewisse Repräsentativität zum Ausdruck bringt. – Mit anderen
Worten: die fehlende Bürgernähe ist immer noch ein massives Problem der Europapolitik und der
Europäischen Union. Zu Recht verweist die Landesregierung in ihrem Europabericht 2007 darauf
hin, dass die Europaskepsis in vielen europäischen Staaten weiterhin wächst. Und daher sage ich 2
zum wiederholten Mal, dass es an uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern liegt, wie mit
dem Projekt Europa umgegangen wird. Die Europäische Union bleibt ein Projekt der politischen
Eliten – es sei denn, es gelingt uns, die Bürgerinnen und Bürger mit einzubeziehen.


Vor diesem Hintergrund freue ich mich darüber, dass es uns allen Unkenrufen zum Trotz gelungen
ist, den Vorschlag des SSW für eine Bürgeranhörung gemeinsam umzusetzen. Die wichtigen
Fragen des Demokratiedefizits, der EU-Erweiterung und der Grenzen der EU oder der
Zuständigkeiten Brüssels müssen kontrovers und offen diskutiert werden – so wie es letzte Woche
hier im Landtag geschah. Ansonsten steht rückblickend fest, dass der EU-Gipfel in Brüssel uns
keine neue Transparenz in Sachen EU beschert hat. Das ist bedauerlich, zumal die EU-Kommission
ja nach den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden angekündigt hatte, dass mit
dem Plan D für mehr Demokratie alles anders werden sollte.


In Brüssel haben sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf eine neue
Rechtsgrundlage der Gemeinschaft festgelegt – Anders als mit der EU-Verfassung wird es also
keinen neu formulierten Grundlagenvertrag geben. Hier darf man sich aber aus Sicht des SSW
nichts vormachen: Was in Brüssel beschlossen wurde, ähnelt zu 95% dem in Frankreich und den
Niederlanden von den Bevölkerungen abgewiesenen Verfassungsvertrag. Das zum einen; zum
anderen darf nicht übersehen werden, dass auch dieser Vertrag von den EU-Staaten ratifiziert
werden muss. Die Ratifizierungsphase soll bis Mitte 2009 abgeschlossen sein. Der SSW bleibt in
diesem Zusammenhang bei seiner Forderung, dass auch dieser Vertrag durch eine Volksab-
stimmung legitimiert werden müsste. Es kann nicht angehen, dass die Menschen in Europa
dermaßen bevormundet werden, dass man ihnen nicht zutraut, dazu direkt Stellung zu beziehen.


Kommt der neue Vertrag, so werden alle eine ganze Reihe von institutionellen Veränderungen
und – mit zeitlicher Verzögerung – auch das neue Abstimmungsverfahren der doppelten Mehrheit
Wirklichkeit werden. Ansonsten teile ich die Auffassung von Joschka Fischer, der in der
Süddeutschen Zeitung anmerkte, dass die EU mit gewaltigem Getöse gerade noch mal an einem 3
Totalschaden vorbeigeschrammt ist. Ich teil auch seine Auffassung davon, dass Angela Merkel zu
Recht stolz auf das Erreichte sein kann. Sie hat mit harten Bandagen gestritten und maßgeblich
dazu beigetragen, dass die EU nicht gespalten wurde. Gleichwohl ist es natürlich jetzt schon so,
dass es mehrere Geschwindigkeiten in der EU-Zusammenarbeit gibt.


Richtig Grund zur Freude gibt es nach dem Brüsseler Gipfel nicht, denn die Art und Weise, unter
denen der Kompromiss zustande gekommen ist, hinterlässt ein bitterer Nachgeschmack. Das hat
mit dem Taktieren der polnischen Regierung zu tun und damit, dass in den deutsch-polnischen
Beziehungen ein Schaden entstanden ist, der tief in die Gesellschaft hineinreicht. Dabei brauchen
wir vonseiten der EU eine neue – selbstbewusste – Nachbarschaftspolitik Russland gegenüber,
und das ist ohne Polen nicht zu leisten.


Auf Schleswig-Holstein bezogen lautet meine Schlussfolgerung, dass wir uns weiterhin aktiv an
der Erarbeitung eines Kontrollsystems zur Einhaltung der Subsidiarität beteiligen müssen, denn
nur so werden wir letztlich das verhindern können, was der ehemalige Bundespräsident Roman
Herzog Anfang des Jahres in einem Artikel in der Welt am Sonntag als Gefährdung der
Demokratie in Deutschland umschrieb.,

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen