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13.09.07 , 15:28 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zur Lage bei Motorola

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort Claudia Jacob Landeshaus TOP 20: Lage von Motorola Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Karl-Martin Hentschel Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 383.07 / 13.09.2007



Monopoly auf dem Rücken der Menschen: Konsequenzen für die Förderpolitik sind nötig!
Ich bedauere die Unternehmensentscheidung des Motorola-Konzerns außerordentlich. Durch diese Entscheidung wurde eine hoffnungsvolle industrielle Entwicklung mit qualifi- zierten Arbeitsplätzen in Flensburg jäh beendet. Der Abbau von 700 Arbeitsplätzen zeigt überdeutlich wie internationale Konzerne schlechte Arbeitbedingungen und Niedriglöhne brutal ausnutzen, um ihre Kosten zu senken auf dem Rücken der Arbeitnehmer. Wir dür- fen deshalb nach diesem Ereignis nicht zur Tagesordnung übergehen. Es gilt auch Kon- sequenzen zu ziehen.

Zum einen betrifft das die Förderpolitik der Landesregierung. Immerhin sind an diesen Standort Fördermittel des Landes in Höhe von 26 Mio. Euro geflossen. Die Rahmenbe- dingungen müssen dringend angepasst werden. Fördergelder des Landes sollten in Zu- kunft nur noch in solche Unternehmen fließen, die am Standort auch Forschung und Entwicklung durchführen. Forschung und Entwicklungsstandorte hängen am Know-How der Mitarbeiter und können nicht einfach verlagert werden. Standorte, die allein auf Pro- duktion und Logistik beschränkt sind, können dagegen in einer globalen Wirtschaft leicht nach China oder nach Aachen verlagert werden. Nur durch innovative Unternehmen ent- stehen neue zukunftssichere Arbeitplätze in unserem Hochlohnland. Mit diesen Überlegungen stehen wir übrigens schon längst nicht mehr alleine. Auch die neuen Förderbedingungen der EU orientieren sich bereits in diese Richtung – und for- dern den Vorrang für Investitionen in Zukunftstechnologien.

Es gibt aber noch eine zweite Konsequenz, die man aus diesem Ereignis ziehen kann: Der von Motorola auserwählte Logistik-Konzern Cinram liegt nicht in China, sondern in Alsdorf bei Aachen. Es handelt sich um alles andere als ein soziales Musterunterneh- men. Cinram hat eine Belegschaft von ca. 1.400 Arbeitnehmern, davon 700 Leiharbeit- nehmer. Im Internet sind auf einem Diskussionsforum zu Cinram Beiträge von Arbeit- nehmern gesammelt, wo über schlechte Arbeitsbedingungen und Stundenlöhne von 5 Euro pro Stunde berichtet wird. Bei den Festangestellten von Cinram gelten die IG BCE- Tarifverträge (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) und ein Haustarifver- trag. Neue Mitarbeiter bekommen danach 1.325 EURO brutto bei einer 40-Std-Woche, d.h. Stundenlohn 7,88 Euro. Da ist im Industriebereich ein Dumpinglohn.

In der jüngsten Vergangenheit gab es mehrere Entlassungswellen, z. T. wurden entlas- sene Arbeitnehmer über Leiharbeitsfirmen auf ihren alten Arbeitsplätzen wieder einge- stellt. Teilweise müssen die Mitarbeiter über eine Rufbereitschaft verfügbar sein. In Flensburg gehen also qualifizierte und tariflich bezahlte Arbeitsplätze verloren, weil ein Konkurrenzbetrieb wie Cinram billiger ist, da er schlechtere Arbeitsbedingungen und Niedriglöhne bietet. Meine Schlussfolgerung lautet deshalb, wir brauchen dringend um- fassende und verbindliche branchenbezogene Mindestlohnregelungen – und wir brau- chen Flächentarifverträge, die für allgemeingültig erklärt werden und dann in Aachen wie in Flensburg gelten. Das ist auch eine Aufforderung an die CDU, ihre ideologischen Scheuklappen endlich abzulegen.

Wir können jetzt nur hoffen, dass die konjunkturelle Erholung dazu beiträgt, dass die Be- schäftigten von Motorola neue Arbeit in der Flensburger Region finden. Der Interessen- ausgleich bzw. der Sozialplan sollte so verhandelt werden, dass Übergänge in neue Be- schäftigung und Qualifizierung unterstützt werden. Ich bin sicher, dass Gewerkschaft und Betriebsrat dazu das Mögliche tun werden. Von der Landesregierung erwarte ich, dass sie schlüssige Konzepte vorlegt, wie der Norden Schleswig-Holstein in dieser Situation wirksam unterstützt werden kann. ***

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