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Karl-Martin Hentschel zur doppelten Staatsbürgerschaft
Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 13 – Staatsangehörigkeitsrecht Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt der Vorsitzende der Fraktion Telefax: 0431/988-1501 Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Karl-Martin Hentschel: Internet: www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 417.07 / 10.10.2007Für eine doppelte Staatsbürgerschaft!Im Jahr 1999 wurde das Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland modernisiert. Das so genannte ius sanguinis, das ausschließliche Recht der Abstammung wurde aufgeweicht und gegen eine Light-Variante des so genannten ius solis, das in den angloamerikani- schen Ländern übliche Recht des Geburtsorts ersetzt.Es sollte eine erleichterte Einbürgerung ermöglicht werden und – wie international üblich – auch in Deutschland die Mehrstaatigkeit akzeptiert werden, als rechtliche Auswirkung der faktischen Verhältnisse einer Migrationsgesellschaft.Gegen diese Pläne wandte sich eine beispiellose Kampagne im hessischen Landtags- wahlkampf, mit der Folge, dass es nur einen hinkenden Kompromiss gab: die Kinder, die in Deutschland geboren sind, und beide Staatsangehörigkeiten erhielten, müssen sich mit Eintritt der Volljährigkeit entscheiden. Damit wurde der gesellschaftliche Konflikt erst ein- mal verschoben.Jetzt ist es soweit: Im Jahre 2008 werden erstmals die Jugendlichen aus Einwandererfa- milien, die im Jahr 2000 bis zu 10 Jahre alt gewesen sind, einen Pass abgeben müssen, weil sie 18 Jahre alt werden. Damit stehen deutsche Jugendliche, die hier aufgewachsen sind, vor der Frage: Entscheide ich mich für den Pass meiner Eltern oder für den Pass des Landes, in dem ich lebe und weiterhin leben werde.All dies geschieht nur deshalb, weil ein Mensch mit zwei Pässen von Vielen als gesell- schaftliches Problem gesehen wird. Als ein Doppelagent sozusagen, der sich entscheiden muss, welchem Staat seine Loyalität gilt. Als würde der Pass eine Gefahr in sich bergen, dass sich der Mensch aufgrund seiner zweiten nationalen Identität sozialschädlich verhal- ten könnte.1/2 Diese Vorstellung findet keinerlei Bestätigung in den Erfahrungen mit Menschen, die bei- spielsweise aus einer binationalen Verbindung hervorgegangen sind und daher schon im- mer in aller Ruhe ihr ganzes Leben mit zwei Nationalitäten herumlaufen durften – und dies auch weiterhin dürfen. Doppelstaatlichkeit hat sich bisher nicht als Ursache von Migrati- onsproblematik herausgestellt.Die betroffenen Jugendlichen werden in erster Linie türkischer Herkunft sein. Diese Ju- gendlichen, die im nächsten Jahr vor der Entscheidung für und gegen die eine oder ande- re Gesellschaftszugehörigkeit stehen werden, sind jetzt 17 Jahre alt. Ein Alter, in dem sich sowieso viele Generationskonflikte zwischen Eltern und Kindern entladen.Jugendliche sollen lernen, Verantwortung zu übernehmen, müssen sich um Berufsausbil- dung und Schule kümmern, Eltern stehen vor der schwierigen Aufgabe, ihre Kinder eigene Wege gehen zu lassen. Man kann sich vorstellen, welch zusätzliches Konfliktpotenzial entsteht, wenn dann auch noch die Frage im Raum steht: Behältst du unseren Pass oder entfernst du dich durch deine Entscheidung jetzt noch weiter von uns weg? Viele werden sich gegen ihre Überzeugung für den türkischen Pass entscheiden, wodurch der Integrati- on ein Bärendienst erwiesen ist.Doppelstaatlichkeit der Nachkommen von Migranten ist kein notwendiges Übel, das so schnell wie möglich beseitigt werden muss. Sie spiegelt vielmehr die Lebensrealität der vieler Menschen in unserer Gesellschaft wieder, in der viele Menschen starke Bezüge zu mehreren Ländern haben.Probleme im Zusammenhang mit Migration entstehen aus ganz anderen Gründen: aus dem Bildungsgefälle zwischen Einheimischen und MigrantInnen, aus dem Mangel an Be- rufsausbildung und dem Rückzug in eine Parallelgesellschaft.Diese Tendenzen werden durch das Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft für Migran- tInnen nicht behoben, sondern eher verstärkt. Deswegen fordern wir die Landesregierung auf, initiativ zu werden, um dies zu korrigieren. Ich bitte um Zustimmung! ***