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Konrad Nabel zu TOP 11: Wir brauchen die Klimawende!
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 11.10.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 11 – Große Anfrage Schleswig-Holsteins Beitrag zum Klimaschutz und mögliche Auswirkungen der Klimaveränderung (Drucksache 16/1620)Konrad Nabel:Wir brauchen die Klimawende!Der SPD geht es als Volkspartei nicht in erster Linie um die Interessen der Großkon- zerne, sondern darum, auf diesem Planeten auch zukünftig ein halbwegs angenehmes Leben zu ermöglichen, so der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in seiner Rede. Dazu brauchen wir die Klimawende, die auch eine Wende im Bewusst- sein aller Bürgerinnen und Bürger bezogen auf das eigene Verhalten und die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse sein muss. Wir brauchen, so Nabel, eine andere Landbewirt- schaftung und andere Produktionsweisen, andere Ziele für die Dauerhaftigkeit von Produkten und ihre Wiederverwendbarkeit, und eine andere Energiepolitik. Nabel hebt hier Energieeinsparung, Erhöhung der Energieeffizienz und erneuerbare Energien hervor. Bürgerinnen und Bürger müssen beteiligt werden, um einen gesellschaftlichen Konsens zu erreichen. Nabel geht auf das klimapolitische Aktionsprogramm der SPD ein. Er fordert, die Umwelt-ökonomische Gesamtrechnung fortzuschreiben. Dabei müsse auch der Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen, auf der anderen Seite Wert des Landeswaldes, der Beitrag von Knicks und Grünland als CO2- Senker einbezogen werden.Die Rede im Wortlaut:Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-Alle Parteien haben sich den Klimaschutz inzwischen auf die Fahnen geschrieben, und das ist auch gut so. Bei der CDU hat es allerdings besonders lange gedauert, bis auch sie sich auf den von der SPD in unserem Land eingeschlagenen und später von Rot- Grün weiter geführten Weg begeben hat. Erst die mahnenden Worte von Sir Nicolas Stern und schließlich auch die IPCC-Berichte haben erreicht, dass jetzt wirklich alle politisch Verantwortlichen dabei sind.Natürlich wird - wie schon beim sogenannten „Grünbuch Energie“ des Wirtschaftsmi- nisters - auch bei der heutigen Debatte zur Antwort auf die Große Anfrage der CDU klar, dass es bei vielen Gemeinsamkeiten in den Zielen doch weiterhin einige Unter- schiede gibt: • bei der Einschätzung der gegenwärtigen Lage, • bei der Beurteilung und Gewichtung der unterschiedlichen Ursachen für den Kli- mawandel - ich meine zum Beispiel die Einschätzung der Rolle der heutigen Form der Landbewirtschaftung und die daraus zu ziehenden Konsequenzen, • bei der Wahl der Instrumente und der zukünftigen Energieerzeugungssysteme, • bei der Rolle des Staates in diesem Prozess sowie • bei der Beurteilung des Bewusstseins der Bevölkerung und der Bereitschaft, eige- nes Verhalten zu ändern, wenn damit aktiver Klimaschutz betrieben werden kann.Ich kann mir an dieser Stelle eine Bemerkung zum neuesten Vorschlag von Bundes- wirtschaftsminister Michael Glos nicht verkneifen, der doch wirklich vorgeschlagen hat, die Mülltrennung teilweise wieder aufzugeben. Es mag ja sein, dass das Duale Sys- tem nicht das beste aller Trennsysteme ist. Wir waren anfangs sehr skeptisch und hät- ten uns eine getrennte Sammlung der unterschiedlichen Abfallfraktionen in öffentlicher Verantwortung gewünscht, wie sie auch von Berndt Heydemann vorgeschlagen und für unser Land vorbereitet war. Nachdem das System aber seine Kinderkrankheiten überwunden hatte und auch einige Auswüchse beseitigt wurden, hat es funktioniert und ist ein Teil der vorbildlichen und inzwischen europaweit kopierten deutschen Ab- -3-falltrennung, die deshalb so erfolgreich war und ist, weil die Bürgerinnen und Bürger sie immer besser praktizieren, weil das Bewusstsein für Wertstoffe, für Weiterverwen- dung und Recycling vorhanden ist. Welch ein Rückschlag wäre dies für das Bemühen, die Bürger und Bürgerinnen auch auf dem Weg in die Klimawende mitzunehmen!Wir Sozialdemokraten vertreten als Volkspartei die Interessen breiter Bevölkerungs- schichten an dauerhafter, zukunftssicherer - und auch heute sicherer - Energieversor- gung. Uns geht es nicht in erster Linie um die Interessen der Großkonzerne, der Ener- gie-Oligopole und der dahinter stehenden Shareholder. Uns geht es darum, auf die- sem Planeten auch zukünftig ein halbwegs angenehmes Leben zu ermöglichen, unseren Kindern und Enkeln und vielen weiteren Generationen.Dazu brauchen wir die Klimawende, die auch eine Wende im Bewusstsein aller Bür- gerinnen und Bürger bezogen auf das eigene Verhalten und die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse sein muss. Natürlich brauchen wir eine andere Landbewirtschaftung und wir brauchen andere Produktionsweisen, andere Ziele für die Dauerhaftigkeit von Pro- dukten und ihrer Wiederverwendbarkeit. Und wir brauchen - natürlich - eine andere Energiepolitik.Wie seit Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts stehen dabei die drei großen “E” im Mittelpunkt sozialdemokratischer Energiepolitik: Und das heißt zuerst: Energie- sparen. Sparen kann zunächst einmal teuer sein, und nicht jeder kann sich das leisten. Da werden wir helfen müssen! Das heißt an zweiter Stelle: Erhöhung der Energieeffi- zienz. Hier sind Investitionen in die Zukunft nötig, die manche Haushalte, aber auch Klein- und Mittelbetriebe nicht ohne weiteres leisten können. Auch hier muss der Staat zur Seite stehen, auch wenn vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Betrie- ben inzwischen klar ist, dass Energiesparen und die Erhöhung der Energieeffizienz nicht nur die besten, sondern auch die preisgünstigsten Energiequellen sind. -4-Und das heißt schließlich: Wir setzen auf erneuerbare Energie. Wir brauchen Ener- gie, die vernünftig, und das heißt ohne fossile Brennstoffe, erzeugt wird, Energie, die dezentral und daher kostengünstig erzeugt und verteilt wird. Und das heißt für uns selbstverständlich auch: Wir sind weiterhin für das möglichst schnelle Abschalten aller Atomkraftwerke. Und wir bleiben dabei: Brunsbüttel muss 2009 vom Netz!Wir wollen unseren bereits 1988 hier im Land begonnenen Weg in die Energiewende zielorientiert und konsequent fortsetzen. Gleichzeitig müssen wir den Prozess der Be- teiligung der Bürgerinnen und Bürger wieder verstärken, denn ohne eine Verstän- digung auf breiter Grundlage, auf einen gesellschaftlichen Konsens, werden alle politi- schen Bemühungen schwer umsetzbar bleiben.Für die weitere Debatte ist die heutige vorliegende Antwort auf die Große Anfrage der CDU eine gute Zusammenfassung der vorliegenden Daten. Dafür möchte ich im Na- men der SPD-Landtagsfraktion den MitarbeiterInnen der beteiligten Ministerien herz- lich danken.Dieses - wie der Minister sagte - umfassende Kompendium des Sachstandes bietet uns eine gute Grundlage für die weitere Diskussion in den Ausschüssen, auch wenn die Zahlen mit Stand von 2004 und 2005 teilweise nicht mehr ganz aktuell sind. In den über das Internet abfragbaren “Umweltdaten Deutschland Online” des Umwelt- bundesamtes sind mit Stand September 2007 inzwischen auch die Daten aus den ak- tuellen IPCC-Berichten nachzulesen.Von besonderem Interesse ist es daher, den in der Antwort auf die Große Anfrage in Teilen begonnene Ansatz weiter zu verfolgen, bundesweite Daten auf SH umzu- rechnen. Nur so werden wir eine verlässliche Grundlage bekommen für die Diskussion -5-um ein Landes-Klimaschutzprogramm, wie es die Landesregierung in ihrer Bilanzpres- sekonferenz am Dienstag angekündigt hat.Auf der Grundlage der Beschlüsse der SPD-Fraktion vom Sommer und des Beschlus- ses unseres Parteitags im September werden wir dabei unser klimapolitisches Akti- onsprogramm umsetzen. Wir wollen auf allen politischen Ebenen agieren, die aus Schleswig-Holstein heraus erreichbar sind: In unseren Kommunen, im Land, aber auch über den Bundesrat in ganz Deutschland.Ich will nur einige Punkte daraus nennen: 1. Mindestens 20 % der Fördermittel aus dem Zukunftsprogramm Wirtschaft sol- len in Projekte und Maßnahmen zur Weiterentwicklung nachhaltiger und erneuer- barer Energien und Energieeinsparmöglichkeiten fließen und eng mit den anderen Förderprogrammen des Landes, des Bundes und der EU abgestimmt werden. Dazu zählen nicht nur die Entwicklung neuer Technologien wie z.B. Energie- speicherung, durch Wasserstofftechnologie oder Druckluftspeicher, sondern ins- besondere auch Maßnahmen zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und der Förderung des Mittelstands im Bereich der Energieversorgung. 2. Landtag, Landesregierung und nachgeordnete Landesbehörden werden ihre E- nergieeffizienz mittelfristig um jährlich mindestens 3 % steigern und prinzipiell nur noch Ökostrom einkaufen. 3. Auf kommunaler und regionaler Ebene sollen entsprechende Maßnahmen zur Nutzung der dortigen Potenziale ebenfalls genutzt werden. Dies soll von Landes- ebene durch die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, Förderungen und weiterer Maßnahmen im Bereich der Landesplanung, der Energie-, der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik initiiert und unterstützt werden. Dazu gehört insbesondere die Auf- und Ausbau dezentraler Energieumwand- lungs- und versorgungssysteme auf kommunaler und regionaler Ebene. 4. Spätestens 2020 können wir in Schleswig-Holstein mehr Strom aus erneuerba- -6- ren Energien produzieren als wir im Land selbst verbrauchen. Dafür sind die planerischen Rahmenbedingungen für Repowering von Wind- energieanlagen zu aktualisieren und die Förderbedingungen für den Offsho- rebereich im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu verbessern. 5. Wir wollen den mittelfristigen Ausstieg aus der Kohleverbrennung und wollen sie nur noch bei Kraft-Wärme-Kopplung zulassen. 6. Spätestens 2020 wollen wir in Schleswig-Holstein einen Anteil der Kraft-Wärme- Kopplung von 30% des verbrauchten Stroms erreicht haben. Die dabei produzier- te Wärme muss durch eine Anschluss- und Benutzungsverpflichtung genutzt werden.Darüber hinaus wollen wir die Umwelt-ökonomische Gesamtrechnung fortschreiben. Und wir werden auch den Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas- Emissionen näher betrachten müssen. Der Einsatz mineralischer Düngemittel und die Tierhaltung sind die bedeutendsten Emissionsquellen klimarelevanter Gase aus der Landwirtschaft. Dabei wird vor allem auch Methan mit 20-30-fach stärkerer Klimawir- kung als CO2 und Lachgas mit bis zu 310-facher Klimawirkung frei. Die Böden von Feuchtgrünland und Mooren, vor allem aber die Wälder sind die klassischen CO2- Senken, die auch in der Antwort auf die Große Anfrage ausgewiesen werden.Die Bezeichnung LULUCF (Land-Use, Land-Use-Change and Forestry) ist vielen nicht bekannt, wohl aber die klimaschädlichen Auswirkungen der Veränderungen bei Trockenlegung von Mooren, Verlust von Waldbeständen oder dem Umbruch von Grünland zu Acker. Die hier freigesetzten Spurengase sind erheblich. Ein intaktes wachsendes Moor bindet bis zu 200 kg Kohlenstoff pro Hektar und Jahr, ein entwäs- sertes und intensiv genutztes Moor kann bis zu 6.700 kg Kohlenstoffdioxid freigeben - pro Jahr! Vergleichbares gilt für Feuchtgrünland, und es ist und bleibt ein Skandal, dass auf Eiderstedt Tag für Tag Grünland umgebrochen wird, obwohl dies nach europäischem Recht verboten ist. Eiderstedt ist bis zum Abschluss des Meldeverfah- -7-rens weiterhin faktisches Vogelschutzgebiet, in dem ein Verschlechterungsverbot gilt. Darüber hinaus verlieren die umgebrochenen Flächen ihren Prämienanspruch. Hier muss das Ministerium endlich einschreiten!Auch bei der Beurteilung des Wertes unseres Landeswalds muss die volkswirt- schaftlich wichtige Funktion als CO2-Senke eingerechnet werden. Vielleicht kann dann auch der Finanzminister den Wert unseres Waldes endlich richtig einschätzen. Erin- nern Sie sich: Sir Nicolas Stern hat klargestellt, dass aktives Handeln gegen den Kli- mawandel um den Faktor 20 günstiger ist, als ein “Weiter-So”.Auch unsere Knicks sind hier mit zu betrachten. Wir haben aus der Presse und über die Verbände über einen angeblich existierenden neuen Knickerlass gehört. Sollte es zutreffen, dass die Abholzung oder Beseitigung von Knicks oder von Teilen davon da- durch erleichtert werden, gibt es ein ernsthaftes Problem zwischen uns und dem Landwirtschaftsministerium. Bei der Debatte um die Novelle des Naturschutzgesetzes haben wir den fast gänzlich verschwundenen Knickschutz wieder hineinverhandelt und stehen auch weiterhin dazu.Sie sehen, bei vielen Gemeinsamkeiten in den Zielen für den Klimaschutz gibt es auch weiterhin unterschiedliche Wege und Auffassungen.Wir wollen die Antwort auf die Große Anfrage gern im Ausschuss weiter beraten und beantragen die Überweisung in den Umwelt- und Agrarausschuss.