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12.10.07 , 10:54 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zu den Perspektiven für den Mittelstand

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 12 – Perspektiven für den Mittelstand Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt der wirtschaftspolische Sprecher Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Mobil: 0172/541 83 53 Detlef Matthiessen: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 431.07 / 12.10.2007

Der Mittelstand hat bei der Anpassung an den Klimawandel und der Reduktion von CO2 große Entwicklungschancen
Der Mittelstand ist und bleibt das wirtschaftliche Rückgrad von Schleswig-Holstein. Diese hohe Bewertung bezieht sich auf die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeits- plätze, der Mittelstand in Schleswig-Holstein stellt 77 Prozent davon zur Verfügung und die Zahl der Ausbildungsplätze, hier liegt die Mittelstandsquote sogar bei 83 Prozent.
Dabei wird die EU-Definition der KMUs angewendet, also Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten und einer jährlichen Umsatzsumme bis zu 50 Millionen Euro. Im westdeut- schen Durchschnitt arbeiten zirka ein Drittel der Beschäftigten in großen Betrieben, in Schleswig-Holstein sind das nur 23 Prozent. Das zeigt den Unterschied, aber eben auch die Bedeutung dieser kleinen und mittleren Betriebe.
Die inhaltliche Wertschätzung des wirtschaftlichen Mittelstandes liegt bei dem konkreten Unternehmertum mit der Einheit von Verantwortung, Risiko, Eigentum und Haftung. Oft haben wir es mit familiengeführten Unternehmen zu tun mit einer besonderen Beziehung zu den Beschäftigten. Für diese Art der Wirtschaftskultur zollen wir Grünen zu Recht ho- hen Respekt. Eine besondere Herausforderung für das Unternehmen und die Unterneh- merin ist ein geordneter Betriebsübergang auf die nächste Generation oder einen exter- nen Nachfolger.
1/4 Die Antworten der Landesregierung beschreiben eine aktuell gute Stimmung bei den klei- nen und mittleren Betrieben. Belegt wird das mit dem Konjunkturklimaindex der IHK Schleswig-Holstein. Im vierten Quartal 2006 gab es den Höchststand von 129 Punkten, inzwischen ist der Index auf 122 Punkte gefallen, das soll aber nicht zu hoch bewertet werden.
Aus Grüner Sicht geht es bei der Verbesserung der Perspektiven des Mittelstandes um sechs zentrale Handlungsfelder. Es geht zunächst um eine bessere Kreditversorgung zu mittelstandsfreundlichen Konditionen. Weiter geht es um Steuererleichterungen. Dazu kommen ein Abbau der Lohnnebenkosten, flexiblere Arbeitsmärkte und den Abbau büro- kratischer Hemmnisse. Besonders wichtig für uns Grüne ist eine Innovationsförderung, die ressourcensparendes und energieverbrauchsoptimiertes Wirtschaften unterstützt.
Die ausreichende Kreditversorgung für die KMUs ist und bleibt ein echtes Problem. Und es kann nicht alles mit Basel II erklärt werden. So sehr die Ratings die kleinen Unter- nehmen nerven können, ist das trotzdem ein sinnvolles Instrument, um auch dem Unter- nehmen den Spiegel vorzuhalten: so ist die Situation und das muss getan werden, um sie zu verbessern.
Die gesamte Kreditwirtschaft befindet sich im Umbruch. Auch die Kreditwirtschaft ist durch die Börsenentwicklung, Zusammenschlüsse und die aktuelle Immobilien- und Fi- nanzkrise gebeutelt worden und agiert vorsichtiger.
Die vielfältigen Existenzgründer- und Mittelstandsprogramme des Landes sind weiter op- timiert worden. Das muss anerkannt werden, auch wenn wir in Detail nicht mit allem ein- verstanden sind, insbesondere bei der einzelbetrieblichen Förderung.
Bei unseren Betriebsbesuchen im Lande wird die Förderlandschaft in Schleswig-Holstein vor allem für innovative Betriebe immer wieder gelobt. Das Lob gebührt natürlich auch der rot-Grünen Vorgängerregierung, die im Bereich der Existenzgründungen und der Mit- telstandsförderung vieles auf dem Weg gebracht hat. Die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein (WTSH) leistet sehr gute Arbeit bei der Unter- nehmensansiedlung und dem Technologietransfer, der uns Grünen besonders am Her- zen liegt.
Wichtig ist die Zusammenarbeit mit den Hausbanken der Unternehmen. Die haben in der Regel keinen Anreiz, Förderprogramme für KMUs zu bearbeiten und beratend zu helfen, wenn sie daran nichts verdienen und Kredite durchlaufen.
Die Investitionsbank (IB) des Landes übernimmt bei kleineren Kreditbedarfen die Funkti- on der Hausbank. Neben der IB leisten die Bürgschaftsbank und mittelständischer Betei- ligungsgesellschaft (MBG) eine gute Arbeit für den Mittelstand. Ich nenne hier beispiel- haft das Instrument „BoB“ (Bürgschaft ohne Bank), wo nach einer Vorprüfung durch die Bürgschaftsbank der potenzielle Kreditnehmer mit der erhaltenen Bürgschaftszusage an seine Hausbank herantritt und dadurch bessere Karten hat.
Soweit wie möglich werden EU-, Bundes- und Kreditanstalt für Wiederaufbau- Programme in das Förderinstrumentarium aufgenommen. Damit existiert ein breiter Strauß an Förderung und Kreditversorgung, der von Institutionen der Regierungsseite dem Mittelstand angeboten wird. Auch das sehen wir sehr positiv.
Das große Interesse der Grünen Landtagsfraktion gilt der Senkung der Lohnnebenkos- ten. Die kleinen und mittleren Unternehmen haben einen deutlich höheren Personalkos- tenanteil als Großbetriebe, deshalb werden sie von einer Senkung der Lohnnebenkosten auch am meisten profitieren. Der Produktionsfaktor Arbeit muss bei den Kosten für die sozialen Sicherungssysteme drastisch entlastet werden.
Die Lohnnebenkosten von 39 bis 40 Prozent gleichen einer Strafsteuer für Arbeitgebe- rInnen und ArbeitnehmerInnen. Auch wenn die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gesenkt wurden, muss doch zur Kenntnis genommen werden, dass die Beiträge zur Ren- tenversicherung wie zur Krankenversicherung gestiegen sind. Mehrwert- und Ökosteuern sind geeignet zur Gegenfinanzierung von Sozialabgaben, sie sind dazu noch außenhan- delsneutral.
Wir Grünen haben mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass die Ökosteuern von der großen Koalition nicht abgeschafft worden sind. Die jährlichen Einnahmen von zirka 18 Mrd. Euro fließen fast vollständig in die Kassen der Rentenversicherung und haben so die Beiträge stabilisiert. In der rot-Grünen Regierungszeit konnten die Beiträge sogar ge- senkt werden.
Die Unternehmenssteuerreform des Bundes ist nicht der versprochene große Wurf. Der Mittelstand wird nach Auffassung vieler ExpertInnen sogar der Verlierer sein. Hier muss es deutliche Nachbesserungen geben. Genannt seien die neue Zinsschranke, hier sind die Werften besonders betroffen, die Abschaffung der degressiven Abschreibung und die Änderungen bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern.
Einen Abbau von bürokratischen Belastungen für den Mittelstand kann ich nur unterstüt- zen. Wir brauchen transparente, effektive und zügige Genehmigungs- und Zulassungs- verfahren, ohne das Sorgfalt, Sicherheit und Umweltschutz auf der Strecke bleiben. Auch die Befreiung von statistischen Berichtspflichten ist ein Dauerthema, bei dem es echte Fortschritte geben muss.
Einen Punkt kann ich mir nicht verkneifen. Da fördert der Wirtschaftsminister Dietrich Austermann die Entwicklung eines neuen Bügelverschlusses für die bekannte Bierfla- sche der Flensburger Brauerei mit 1,5 Millionen Euro aus dem Programm „Betriebliche Innovationen“. So die Pressemeldung des Ministeriums vom 26. September. Es geht um einen neuen Bügelverschluss mit optimierten Eigenschaften hinsichtlich Funktionalität, Lebensdauer und Qualität. Da die Fachhochschule Flensburg mit im Bü- gelboot sitzt, haben wird es sogar mit einer innovativen, praxisorientierten Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft zu tun. Wir Grüne hatten zunächst ganz erstaunt auf den Kalender geschaut und siehe da, es war tatsächlich nicht der 1. April, es war konkre- te Wirtschaftsförderung.
Der Bügelverschluss einer Bierflasche ist eine sehr alte Technik und sie kann sicherlich optimiert werden. Es geht aber nicht um eine wirkliche Innovation und kann eine Förde- rung von 1,5 Mio. Euro nicht rechtfertigen. Entsprechend groß war der Spott. Wir werden mit einer Kleinen Anfrage der Sache auf den Grund gehen. Was wird tatsächlich geför- dert, was geschieht mit den Ergebnissen, entstehen dadurch wirklich dauerhaft neue Ar- beitsplätze?
Der Klimawandel, so furchtbar er für die gesamt Welt ist, kann zu einem Jobmotor für Schleswig-Holstein werden. Denn hier werden Grüne, umweltschonende und klima- freundliche Technologien und Produkte entwickelt und produziert. Nach einer neuen Stu- die des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) zum Klimawandel haben die klimare- levanten Zukunftsbranchen weltweit gute Marktchancen. Denn überall wächst der Zwang CO2-Emissionen zu verringern.
Der HWWI-Chef Thomas Straubhaar wird mit dem Satz zitiert; „Die Wirtschaft hat oft ü- ber die Kostenbelastung durch Grüne Politik geklagt, jetzt kommt die Zeit des Erntens.“ Wir fühlen uns da voll bestätigt. Der Mittelstand in Schleswig-Holstein hat bei der Anpas- sung an den Klimawandel und der Reduktion von CO2 große Entwicklungschancen. Die gilt es zu nutzen.

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