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Thomas Hölck zu TOP 15: Weniger Bürokratie, mehr Eigenverantwortung
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 21.11.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 15: Landesbauordnung (Drucksache 16/1675)Thomas HölckWeniger Bürokratie, mehr EigenverantwortungMit der Novellierung der Landesbauordnung ist es gelungen, verantwortungsbewusst bürokratischen Ballast abzubauen, ohne mit den neu formulierten Vorschriften die Si- cherheit der Bevölkerung zu gefährden.Ich will dies am Beispiel des Brandschutzes verdeutlichen: Im § 15 der reformierten LBO bezieht sich der Brandschutz nicht nur auf die Planung und Errichtung von bau- lichen Anlagen, sondern ausdrücklich auch auf die Instandhaltung. Diese neue, diffe- renziertere Formulierung des Brandschutzes ist im Hinblick auf die Vernachlässigung von Bestandsbauten von großer Bedeutung. Schleswig-Holstein ist als Flächenland besonders häufig vom Verkauf und Weiterverkauf von Wohnungsbeständen betroffen. Die Renditen, die dabei erzielt werden, gehen zum Teil zu Lasten der Bestandspflege der Wohnungen. Mit der Durchsetzung dieser und anderer Vorschriften kann man den Heuschrecken am Wohnungsmarkt Fesseln anlegen.In diesem Zusammenhang will ich hinzufügen, dass fahrlässig handelt, wer Bürokra- tieabbau nur betreibt, um einem Modetrend zu genügen. Wer die Landesbauordnung vereinfacht, muss auch kritisch betrachten, ob eventuell Gefahren heraufbe- schworen werden und ob beispielsweise ein so schreckliches Unglück wie der Ein- sturz der Eissporthalle im bayerischen Bad Reichenhall durch die Vereinfachung derHerausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-Bauvorschriften erst ermöglicht wird. Wer sich allerdings die haarsträubenden Fehler bei der Konstruktion und beim Bau der Eissporthalle vergegenwärtigt, kommt zu dem Schluss, eine Bauordnung - auch eine vereinfachte - wäre nicht Schuld gewesen. Wenn fast alle Ebenen und Verantwortlichen versagen, dann helfen weder sinnvolle technische Regelwerke noch bürgerfreundliche Verwaltungsverfahren.Sachverstand und Verantwortungsbewusstsein der am Bau Handelnden müssen sich mit den Bauvorschriften ergänzen.Im § 49 „Wohnungen“ wird der Eigentümer weiterhin zum Einbau von Rauchmeldern verpflichtet, das ist nicht neu, aber immer wieder umstritten, dabei können Rauchmel- der Menschenleben retten. Zuletzt starben in der Nacht zum 1.Oktober dieses Jahres eine Mutter und ihre Tochter in Schönberg im Schlaf an Rauchvergiftung. Der zustän- dige Wehrführer ist sich sicher, dass die beiden überlebt hatten, wäre ihre Wohnung mit einem Rauchmelder ausgerüstet worden.Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt daher nach wie vor ausdrücklich die Verpflich- tung zur Montage von Rauchmeldern. Allerdings bin ich gern bereit, über die Beden- ken der Wohnungseigentümer hinsichtlich der rechtlichen Klarheit für die Haftung im Schadensfall im Innen- und Rechtsausschuss nachzudenken.Es handelt sich bei den Rauchmeldern häufig um Geräte einfachster Bauart, für 3,99 Euro im Baumarkt zu erwerben. Der Einbau von Rauchmeldern gewährleistet aber nicht, dass diese Geräte durchgehend voll funktionsfähig sind. Wer haftet bei einem technischen Defekt oder beim Zweckentfremden der Batterie? Ich kann mir vorstellen, dass wir als Landesgesetzgeber den Wohnungsbesitzer mit in die Verant- wortung hinsichtlich der Wartung und Funktionsbereitschaft der Geräte einbeziehen. -3-Ein wesentlicher Baustein der reformierten LBO ist das Bauen ohne Genehmigung. Mit dem so genannten Genehmigungsfreistellungsverfahren wird das Bauen in Berei- chen gültiger Bebauungspläne für die Bauwilligen wesentlich vereinfacht. Die Geneh- migungsverantwortung liegt nun ausdrücklich bei der Gemeinde. Sie hat die Bauvorla- gen hinsichtlich der Konformität mit den Festlegungen in den Bebauungsplänen zu überprüfen und ggf. zu widersprechen. Mit der Neuregelung erhalten Architekten, In- genieure und Bauausführende gemeinsam mehr Eigenverantwortung. Es wird in der Zukunft darauf ankommen, diese Eigenverantwortung auch zu nutzen. Dabei ist fest- zustellen, dass das bisherige Baufreistellungsverfahren nach § 74 der geltenden LBO, das so genannte Anzeigeverfahren, von den Bauvorlageberechtigten bisher viel zu selten genutzt wird.Zu erwähnen ist auch die Konkretisierung des barrierefreien Bauens gerade für bau- liche Anlagen, die öffentlich im Rahmen des allgemeinen Besucherverkehrs zugäng- lich sind. Menschen mit Behinderung, alte Menschen und Personen mit Kleinkindern müssen öffentlich zugängliche Räume barrierefrei und ohne fremde Hilfe zweckent- sprechend nutzen können. Das ist ein fundamentaler Anspruch für die Barrierefreiheit.Denn Barrierefreiheit ist nicht gleich Barrierefreiheit. Für Menschen mit einer Sehbe- hinderung gelten andere Kriterien als für Menschen, die im Rollstuhl sitzen. So sind für Sehbehinderte Sensorschalteinrichtungen, kontrastarme Flure oder Kennzeichnungen eben nicht barrierefrei. Ich bin optimistisch, dass ein neuer Schub für die Umsetzung der Barrierefreiheit erreicht werden kann.Abschließend ist festzustellen, der Gesetzentwurf zur Reform der LBO ist eine fundierte Grundlage, die es verdient hat, sachlich im Innen- und Rechtsausschuss beraten zu werden. Ich bin sicher, dass die reformierte LBO schnell bei den Architekten und Ingenieuren Anerkennung erlan- -4-gen wird. Gilt doch der fundamentale Satz von Entenhausens Oberingenieur Daniel Düsentrieb: „Einem Ingeniör ist nichts zu schwör.“