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Lars Harms zu TOP 33 - Nationalpark Wattenmeer als UNESCO-Weltnaturerbe
Presseinformation Kiel, den 21.11.2007 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 33 Benennung des Nationalparks Wattenmeer als UNESCO-Weltnaturerbe Drs. 16/1679Wir treten heute in eine Phase ein, in der wir nicht nur über die regionale oder nationaleVermarktung des Nationalparks Wattenmeer reden, sondern in der wir uns auf eine Stufe mitanderen Welterbestätten auf der ganzen Welt stellen wollen. Das ist auch für das Wattenmeerund für die Regionen, die am und vom Meer leben, ein riesiger Schritt.Wenn man bedenkt, wie hart die Auseinandersetzungen zum Nationalpark Wattenmeerseinerzeit waren und wie schwer die Umsetzung der Ziele im Nationalpark waren, dann kann manermessen, was das Welterbe für die Region Westküste bedeutet. Es bedeutet, dass dieBemühungen um den Schutz der Natur und um die Beteiligung der Menschen vor Ort nun richtigeFrüchte tragen, die nicht nur der Natur als Selbstzweck zugute kommen, sondern eben auch derökonomischen Entwicklung in der Region dienen. Das war schon immer unser großes Ziel und nunkommen wir hoffentlich einen Schritt weiter, in dem wir den Nationalpark Wattenmeer alsWeltnaturerbe anerkannt bekommen. 2Die Anerkennung ist aber noch keineswegs sicher, sondern sie setzt eine Einigung mit derUNESCO voraus. Wie schwer eine solche Einigung sein kann, zeigt aktuell das Beispiel desBrückenbaus in Dresden, der zu einer Aberkennung des Titels Weltkulturerbe führen kann. DiesesBeispiel zeigt aber auch, dass Befürchtungen, dass hier ein neuer zusätzlicher Schutzstatusübergestülpt wird, nicht begründet sind. Die UNESCO hat bei Verstößen nur die Möglichkeit denTitel wieder abzuerkennen. Andere Eingriffsmöglichkeiten hat sie nicht.In dem Papier zur Anmeldung, dass uns vorgelegt wurde, sind aber eine Vielzahl von zukünftigenmöglichen Nutzungen des Wattenmeeres aufgeführt und auch die traditionellen Nutzungen sindgenau beschrieben, so dass man davon ausgehen kann, dass diese Nutzungen auch anerkanntwerden und somit weitergeführt werden können. Damit wird einer wichtigen Forderung derMenschen vor Ort Rechnung getragen. Trotzdem gibt es natürlich immer noch offene Punkte, diein einem Anmeldeverfahren berücksichtigt werden müssen. Diese offenen Fragen kommen auchin den Beschlüssen der beiden Kreistage in Dithmarschen und Nordfriesland zum Ausdruck undsie werden natürlich auch in den Stellungnahmen zu dem Papier deutlich gemacht.In Bezug auf die Stellungnahmen haben wir als SSW nur einen Punkt, bei dem wir eine andereHaltung haben. Wir meinen, dass Erdölförderung in einem Nationalpark eigentlich nichts zusuchen hat. Zwar hat natürlich jeder Investor und jeder Nutzer ein gewisses Recht aufPlanungssicherheit, aber wir meinen, dass man die Erdölförderung zumindest nicht ausweitensollte. Besser wäre eigentlich ein Schritt weiser Ausstieg aus der Erdölförderung im Nationalpark.Die anderen Punkte sind aber sehr in unserem Sinne. Auch wir sind der Meinung, dass wir unsereHäfen an der Nordseeküste weiter entwickeln können müssen. Bisher sind neue Pläne für dieEntwicklung von Hafen- und Industrieanlagen nur sehr eingeschränkt erlaubt. Wer sich aber denStandort Brunsbüttel ansieht und dort eine nachhaltige Hafenentwicklung in Zusammenarbeitmit anderen Standorten anstrebt, kann nichts gegen eine offenere Formulierung in Anmeldetexthaben. Ähnliches gilt für die Häfen, die vom Fährverkehr oder vom Fischfang leben. Aber auch die 3Entwicklungschancen die die Offshore-Windkraft in Zukunft gewähren wird, dürfen wir uns nichtverbauen. Deswegen muss der Anmeldetext gerade auch diese Form der Energiegewinnung mitim Auge haben. Das gilt sowohl für die Anbindung durch Häfen als auch für das Aufstellen derAnlagen in der Nähe des zukünftigen Weltnaturerbes.Die Stellungnahmen haben aber auch deutlich gezeigt, dass es Bereiche gibt, von denen wir heutenoch nicht wissen, wie sie sich entwickeln werden und welche Maßnahmen in Zukunft notwendigsein werden. Ich denke dabei zum Beispiel an den Küstenschutz. Aufgrund des zu erwartendenMeeresspiegelanstiegs, werden sich die Anforderungen an den Küstenschutz und damit auch diedamit verbundenen Maßnahmen verändern. Wir wissen heute noch nicht genau, was wir in 20oder 30 Jahren an Küstenschutzmaßnahmen durchführen müssen. Möglicherweise werden dabeiauch größere Eingriffe in die Natur nötig sein, um die Menschen und deren Hab und Gut schützenzu können. Auch dieser Aspekt muss deutlich im Anmeldetext verankert werden, damit es inZukunft keine Probleme gibt. Ähnliches gilt auch für die Binnenlandentwässerung, die ebenfallsvor neue Problemstellungen gestellt wird.Trotz all dieser Fragestellungen muss man aber feststellen, dass die Anmeldung als Weltnaturerbeenorme Vorteile für die Region bringt. Da ist natürlich zum einen die Tatsache, dass einWeltnaturerbe gerade auch den bedrängten Tier- und Pflanzenarten hilft und dazu beiträgt, dieNatur in ihrer Einzigartigkeit zu erhalten. Interessant ist dabei, dass der vorliegende Anmeldetextausdrücklich davon spricht, dass es sich bei dem Wattenmeer nicht nur um eine Naturlandschaft,sondern auch um eine vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft handelt, die vielfältigenNutzungen unterliegt. Vor diesem Hintergrund, hätte ich es sogar gerne gesehen, dass dasWattenmeer auch als Weltkulturerbe angemeldet worden wäre, wie es zumindest am Anfang derEntwicklung ebenfalls diskutiert wurde. Seinerzeit hatte unter anderem das Nordfriisk Instituutdeutlich gemacht, dass Kulturspuren im Watt durchaus schützenswert sind und dass man dasnicht zum Welterbe gehörende Festland mit in die Entwicklung und Vermarktung des Welterbeshätte einbeziehen können. Das kann man natürlich heute immer noch machen, aber mit dem 4Doppeltitel Natur- und Kulturerbe wäre das natürlich noch besser erreichbar gewesen. Sei´s drum;ich bin auch so mit der Entwicklung natürlich sehr zufrieden.Zumal man ja sagen kann, dass eine breite Bürgerbeteiligung stattgefunden hat und diebeteiligten politischen Gremien jeweils mit breiten parteiübergreifenden Mehrheiten hinter derIdee stehen. Das hat natürlich etwas damit zu tun, dass elementare Forderungen der Region auchmit aufgenommen wurden. Dass man zum Beispiel von vornherein auf eine so genanntePufferzone verzichtet hat, hat den Diskussionen mit Sicherheit frühzeitig die Schärfe genommen,die wir von der Nationalparkdiskussion noch gewohnt waren. Zwar spricht man von derWattenmeerregion und meint damit das angemeldete Wattenmeer und die Inseln, Halligen unddas angrenzende Festland, aber dies ist nur eine geografische Beschreibung und keine zusätzlicheAnmeldung von bewohntem Gebiet.In der gesamten Wattenmeerregion werden wir die positiven Möglichkeiten des Welterbesnutzen können. Sei es im Tourismus oder auch in der Regionalvermarktung. Wie so etwasfunktioniert, kann man zum Beispiel am Mittelrhein sehen, der Weltkulturerbe ist und inzwischengnadenlos vermarktet wird. Gleichzeitig ist die wirtschaftliche Entwicklung nicht eingeschränktund sogar Industrieansiedlungen sind dort möglich. Deshalb glaube ich, dass wir in 10 oder 15Jahren hier stehen werden und uns alle selbst auf die Schulter klopfen werden und uns an derpositiven Entwicklung der Wattenmeerregion erfreuen werden.Eine letzte Anmerkung möchte ich noch machen. Dass eine solche Entwicklung möglich ist, hatauch etwas mit den speziellen Zusammenarbeitsformen in der Region zu tun. Wir haben ja schonden Bericht zur Nordseekooperation hier im Hause beraten. Aber genau diese Entwicklung, die wirjetzt hier haben, ist gelebte europäische Nordseekooperation. Die Anmeldung baut aufBeratungen der drei Anrainerstaaten auf und hat insbesondere den trilateralen Wattenmeerplanzum Ausgangspunkt. So ist es auch im Anmeldetext beschrieben. All die Ziele und Maßnahmen,die man trilateral abgesprochen hat, finden sich auch in der Anmeldung wieder. Das heißt, auch 5hierdurch sieht man, dass der Prozess zur Anmeldung sehr basisnah entwickelt wurde. Man hatbewusst Fachwissen aus der Region mit ins Boot geholt und im Papier wird explizit gesagt, dassdie trilaterale Zusammenarbeit auch in Bezug auf die Entwicklung und Vermarktung desWelterbes fortgeführt werden soll. Ich sage dies deshalb, weil dies auch die Chance eröffnet, dassDänemark irgendwann dem Welterbe beitritt. Bisher sind es nur die Niederlande undDeutschland, die hier den ersten Schritt gehen. Das hat insbesondere damit zu tun, dass man inDänemark rein zeitlich noch nicht so weit in der Diskussion ist, wie bei uns. Die Anmeldung desWattenmeers als Nationalpark steht jetzt bevor und wir sollen den dänischen Nachbarn deshalbdie Chance lassen, ihre Erfahrungen damit zu sammeln – genauso wie wir Erfahrungen mitunserem Nationalpark gesammelt haben. Die Beratungen in der trilateralen Wattenmeer-zusammenarbeit werden aber dazu führen, dass das Welterbe schon jetzt von allen Dreiengemeinsam weiterentwickelt wird und damit wird Dänemark in Zukunft die Chance haben, ohneAnlaufschwierigkeiten, seine Wattenregion ebenfalls als Welterbe anzumelden.Für den SSW kann ich sagen, dass wir sehr froh über die Entwicklung sind – sowohl für die Naturals auch für den Menschen. Und wir hoffen, dass durch die Anmeldung als Weltnaturerbe einregelrechter Ruck durch die Region geht und alle bei der Vermarktung diese Titels an einemStrang ziehen.