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30.01.08 , 16:42 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Wegschließen schreckt Jugendliche nicht ab, es entsozialisiert sie!"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 031/2008 Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Mittwoch, 30. Januar 2008 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdL

Es gilt das gesprochene Wort!
Rechtspolitik/ Jugendstrafrecht
Wolfgang Kubicki: „Wegschließen schreckt Jugendliche nicht ab, es entsozialisiert sie!“ In seinem Redebeitrag zu TOP 17 (Entschließung zum Jugendstrafrecht) erklärte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Seit Sonntag ist der Wahlkampf in Hessen vorbei, das Ergebnis ist bekannt. Der amtierende Ministerpräsident Koch hat eine schallende Niederlage erlitten, auch wenn die CDU im Land noch stärkste Fraktion ist.
Im Endspurt des Wahlkampfes hat eben dieser Ministerpräsident versucht, mit einer zweifelhaften Kampagne zur Verschärfung des Jugendstrafrechts noch Stimmen für die hessische Union zu ergattern. Was er mit seiner populistischen Stimmungsmache allerdings erreicht hat, war den Wählerinnen und Wählern, die gar nicht mehr wussten, warum sie sich für die SPD entscheiden sollten, einen Grund hierfür zu liefern. Jede Stimme für die SPD war eine Stimme für die Abwahl von Ministerpräsident Koch. Das hat er erreicht. Das Ergebnis kennen Sie.
Und wer nimmt es einem übel, wenn die Bevölkerung einem Ministerpräsidenten einen Denkzettel verpasst, wenn er auf der einen Seite gegen eine scheinbar immer weiter ansteigende Jugendkriminalität wettert, auf der anderen Seite aber bei den Einrichtungen Gelder und Personal streicht, die sich dieses Problems in der Vergangenheit angenommen haben.
In Hessen war aus einem Fachthema ein Machtthema geworden und es war wohltuend zu sehen, dass die Vorschläge der hessischen CDU auf den einheitlichen Widerstand der Wissenschaftler, der Fachverbände und der Praktiker stieß.
Die Tatsache, dass die Wahlen in Hessen vorbei sind, sich das Thema für die CDU als Bumerang erwiesen hat und daher nicht zu erwarten ist, dass sich gleiche Abgründe in Hamburg auftun, geben uns in diesem Hause die Chance, auf sachlicherer Ebene über den Stand des heutigen Jugendstrafrechts zu reden. Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2

Dazu lassen Sie mich folgendes feststellen: Die Jugendkriminalität ist in den letzten Jahren bundesweit zurückgegangen. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger – und die wurden von Herrn Koch ja immer besonders erwähnt - ist in der Altersgruppe von 14 bis 21 in der Gewaltkriminalität in den Jahren 1997 bis 2006 gerade in den westlichen Bundesländern signifikant zurückgegangen. In Schleswig-Holstein ist dieser Anteil im besagten Zeitraum von 24 auf 13 Prozent zurückgegangen.
Soweit die Fakten. Es stellt sich daher die Frage, wo überhaupt der Anlass für die Diskussion um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts bestand? Für jugendliche Gewalttäter unter 18 Jahren besteht bereits heute die Möglichkeit der Haft durch die Verhängung einer Jugendstrafe.
Gewalttäter über 18 werden auch heute wie Erwachsene bestraft, wenn die Richter nicht der Auffassung, sind, dass es sich bei der Tat um eine Jugendverfehlung handelt oder der Täter in seiner Entwicklung einem Jugendlichen gleichkommt.
Für die Wenigen, denen nicht mehr mit den erzieherischen Maßnahmen des Jugendstrafrechts beizukommen ist, ist also im Gesetz gesorgt.
Es wäre allerdings fatal, diejenigen Jugendlichen, die wir mit den erzieherischen Maßnahmen noch erreichen können, aufgrund einer öffentlichen Kampagne gegen einen eigentlich geringen Anteil von Tätern durch eine Verschärfung des Jugendstrafrechts oder die durchgängige Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf alle über 18-jährige praktisch aufzugeben.
Erstes Ziel muss es doch sein, Jugendliche, die straffällig geworden sind, künftig von Straftaten abzuhalten und damit im Ergebnis präventiv für mehr Sicherheit zu sorgen. Höhere Strafen schrecken aber nicht vor Straftaten ab, im Gegenteil.
Alle empirischen Untersuchungen zeigen, dass bei kurzen Freiheitsstrafen die Rückfallgefahr besonders hoch ist. Sie schrecken nicht ab, dafür aber sind ihre entsozialisierenden Wirkungen hoch. Wer ins Gefängnis kommt, kommt zumeist auch in das entsprechende Milieu. Die Gefahr eines Abgleitens besteht insbesondere bei noch nicht in sich gefestigten Charakteren, also bei Jugendlichen oder Heranwachsenden, die eben noch nicht die notwendige Reife haben.
Eine Veränderung des Jugendstrafrechts ist also nicht geboten. Geboten ist Unterstützung, wo sie gebraucht wird:
- eine ausreichende Ausstattung der ambulanten Familienhilfen und der Bewährungshilfe, - eine ausreichende Ausstattung von Polizei und Justiz, dass die Strafe auf dem Fuß erfolgen kann, was auch eine erzieherische Wirkung hat, - eine ausreichende Förderung freier Träger.
Und wir sollten uns ernsthaft um Schulsozialarbeit bemühen, um auffällige Kinder und Jugendliche in ihrem sozialen Umfeld vor jeder Straffälligkeit betreuen zu können.
Darüber hinaus sollten wir auch eine kritische Bestandsaufnahme über die in Schleswig-Holstein derzeitigen Hilfe- und Kontrollsystems durchführen, insbesondere für Wiederholungs- und Intensivtäter. Derzeit bekommt man eher den Eindruck, dass viele Institutionen und Organisationen eher unkoordiniert nebeneinander her arbeiten:
Polizei, Jugendhilfe, Bewährungshilfe, Jugendarrest, Jugendstrafvollzug, Agenturen für Arbeit, Schuldnerberatung, Drogenhilfe, Freie Straffälligenhilfe, Opferhilfe und so weiter. Der letzte Opferschutzbericht der Landesregierung hat hier zumindest keine zufriedenstellende Auskunft gegeben.
Wenn CDU und SPD heute dem Antrag von FDP, Grünen und SSW zustimmen, wäre das ein gutes politisches Signal. Die weitere Debatte können wir gerne im Ausschuss führen.“
Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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