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Lars Harms zu TOP 18 - Leukämiefälle in der Elbmarsch müssen aufgeklärt werden
PresseinformationKiel, den 31.01.2008 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 18 Leukämiefälle in der Elbmarsch müssen aufgeklärt werden Drs. 16/1819Vor gut einem Jahr haben wir den Bericht der Landesregierung zu Leukämiefällen im RaumGeesthacht/Elbmarsch debattiert. Der Bericht machte deutlich, dass frühzeitig und sehr intensivmit der Ursachenforschung der Leukämie-Erkrankung in der Elbmarsch begonnen wurde. Sowurden insgesamt 17 Studien im Zeitraum von 1992 bis Ende November 2005 durchgeführt.Sowohl Schleswig-Holstein als auch Niedersachsen haben Expertenkommissionen eingesetzt, diezahlreiche potentielle Ursachen für die Leukämieerkrankungen untersuchen sollten. Dazuzählten unter anderem radioaktive Strahlenbelastungen sowie epidemiologischeUntersuchungen. Darüber hinaus wurden auch natürliche Gegebenheiten wie beispielsweiseWasser, Boden oder Luft und Nahrungsmittel untersucht. Doch keine der durchgeführtenUntersuchungen lieferte eine wissenschaftlich fundierte Erklärung für die Ursache der Häufungkindlicher Leukämien in dieser Region. 2Die neueste Untersuchung des Bundesamtes für Strahlenschutz – die Epidemiologische Studie zuKinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken (KiKK) – hat Ende letzten Jahres neueErgebnisse ans Licht gebracht. Die Studie bestätigt, „dass in Deutschland ein Zusammenhangzwischen der Nähe der Wohnung zum nächstgelegenen Kernkraftwerk zum Zeitpunkt derDiagnose und dem Risiko, vor dem 5. Geburtstag an Krebs (bzw. Leukämie) zu erkranken,beobachtet wird.“ Aber die Studie gibt keine Aussage darüber, durch welche Ursachen dieseBeziehung zu erklären ist. – Auch wenn es immer noch keine Kenntnis über die Ursachen gibt,darf uns das Ergebnis der Studie nicht in Ruhe lassen. Denn der Zusammenhang zwischenWohnort und Entfernung zum AKW ist auffallend. Das heißt, hierin muss der weitereForschungsauftrag liegen, damit diese Frage endgültig geklärt wird.Auch wenn die Studie keine Aussage über Ursachen zwischen den Leukämiefällen und denKernkraftwerken trifft, beschleicht einen aber trotzdem ein Verdacht. Und eben dieser Verdachtlässt die Bevölkerung in der Region auch nicht zur Ruhe kommen. Deshalb sind wir derAuffassung, dass die Untersuchungen nicht gestoppt werden dürfen, bevor der schlüssigeBeweis vorliegt, dass AKWs oder das GKSS nichts mit den Leukämiefällen zu tun haben, oderandere Ursachen für die häufigen Erkrankungen gefunden werden konnten. Auch wenn bisherkeine Zusammenhänge wissenschaftlich belegbar sind, können wir letztendlich nichtausschließen, dass sie vorhanden sein können. Denn an einen puren Zufall mag angesichts derErgebnisse niemand denken. Wer sich aber hinstellt und behauptet, dass die Studie keine neuenErkenntnisse liefert, verharmlost das Problem.An der Studie beteiligt wurden sowohl Atomkraft-Kritiker wie auch –Befürworter und man hateine von allen akzeptierte Methodik gefunden, die Studie durchzuführen. Daher sollten wir dasErgebnis ernst nehmen.Im Umkreis von fünf Kilometern um die deutschen Kernkraftwerke wurde für denUntersuchungszeitraum von 1980 bis 2003 ermittelt, dass 77 Kinder an Krebs – davon 37 anBlutkrebs erkrankt sind. Nach dem statistischen Durchschnittswert wären nach Darstellung der 3Wissenschaftler 48 Krebs- beziehungsweise 17 Leukämiefälle zu erwarten gewesen. Diese Zahlenmachen deutlich, dass wir von Clusterbildungen sprechen können.Es klingt dann nahezu wie Hohn, wenn von Seiten des Bundesumweltministeriums gesagt wird,dass der Anstieg bei den Krebserkrankungen nach derzeitigem Kenntnisstand der Wissenschaftnicht durch die Strahlenbelastung aus einem Atomkraftwerk erklärt werden können. Um daserhöhte Krebsrisiko zu erklären, müsste angeblich demnach die Strahlenbelastung derBevölkerung um mindestens das Tausendfache höher sein. Nach dem Motto: Es kann nicht sein,was nicht sein darf.Aus unserer Sicht darf die Frage der Leukämiefälle keine ideologische Frage sein, sondern eineSachfrage, der unbedingt nachgegangen werden muss. Wir müssen die Thematik sachorientiertund emotionsfrei aufarbeiten. Diese Zielsetzung hat auch der von uns und den anderenOppositionsparteien eingebrachte Antrag – der einstimmig so auch in Niedersachsenverabschiedet wurde. Daher ist es aus unserer Sicht mehr als bedauerlich, dass wir es hier nichthinbekommen haben, einen interfraktionellen Antrag zu diesem Thema zu stellen. Leider war dieGroße Koalition hier nicht gewillt, den Antrag der Oppositionspartein mit zu tragen. Stattdessenhaben sie einen eigenständigen Antrag eingebracht.Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Anhörung der zuständigen Ausschüsse in Hannover,hätte ich mir hier mehr politisches Verständnis für die Sache von der Großen Koalitionversprochen. Denn ich finde, dass es uns als Schleswig-Holsteinischer Landtag gut zu Gesichtgestanden hätte, wenn wir ein einstimmiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger im RaumGeesthacht und Elbmarsch und an unsere Kollegen im Niedersächsischen Landtag gegebenhätten. Diese Chance haben die Kollegen von der Großen Koalition bisher nicht genutzt. Das istbedauerlich, denn ich glaube, dass wir in der Sache gar nicht weit auseinander liegen. 4Angesichts der Tatsache, dass die SPD seinerzeit selbst den Vorschlag eingebracht hat, einegemeinsame Anhörung der Sozialausschüsse zur Untersuchung der rätselhaften Häufung vonLeukämiefällen in der Elbmarsch durchzuführen, um Meinungsverschiedenheiten hinsichtlichder Vorgehensweisen und Untersuchungsmethoden aus dem Weg zu räumen, ist esunverständlich, dass wir in Schleswig-Holstein jetzt nicht an einem Strang ziehen. Nur dannkönnen wir den Menschen in der Elbmarsch deutlich machen, dass das Problem von Seiten derPolitik ernst genommen wird. Gegenseitige Kritik und Missverständnisse helfen hier nicht weiter.Wir sollten auch künftig gemeinsam und länderübergreifend das Problem angehen.Deswegen hoffe ich, dass wir im Ausschuss noch einen gemeinsamen Beschluss hinbekommen.Für uns steht fest, dass wir die Sorgen und Ängste der Menschen im Raum Geesthacht und derElbmarsch ernst nehmen müssen. Wir müssen alles daran setzen, die Ursachen für die dieseLeukämie-Cluster zu erforschen. Und wir dürfen mit den Untersuchungen solange nichtaufhören, bis der Beweis für die Ursachen erbracht wurde. Nur so werden wir der Verantwortungden Menschen gegenüber gerecht, die sich dort um die Gesundheit ihrer Kinder sorgen.