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27.02.08 , 10:48 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zur Aktuellen Stunde zur Steuerfahndung

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 1 – Aktuelle Stunde zur Steuerfahndung Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt der Vorsitzende der Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53 Karl-Martin Hentschel: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de


Nr. 074.08 / 27.2.2008 Den Sumpf trockenlegen
Sehr geehrter Herr Präsident , sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem die gigantischen Steuerhinterziehungen mittels der Steueroase Liechtenstein bekannt geworden sind, überbieten sich Medien und PolitikerInnen von CDU und SPD in Schimpftiraden gegen die Gierhälse. Das ist erstaunlich. Denn die Löcher in unserem Steuersystem sind seit langem bekannt.
Die Steuermindereinnahmen durch die Steuerflucht werden auf 30 Mrd. Euro jährlich ge- schätzt. Das sind 900 Mio. Euro für Schleswig-Holstein.
Das Geld fehlt – und es führt dazu, dass die in Deutschland tätigen Unternehmen und die ArbeitnehmerInnen, die ehrlich ihre Steuern bezahlen, die Zeche zahlen müssen. Das ist schädlich für unser Land. Und das ist schädlich für die Wirtschaft.
Was ist zu tun? Ziel muss es sein, dass alle Einkommen aus Gewinn und Vermögen, die entweder in Deutschland erwirtschaftet werden oder die von deutschen StaatsbürgerIn- nen im Ausland erwirtschaftet werden, ordentlich versteuert werden.
Ist das eine absurde Forderung? Nein – es ist genau das, was Präsident Clinton Ende der 90er Jahre in den USA durchgesetzt hat.
Ein erster Schritt wurde 2004 auch bereits getan. Damals hat die rot-Grüne Bundesregie- rung das Bankgeheimnis gegenüber den Steuerbehörden in Deutschland praktisch auf- gehoben. Es gab massive Proteste und vier Verfassungsklagen, die im Eilverfahren vom Bundesverfassungsgericht allesamt abgelehnt wurden.
Der zweite Schritt erfolgte am 1. Juli 2005. Zu diesem Datum trat endlich die Zinsrichtli- nie der europäischen Union in Kraft. Seitdem schicken die Banken in allen EU-Staaten Kontrollmitteilungen. Ausnahmen bilden Luxemburg, Österreich und Belgien, die dafür eine Quellensteuer erheben.
1/2 Aber die Steuerflüchtlinge sind längst auf andere Länder und andere Modelle umgestie- gen. Im Internet werben Homepages offen damit, Geld jetzt lieber in Form von Stiftungen in Liechtenstein unterzubringen. Noch bessere Standorte sollen Costa Rica, die Marshall Inseln, Neuseeland, die Virgin Islands, die Dominikanische Republik und ganz besonders die Seychellen sein.
Und es gibt noch zweite große Lücke: Das ist immer noch die Verlagerung des Wohnsit- zes ins Ausland. Das setzt allerdings voraus, dass der Investor dort auch zumindest zeitweise lebt.
Meine Damen und Herren, die bisherigen Schritte sind löblich, aber sie reichen nicht aus. Die USA hat vorgemacht, wie das Problem gelöst werden kann. Die USA hat international mit dem Verbot von Ge- schäftsbeziehungen gedroht, wenn Institute keine Kontrollmitteilungen an die US- Steuerbehörden liefern.
Am 1. November des Jahres 2000 verabschiedete auch der Bundesrat der Schweiz die Verordnung, dass das Bankengeheimnis der Schweiz für US-BürgerInnen aufgehoben wird. Seitdem liefern auch die Banken der Schweiz – der Tresor des Weltkapitals – brav Kontrollmitteilungen an die US-Steuerbehörden.
Und noch etwas ist in den USA anders: Das amerikanische Steuerrecht gilt für alle US- BürgerInnen, auch für die, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlagert haben.
Meine Damen und Herren, das alles ist bekannt, taucht aber in den lauten Diskursen kaum auf. Das lässt Schlim- mes befürchten. Die große Koalition hat seit Amtsantritt keinen weiteren Schritt unter- nommen. Es gibt keine einzige Gesetzesinitiative im deutschen Bundestag. Zu viele Menschen in Deutschland profitieren von dem System.
Deswegen müssen wir die jetzige Medienöffentlichkeit nutzen, damit etwas passiert. Ich möchte sechs Punkte nennen:
1. Einrichtung einer Bundessteuerverwaltung, die ausreichend ausgestattet ist.
2. Gegenseitige Amtshilfe in der gesamten EU bei Steuerdelikten.
3. Die EU muss wie die USA alle Staaten bzw. Finanzinstitute der Welt verpflichten, ihren Finanzbehörden Kontrollmitteilungen zu liefern.
4. Die Steuerpflicht von Personen soll an ihre Staatsangehörigkeit gebunden werden.
5. Für Steuerhinterziehung in großem Ausmaß muss es eine Mindeststrafe von einem Jahr geben, die straflosen Selbstanzeigen werden abgeschafft.
6. CDU und SPD sollen ihre zwei Drittel Mehrheit im Bundestag dazu zu nutzen, um eine gerechte und transparente Steuerreform umzusetzen.
Herr Ministerpräsident, Lassen sie den Sonntagsreden Taten folgen! ***

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