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27.02.08 , 16:58 Uhr
SPD

Klaus-Peter Puls zu TOP 23, 30, 40 + 41: Vorschriften einhalten - Spielräume ausnutzen!

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion
Kiel, 27.02.2008, Nr.: 057/2008



Klaus-Peter Puls zum Ausländerrecht

Vorschriften einhalten – Spielräume ausnutzen!

In der Landtagsdebatte zur Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein (TOP 23, 30, 40 und 41) sagte der innen- und rechtpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Klaus-Peter Puls:

Für die SPD-Landtagsfraktion stehen in der Flüchtlingspolitik der humanitäre Aspekt und die Menschenwürde im Vordergrund. Dies bedeutet für uns, dass bei der Umset- zung des Aufenthaltsrechts selbstverständlich die Rechtsvorschriften eingehalten wer- den, dabei jedoch rechtliche Spielräume zugunsten der betroffenen Menschen ausgenutzt werden müssen. Dies gilt umso mehr, je stärker die Flüchtlinge in ihrer körperlichen Unversehrtheit und in ihrer persönlichen Freiheit betroffen sind.

Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung und speziell die zuständigen Ministe- rien im Verhältnis zu den vollziehenden Behörden die Erkenntnisse aus obergerichtli- chen Urteilen zum Aufenthaltsrecht und zur Abschiebungshaft nutzen und innerhalb des vorgegebenen, meist ja bundesrechtlichen Rahmens insbesondere für jugendliche und traumatisierte Flüchtlinge angemessene, verhältnismäßige, menschenwürdige behördliche Entscheidungen sicherstellen.

Die einschlägige Rechtsprechung spiegelt sich im aktuellen Erlass zur „Durchführung der Abschiebungshaft“ wider, den der Innenminister für die Ausländerbehörden am 25. Februar herausgegeben hat. Anlass für den Erlass waren nicht nur Änderungen im Bundesrecht, sondern auch kritische Anmerkungen unseres Flüchtlingsbeauftragten



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Wulf Jöhnk zur Verwaltungspraxis in Schleswig-Holstein. Für das Engagement des Flüchtlingsbeauftragten möchte ich mich namens meiner Fraktion ausdrücklich bedan- ken. Der Erlass stellt klar,

- dass nach dem Grundgesetz die Freiheit der Person nur aufgrund eines förm- lichen Gesetzes und unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen be- schränkt werden kann, - dass § 62 des Aufenthaltsgesetzes die einschlägige gesetzliche Grundlage für die Inhaftierung von Ausländern zur Vorbereitung einer Ausweisung oder zur Sicherstellung einer Abschiebung ist und - dass die Durchführung der Abschiebung in Schleswig-Holstein nach Maßgabe der dazu entwickelten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu erfolgen hat.

Der Erlass betont, dass Zweck der Abschiebungshaft stets nur die Sicherung des Voll- zugs einer rechtlich gebotenen Ausweisung oder Abschiebung sein kann und darf und dass die Abschiebungshaft weder Straf- noch Beugecharakter besitzt, sondern unter dem strengen Gebot der Verhältnismäßigkeit steht und sich des mildest möglichen Mittels zur Sicherung des Vollzugs in jedem Einzelfall zu bedienen hat:

- Bei schwangeren Frauen ist die bestehende Schwangerschaft besonders zu be- rücksichtigen. - Bei Müttern mit Kindern unter 10 Jahren sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ist von Abschiebungshaft abzusehen. - Bei Familien mit Kindern ist zu vermeiden, dass beide Elternteile gleichzeitig in Abschiebungshaft genommen werden. - Bei Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren darf ein Haftantrag in Abstim- mung mit der zuständigen Jugendbehörde nur gestellt werden, wenn die Haft zur Sicherung der rechtlich gebotenen Abschiebung „unabdingbar erscheint“. -3-



- Beachtlichen Vorträgen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen muss in je- dem Stadium der Abschiebung nachgegangen werden. - Das gilt auch für die ärztliche Begutachtung traumatisierter Flüchtlinge.

Für traumatisierte und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schlagen wir vertiefende Beratungen in den zuständigen Fachausschüssen des Landtages vor.

Den Antrag der Oppositionsfraktionen auf Änderung des Staatsangehörigkeits- rechts müssen wir leider ablehnen, obwohl er in Text und Begründung exakt die Grundposition der SPD-Landtagsfraktion wiedergibt. Auch wir kritisieren seit Jahren,

- dass das derzeitige deutsche Staatsangehörigkeitsrecht die Möglichkeit dop- pelter Staatsangehörigkeiten nur in Ausnahmefällen vorsieht und - dass Kinder ausländischer Eltern, die durch Geburt in Deutschland auch die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben, sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres entweder für die deutsche oder die Staatsangehörigkeit der Eltern entscheiden müssen.

Wir teilen die Auffassung, dass dieses sogenannte Optionsmodell – mit der Verpflich- tung zur ausschließlich einseitigen Orientierung bei Erreichen der Volljährigkeit – der Lebenswirklichkeit nicht entspricht: Ich selbst kenne persönlich viele Menschen mit Migrationshintergrund, die sich sowohl als Bürger unseres Staates sehen, in dem sie seit ihrer Geburt leben, die sich aber auch und gleichermaßen als Teil der Herkunfts- gesellschaft ihrer Eltern und Großeltern fühlen.

Als SPD setzen wir uns auch auf Bundesebene für eine Modernisierung des Staats- angehörigkeitsrechts ohne ideologische Vorbehalte ein. Es ist aber auch kein Ge- heimnis, dass es in den Regierungsfraktionen von CDU und SPD nicht nur auf Bun- desebene, sondern auch hier in Schleswig-Holstein gerade in der Ausländerpolitik -4-



nicht nur deckungsgleiche Grundpositionen gibt. In einer Koalition ist es naturgemäß nicht möglich, dass jede der beteiligten Parteien und Fraktionen jeweils komplett ihre eigenen Positionen in konkrete Politik umsetzt. Es ist uns leider nicht gelungen, die CDU-Fraktion von dem guten integrationspolitischen Ansatz des Oppositionsantrages zu überzeugen.

Deshalb würden wir dem vorliegenden Antrag zwar gern zustimmen, müssen ihn je- doch leider aus koalitionspolitischen Gründen ablehnen. Daran ändert auch der Antrag auf namentliche Abstimmung nichts. Denn wir sind andererseits fest entschlos- sen, unsere Arbeit in der große Koalition für bessere Bildungschancen, für Haushalts- konsolidierung, für überfällige Verwaltungsstrukturreformen gemeinsam mit der CDU bis 2010 fortzusetzen und nicht an dieser Stelle – trotz unvereinbarer Positionen in ei- ner Einzelfrage – die Koalition aufzukündigen, zumal es in dieser Frage gar keine lan- despolitische Kompetenz gibt, sondern eine bundesrechtliche Neuregelung erforderlich wäre, die angesichts der Mehrheitsverhältnisse auf Bundesebene zur Zeit ja auch gar nicht durchsetzbar wäre. 2009 im Bund und 2010 im Land werden möglicherweise neue Mehrheiten auch neue Akzente in der Ausländer- und Integrationspolitik ermögli- chen.

In diesem Zusammenhang, wie es die Grünen in einer Pressemitteilung getan haben, dem SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner „Unglaubwürdigkeit“ vorzu- halten, ist Unsinn: Stegners Werbung für ein verändertes Staatsangehörigkeits- recht und für die Abschaffung des Optionsmodells ist Werbung für die SPD-Position, die wir als Landtagsfraktion voll inhaltlich unterstützen.

Die Opposition sollte es unterlassen, in Einzelfragen unterschiedliche Positionen der Koalitionsfraktionen für untaugliche Spaltungsversuche zu nutzen. Die Versuche werden bis 2010 fehlschlagen.

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