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Dr. Henning Höppner zu TOP 17 + 21: Gesamtstundenzahl beibehalten, Unterricht anders verteilen
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 28.02.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 17 + 21, Abitur nach 8 Jahren + Ganztagsangebote an Gymnasien (Drucksachen 16/1852, 16/1911 und 16/1874)Dr. Henning Höppner:Gesamtstundenzahl beibehalten, Unterricht anders verteilenIn der Vergangenheit habe es Kritik an der im internationalen Vergleich langen Schul- zeit in Deutschland gegeben; vor diesem Hintergrund überrasche der derzeitige Me- dienhype um G8, führt der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Henning Höppner, aus. Es gebe keinen Spielraum, die Gesamtstundenzahl zu verrin- gern, vielmehr müsse der Unterricht anders verteilt werden, nämlich auch auf den Nachmittag. Dazu müssten mehr Gymnasien Ganztagsschulen werden. Im übrigen, so Höppner, haben Eltern in Schleswig-Holstein die Wahl zwischen dem Abitur nach 8 Jahren an Gymnasien oder nach 9 Jahren an GemeinschaftsschulenDie Rede im Wortlaut: Das Thema G8, also die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur um ein Jahr, erlebt zurzeit einen Medienhype. Das ist schon ein wenig überraschend, nachdem es in der Vergangenheit immer wieder Kritik daran gegeben hat, dass junge Deutsche nach ei- ner im internationalen Vergleich langen Schulzeit von 13 Jahren auf den Arbeits- markt bzw. an die Hochschulen kommen. Von Verschwendung von Lebenszeit war die Rede, von Benachteiligungen auf einem sich zunehmend globalisierenden Arbeits-Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-markt. Als wir vor gut einem Jahr das neue Schulgesetz beschlossen haben, hat die- ser Punkt in der öffentlichen Diskussion nur ganz am Rande eine Rolle gespielt.Es ist selbstverständlich klar, dass die Gymnasien, die einzige Schulart, die in ihrer Struktur erhalten bleibt, an diesem Punkt vor Herausforderungen steht. Dasselbe Un- terrichtsvolumen, das bisher in 9 Jahren erteilt werden musste, in 8 Jahre einzupas- sen, ist nicht einfach.Es ist nun schwierig, mit dem Wort „Entrümpelung der Lehrpläne“ zu operieren. Denn das würde ja bedeuten, dass die Lehrpläne, die bisher für 9 Jahre galten, beliebig viel „Gerümpel“ enthalten. Die meisten Betroffenen mögen das auch tatsächlich so sehen, aber versuchen Sie einmal, einen Konsens darüber herbeizuführen, in welchen Fä- chern welche Inhalte als „Gerümpel“ entbehrlich sind!Wir haben, wenn wir uns im Rahmen des Unterrichtsvolumens halten wollen und müs- sen, der von der Kultusministerkonferenz abgesteckt wurde, praktisch keinen Spiel- raum mehr, die Gesamtstundenzahl zu verringern. Es geht also um Organisation. Je- der weiß, dass sieben Stunden am Stück für Lehrende und Lernende gleichermaßen kaum durchzuhalten sind. Der Unterricht muss anders verteilt werden.Die großartigste Idee der letzten Tage kam aus Hamburg, wo die Schulsenatorin es al- len Ernstes als „Entlastung“ verkaufen wollte, den Sonnabend wieder zum Schultag zu machen. In diesem besonderen Fall hat Herr von Beust meine Unterstützung. Es kann doch nicht angehen, dass wir landauf, landab das Hohelied der Familie singen und sie dann zum Kollateralschaden von G8 machen! Die Begeisterung wäre sicher grenzenlos, wenn die Eltern im Regelfall eine Fünftagewoche haben, ihre Kinder aber eine Sechstagewoche. Das längere Ausschlafen und das gemeinsame Frühstück fin- den dann ausschließlich noch am Sonntag statt. Mit solchen Rezepten aus den 60er Jahren ist weder Bildungspolitik noch Familienpolitik erfolgreich zu gestalten. -3-Das bedeutet aber, dass ein Teil des Unterrichts auf den Nachmittag entfallen muss. Und das heißt für mich in erster Linie, dass die Gymnasien den Weg zur offenen Ganztagsschule weitergehen müssen. Auf diesem Weg sind sie ja auch ein großes Stück vorangekommen.Nach einer Übersicht arbeiten bereits 47 Gymnasien von insgesamt 99 als offene Ganztagsschulen, ein weiteres als gebundene. Die Ganztagsschul-Quote an den Gymnasien ist also bereits jetzt besonders hoch. Dazu hat auch und gerade das „In- vestitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung“ des Bundes mit 16 Millionen € den Grundstein gelegt. Im vergangenen Jahr wurde diese Summe durch 1,7 Millionen € aus Landesmitteln verstärkt. An Investitionsmitteln mangelt es also nicht. Eine ande- re Frage ist die nach Betriebskostenzuschüssen. Die geltende Richtlinie klammert die Gymnasien von der Zuwendungsfähigkeit aus.Sicher wäre es wünschenswert, auch die Gymnasien gleichrangig einzubeziehen. Aber die Betriebskostenzuschüsse müssen nach unserer Überzeugung schwerpunkt- mäßig da gebündelt eingesetzt werden, wo Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungs- und Förderbedarf unterrichtet und gefördert werden sollen. Und das heißt in erster Linie Schüler, die Förderschulen oder eine Schule besuchen, die zu ei- nem Hauptschulabschluss führt.Um es nochmals zu betonen: Es geht uns als Sozialdemokraten in keiner Weise dar- um, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer an den Gymnasien ge- gen diejenigen an den anderen Schularten auszuspielen. Wir wissen, dass an unseren Gymnasien eine sehr erfolgreiche Arbeit geleistet wird, was sich ja auch in guten Re- sultaten beim PISA-Ländervergleich niedergeschlagen hat. -4-Ebenso nehmen wir mit Respekt zur Kenntnis, dass der Philologenverband das neue Schulgesetz zwar deutlich und klar kritisiert, sich gleichzeitig aber einer Mitarbeit unter den Rahmenbedingungen dieses neuen Gesetzes nicht verweigert.Ich will überhaupt nicht ausschließen, dass wir in der Zukunft, im Zusammenhang mit der Umsetzung von G8 zu einer Öffnung der Förderrichtlinie kommen, wenn die dringenderen Bedarfe an anderen Schularten befriedigt sind.Die Erfahrungsberichte aus anderen Bundesländern, die, wie wir hören, demnächst in einem Bericht der Kultusministerkonferenz zusammengefasst werden sollen, sind ja keineswegs einheitlich. Es gibt Erfahrungen, die besonders jetzt in der Presse hoch- gezogen werden, die den Eindruck erwecken, als hätten 13-jährige Schüler bereits jetzt eine längere Arbeitswoche als ihre Eltern, und es gibt ebenso die Erfahrungen – die in den Medien derzeit nur am Rande zu finden sind -, dass G8 sich bewährt hat und eben nicht, wie mitunter befürchtet, zu mehr drop-out geführt hat.Wir werden deshalb dem Antrag der GRÜNEN nicht zustimmen und beantragen, dass die Landesregierung uns einen Bericht über die Erfahrungen der Modellschulen vorlegt, die den Grundstein dafür gelegt haben, dass wir im Schulgesetz generell auf G8 übergegangen sind. Dazu gehört auch eine Darlegung, welche Spielräume die Schulen bei der Umsetzung der Gesamtstundenzahl von 265 Stunden bis zum Abitur haben.Und lassen Sie mich noch einen zentralen Aspekt unterstreichen: Wenn Eltern die Be- fürchtung haben, dass ihr Kind den Belastungen von G8 nicht gewachsen ist, und wenn sie sich stattdessen lieber für den längeren Bildungsweg entscheiden wollen, haben sie dafür künftig in fast allen Landesteilen mit der Gemeinschaftsschule eine Al- ternative, bei der es weiterhin bei G9 bleiben wird. Mehr Elternwahlrecht geht gar nicht, jedenfalls dann, wenn alle kommunalen Schulträger ihre Pflicht erfüllen. -5-Wir sehen dem Bericht der Landesregierung mit Interesse entgegen und sollten diesen dann im Bildungsausschuss vertieft diskutieren.