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Astrid Höfs zu TOP 45: Die Kommunen müssen jetzt Betreuungsplätze schaffen
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 29.02.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 45, Ausbau U 3 – Krippenfinanzierung (Drucksache16/1849)Astrid Höfs:Die Kommunen müssen jetzt Betreuungsplätze schaffenDie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Unterstützung der Familien sowie den eigenständigen Bildungsauftrag der vorschulischen Betreuungseinrichtun- gen nennt Astrid Höfs als Argumente für den Ausbau der Kinderbetreuung. Da- bei bedeutet Bildung auch den Erwerb kognitiver und sozialer Kompetenzen. Al- lein die Kindertageseinrichtungen müssen um etwa 7.600 Plätze verstärkt wer- den, die Tagespflegeplätze um fast 3.900, um den Versorgungsgrad von 35 % bis 2013 zu erreichen. Bund und Länder haben ein Investitionsprogramm Kin- derbetreuungsfinanzierung vereinbart. Das Land wird den kommunalen Trägern die 136 Mio Euro, die der Bund für Schleswig-Holstein aufbringt, vollständig wei- terreichen. Höfs fordert die Kommunen auf, endlich für die erforderlichen Betreu- ungsplätze sorgen. Die Nachfrage ist vorhanden, und Krippenplätze sind eine In- vestition für die Zukunft und ein bedeutender Standortfaktor.Die Rede im Wortlaut: Nicht nur die Parlamente auf Bundes, Landes- und Gemeindeebene, sondern unsere Gesellschaft setzt mit immer größerer Regelmäßigkeit das Thema „Kin- dertagesstätten“ und „Kinderkrippen“ auf die Tagesordnung. Das ist auch richtigHerausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-so, und es war mit Sicherheit keine Luxusentscheidung der sozialdemokrati- schen Landesregierung nach 1988, einen Schwerpunkt auf die Bedarf deckende Versorgung mit Plätzen in Kindertagesstätten zu setzen, sodass wir heute eine Versorgungsquote von etwa 96 % haben.Die klassischen Argumente für den Ausbau der Kinderbetreuung waren die Ver- einbarkeit von Familie und Beruf und die Unterstützung der Familien. Aber in den letzten Jahren hat sich ein dritter Aspekt in den Mittelpunkt geschoben, nämlich der eigenständige Bildungsauftrag der vorschulischen Betreuungsein- richtungen. Dabei ist Bildung natürlich mehr als die bloße Vermittlung von Infor- mationen. Der Erwerb kognitiver und sozialer Kompetenzen ist genauso wichtig.Die Verbesserung der Bildung auf allen Levels ist ein ganz neutraler Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Gerade für Kinder aus bildungsfernen Schichten und Kinder mit Migrationshintergrund ist es entscheidend, dass sie schon in der Kin- derkrippe im Umgang mit anderen Kindern ihre Deutschkompetenz ausbauen und so gar nicht erst Bedarf nach Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung haben. Denn – oft genug zitiert – dank PISA-Studie wissen wir, wie sehr Bil- dungsarmut aufgrund sozialer Selektion vererbt wird.Unser Ziel ist ehrgeizig: Allerspätestens bis 2013 sollen flächendeckend in Deutschland für mindestens 35 % aller Kinder unter drei Jahren Betreuungsplät- ze angeboten werden, sei es in Tagespflege, sei es in Kindertageseinrichtungen. Ab 2013 wird es darauf einen Rechtsanspruch geben. Dieser von uns Sozialde- mokraten und Sozialdemokratinnen durchgesetzte Rechtsanspruch auf Bil- dung und Betreuung ist richtig und wichtig – wenn auch zu spät für die jetzigen Kleinen. Ein bedarfsgerechter Ausbau der Betreuungsplätze ist offensichtlich nur mit einem Rechtsanspruch erreichbar. -3-Ich will auch nicht verschweigen, dass es in der Gerechtigkeitsdebatte unter- schiedliche Ansätze gibt. Die Koalition in Berlin hat sich auf die Einführung eines Betreuungsgeldes ab 2013 für Eltern geeinigt, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen oder müssen. Dabei gilt, dass der Bundestag in der kommenden Legisla- turperiode auch eine andere Entscheidung treffen kann. Wir akzeptieren diesen Kompromiss, der uns grünes Licht für die Umsetzung des Bundesprogrammes zum Ausbau der Betreuungsplätze gibt.Es ist nichts Neues, dass wir Sozialdemokraten von dieser Leistung nicht viel halten. Es geht aus unserer Sicht vorrangig darum, die bisherige Gerechtigkeits- lücke zu schließen, die zu Lasten derer besteht, die aus wirtschaftlichen Grün- den gar nicht die Möglichkeit haben, zu Hause zu bleiben. Wer in dieser Frage eine Wahlfreiheit hat, wird ja ohnehin u. a. durch das Ehegattensplitting geför- dert, das Alleinverdiener-Ehepaare bevorteilt und den Staat jährlich mehrere Mil- liarden Euro kostet.Das Betreuungsgeld wird nach den bisherigen Berechnungen 2 bis 2,7 Milliar- den Euro kosten, die ich lieber für ein quantitativ wie qualitativ besseres Betreu- ungsangebot anlegen würde, oder darüber hinaus für die grundsätzliche Sen- kung der Gebührensätze, kostenfreie Verpflegung bis hin zur gänzlichen Kos- tenbefreiung.Im März vergangenen Jahres waren 5.890 Kinder unter drei Jahren in Betreu- ung. Das sind knapp 400 mehr als ein Jahr zuvor. Dieses Wachstum reicht also bei weitem nicht aus, um bis 2013 auf die dann erforderlichen 17.000 Plätze zu kommen. Allein die Kindertageseinrichtungen müssen um etwa 7.600 Plätze ver- stärkt werden, die Tagespflegeplätze um fast 3.900 vermehrt werden. 35 % Ver- sorgungsgrad ist die Zahl, die angenommen wird, um den im Tagesbetreu- ungsausbaugesetz von 2004, das unter der Verantwortung von der früheren Fa- -4-milienministerin Renate Schmidt entstanden ist, festgeschriebenen Anspruch auf ein bedarfsgerechtes Angebot in Betreuungseinrichtungen umzusetzen.Das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) verpflichtet die Kommunen bereits seit Januar 2005 zu einem Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Doch bisher ist leider viel zu wenig in den Kommunen geschehen. Sie sind den Anforderungen bisher nicht nachgekommen. Lediglich 8 % der Kinder unter drei Jahren werden in Schleswig-Holstein entweder in einer Krippe oder bei Tagesmüttern betreut.Bund und Länder haben deshalb vereinbart, bis zum 1. Oktober 2010 einen Ver- sorgungsgrad von etwa 17 % zu schaffen und diesen in den darauf folgenden Jahren erneut zu verdoppeln. Bund und Länder haben für den Zeitraum 2008 bis 2013 ein Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung vereinbart. Der Bund bringt in dieses Sondervermögen einen Finanzierungsanteil von 2,15 Mrd. Euro ein. Die Landesregierung wird bis zum Jahr 2013, um das Ziel von 35 % Versorgungsquote zu erreichen, insgesamt 113 Mio Euro einbringen müssen. Das sind angesichts unserer Haushaltslage wirklich keine Peanuts.Das Land wird den kommunalen Trägern die 136 Mio Euro, die der Bund für Schleswig-Holstein aufbringt, vollständig weiterreichen. Davon entfallen 74 Mio Euro auf Investitionsmittel. 62 Mio Euro sind für Betriebskosten vorgesehen. Die Investitionsmittel stehen bereits im laufenden Jahr zur Verfügung, Bund und Land werden in die Betriebskosten ab dem kommenden Jahr einsteigen.Erfreulich ist in jedem Falle, dass erreicht werden konnte, dass der Bund sich nicht wie ursprünglich geplant nur an den Investitionskosten beteiligt. Ohne eine Beteiligung an den laufenden Kosten wäre niemandem wirklich geholfen, denn den Löwenanteil stellen nun mal die Personal- und somit die Betriebskosten. -5-Wir gehen davon aus, dass 30 % der erforderlichen Betreuungsplätze in der Ta- gespflege entstehen werden. Das ist in einem Land mit einer zum Teil sehr kleinteiligen Siedlungsstruktur wie in Schleswig-Holstein erforderlich, da bei wei- tem nicht jede Familie in kleinen Orten eine Kindertagesstätte in Reichweite hat. Hieran hängt natürlich immer die Frage von Standards und Qualifikation. Die Tagesmütter und hoffentlich auch die Tagesväter sollen in insgesamt 80 Einrich- tungen landesweit ausgewählt, vermittelt, fachlich begleitet und weiterqualifiziert werden. Schon jetzt findet in Familienbildungsstätten und Familienzentren diese Ausbildung erfolgreich statt.Es ist alles gut vorbereitet. Nun ist es wirklich an der Zeit, dass die Kommunen endlich für die erforderlichen Betreuungsplätze sorgen. Der Bedarf ist in jedem Falle da, die Nachfrage vorhanden. Viel zu oft fragen junge Eltern ohne Erfolg nach Betreuungsplätzen für ihre Kinder unter drei Jahren und kommen so in ganz problematische Situationen, wenn es gilt, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Es ist mir einfach unbegreiflich, dass die kommunalen Politiker und Politikerinnen lieber zusehen, wie ihre Kindertagesstätten leer laufen, anstel- le sich für Krippenplätze in ihren Einrichtungen stark zu machen. Krippenplätze sind eine Investition für die Zukunft und für die Kommunen ein bedeutender Standortfaktor, der immer mehr ins Gewicht fällt.Abschließend bedanke ich mich bei der Bildungsministerin und ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für den Bericht, den wir in den Bildungsausschuss, mitbera- tend in den Sozialausschuss und Finanzausschuss überweisen wollen.Die Landesregierung sollte über die Umsetzung dieses Programms regelmäßig zumindest in den Ausschüssen berichten.