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29.02.08 , 12:35 Uhr
FDP

Heiner Garg: Der Schaden durch Schwarzarbeit ist enorm!

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 079/2008 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Kiel, Freitag, 29. Februar 2008 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Sperrfrist: Redebeginn Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort!
Wirtschaft/Schwarzarbeit
Heiner Garg: Der Schaden durch Schwarzarbeit ist enorm! In seinem Beitrag zu TOP 13 (Schwarzarbeit in Schleswig-Holstein) sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:
„Am 4. September 2007 hat meine Fraktion eine Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Wir wollten zum einen wissen, wie hoch der Umfang von Schwarzarbeit in Schleswig-Holstein ist. Auch interessierte uns, wie hoch der volkswirtschaftliche Schaden von Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft ist, der durch die Steuerhinterziehung verursacht wird. Genauso wollten wir wissen, welche Maßnahmen insbesondere die Landesregierung zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ergriffen hat und weiterhin ergreifen wird. Heute, am 29. Februar 2008 haben wir die Gelegenheit hier im Plenum über dieses Thema zu beraten. Und ich bedanke mich bei der Landesregierung für die ausführliche Beantwortung. Vielleicht ist es ganz passend, dass wir heute darüber debattieren, denn dieses Thema ist offenbar gerade hochaktuell. Bereits am Mittwoch in der aktuellen Stunde haben wir über Steuerhinterziehung gesprochen, über Steuerfahnder und über Moral. Auch wenn sich das Interesse von Steuerfahndern und Öffentlichkeit gerade auf die „großen Fische“ konzentriert: Der größte Teil der in Deutschland hinterzogenen Steuern geht auf das Konto von unteren und mittleren Einkommen. Der Linzer Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider hat errechnet, dass Bürger mit einem Monatseinkommen von bis zu 4000 Euro 12 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr an der Steuer vorbeischleusen, den Großteil davon durch Schwarzarbeit. Der volkswirtschaftliche Schaden der Schwarzarbeit in Form von Steuerausfällen, fehlenden Zuflusses in die Sozialversicherung und Gefährdung von Arbeitsplätzen rechtmäßig Beschäftigter ist beträchtlich. Nach den Berechnungen von Professor Schneider waren es 1975 in Deutschland noch 59 Milliarden oder 5,75 Prozent des BIP, 2007 bereits 348 Milliarden Euro, bzw. 14,7 Prozent des BIP. Legt man zu Grunde, dass der Anteil Schleswig-Holsteins am BIP Deutschlands derzeit 3,03 Prozent beträgt, so ist Schleswig-Holstein durch die Schwarzarbeit im Jahr 2007 ein volkswirtschaftlicher Schaden von enormen 10,57 Milliarden Euro entstanden. „Schattenwirtschaft stellt ein ernstes Problem dar. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gefährden legale Beschäftigungsverhältnisse und Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 verhindern die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Es entstehen massive Wettbewerbsverzerrungen und gesetzestreue Unternehmen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden geschädigt. Zudem führt ein hohes Ausmaß an Schattenwirtschaft zu einer Erosion der Einnahmebasis der Sozialversicherungsträger und öffentlicher Haushalte.“ So beginnt die Landesregierung in Ihrer Antwort auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion. Und ich bin der Landesregierung außerordentlich dankbar für diese Einschätzung, denn ich teile sie uneingeschränkt.
Lassen Sie mich auf einige Punkte in der Beantwortung unserer Großen Anfrage eingehen, die ich besonders spannend finde. In Frage 1.8 wollten wir wissen, welche konkreten Probleme durch die Schwarzarbeit die Landesregierung für das Handwerk in Schleswig-Holstein sieht und was sie tut, um das Handwerk zu unterstützen. Antwort: Keine. Was heißt das? Sieht die Landesregierung keine Probleme? Sieht die Landesregierung keine Möglichkeit der Unterstützung? Hier hätte ich schon eine Antwort erwartet. In Frage 1.9 wollten wir den Zusammenhang zwischen den staatlichen Sozialleistungen und der Tendenz zur Schwarzarbeit dargestellt haben. Antwort: Gibt es nicht. Mit Verlaub: Das glaube ich nicht. Es ist doch ein offenkundiges Problem, dass gerade weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte für jeden Euro, den sie mehr verdienen, zu viel an Steuern und Abgaben zu leisten haben. Dem ökonomischen Prinzip folgend findet eine Abwägung statt zwischen ALG-II plus Schwarzarbeit und regulärer Beschäftigung plus enormer Abzüge vom Bruttolohn. Wenn jemand sich für ersteres entscheidet, dann ist das eine Straftat – aber ökonomisch rational. Oder anders formuliert: Wer die Steuern und Abgaben so drastisch erhöht, der braucht nicht über einen Boom der Schattenwirtschaft zu staunen. Ich wundere mich, dass die Landesregierung dieses Problem nicht sieht und insbesondere hier auch keinen Handlungsbedarf sieht.
In unserem zweiten Fragekomplex wollten wir schließlich über die Aktivitäten auf den verschiedenen Verwaltungsebenen informiert werden. Kurz zusammengefasst war die Antwort: Auf Bundesebene wurde lange so gut wie gar nichts getan, außer die Bürger zu sensibilisieren, Steuerhinterziehung durch Schwarzarbeit doch bitte nicht als Kavaliersdelikt zu betrachten, die Landesebene tut gar nichts und für die Kommunen lohnt es sich nicht, etwas zu tun, weil sie davon nichts haben. Bis zum 31.12.2003 war die Bundesagentur für Arbeit für die Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständig. Die Bilanz? Gibt es nicht. Es gibt schlicht keine Daten und Auswertungen über deren Tätigkeit. Seit dem 1.1.2004 ist nun der Zoll, in Schleswig-Holstein also die Hauptzollämter Itzehoe und Kiel, zuständig. Erste Daten für das Jahr 2006 lassen immerhin hoffen, dass der Zoll diese Aufgabe ernster nimmt als die Bundesagentur für Arbeit. Es wurde die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) gegründet. Doch auch wenn die Mitarbeiter in der Schattenwirtschaft fündig werden, ist der angerichtete Schaden in aller Regel kaum zu reparieren. So hatte die FKS zum Beispiel im Zeitraum zwischen 2005 und dem ersten Halbjahr 2006 im gesamten Bundesgebiet nicht gezahlte Sozialversicherungsbeträge im Umfang von 402 Millionen Euro ermittelt. Aber nur fünf bis zehn Prozent davon konnten nach Angaben des Bundesrechnungshofs nachträglich eingetrieben werden. In vielen Fällen waren die Betriebe insolvent. Eine ähnliche Entwicklung verzeichnen die Finanzprüfer bei Steuerausfällen und festgesetzten Strafzahlungen. Von den im Jahr 2005 verhängten Geldbußen in Höhe von 67,1 Millionen Euro habe der Bund im selben Jahr lediglich 7,5 Millionen Euro erhalten. Den 2006 festgesetzten Geldbußen im Umfang von 46,4 Milliarden Euro standen Einnahmen von nur 9,7 Millionen Euro gegenüber. Erfolg sieht Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 sicherlich anders aus. Auf Landesebene ist durch die allgemeine Finanzsituation der Personaleinsatz in den Behörden drastisch reduziert worden. Fast alle Ermittlungsgruppen des Landes sind aufgelöst worden und werden von Verwaltungsmitarbeitern im Grunde nur noch nebenbei erledigt. Wenn die Anzahl der Landesermittler zurückgeht und die Anzahl der Verfahren durch die Tätigkeit des Zolls zunimmt, dann ist es nicht überraschend, dass die Effizienz der Ermittler auf dem Papier steigt. Nur sagt dies aber auch rein gar nichts mehr aus. Und die Kommunen beklagen sich zu Recht darüber, dass ihre Ermittlungen oft dazu führen, dass zunehmend Rechtsmittel eingelegt werden und die Buß- und Ordnungsgelder dann der Justizkasse zufließen und nicht der Kommune. Nachvollziehbar, dass für die Kommunen somit kaum ein Anreiz besteht, Schwarzarbeit aufzudecken.
Doch der Aufklärungsbedarf ist weiterhin da – und er wird meiner Ansicht nach auch zunehmen. Denn die Schattenwirtschaft und die Schwarzarbeit in Deutschland werden in den nächsten Jahren massiv zunehmen, wenn die Bundesregierung ihre derzeit geplanten Arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen durchsetzt. Da ist zum einen der flächendeckende Mindestlohn. Nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln könnten bei einem flächendeckenden Mindestlohn von 7,50 Euro bis zu 1,6 Millionen Jobs in die Schattenwirtschaft abwandern, was deren Wertschöpfung um bis zu 25 Milliarden steigern würde. Denn wenn die Frisur wegen der höheren Löhne nicht mehr für 10 Euro zu haben ist, dann lassen viele Leute die Haare ganz einfach schwarz schneiden. Und ein Blick zurück zeigt, dass wir genau das alles schon erlebt haben. Nicht zuletzt um Konkurrenz aus dem Ausland abzublocken, wurden bereits Mitte der Neunziger Jahre Mindestlöhne in der Bauwirtschaft vereinbart. Sie wurden so hoch angesetzt, dass sie zu Lasten der mittelständischen Bauunternehmen im Inland gingen. Zudem entstanden starke Anreize, die Mindestlöhne zu unterlaufen, indem etwa nicht die gesamte geleistete Arbeitszeit entlohnt wurde – was nichts anderes als Schwarzarbeit ist. In nicht unerheblichem Maße findet seitdem Wettbewerb mit illegalen Mitteln statt. Gerade haben Unternehmerverbände der Bauwirtschaft dies eingestanden, indem sie über eine unzureichende Einhaltung der Mindestlohnregelungen klagten – und sie forderten verstärkte staatliche Kontrollen. Womit wir beim nächsten geplanten Gesetzesvorhaben der Bundesregierung wären: Der Ausweitung des Arbeitnehmer- Entsendegesetzes auf bis zu zehn weitere Branchen. Mit diesem Vorhaben würde sich der Anwendungsbereich des Gesetzes gemessen an der Beschäftigtenzahl versechsfachen. Um die Einhaltung der Mindestlöhne zu kontrollieren, wäre ein gigantischer Verwaltungsaufwand erforderlich. Denn das Abwandern vieler Tätigkeiten in die Schattenwirtschaft müsste nun kontrolliert werden. Und dieser Aufwand wäre exorbitant hoch. Derzeit sind deutschlandweit rund 7.000 Fahnder der Finanzkontrolle Schwarzarbeit im Einsatz. Diese verursachen Kosten von rund 500 Mio. Euro pro Jahr. Würde die Zahl der Fahnder ebenso versechsfacht, wie die Beschäftigtenzahl des neuen Anwendungsbereiches, dann kämen auf den Steuerzahler Kontrollkosten von 3 Milliarden Euro zu.
Das Problem der Schwarzarbeit wurde von der Landesregierung erkannt. Maßnahmen die zur Lösung des Problems beitragen, habe ich in der Beantwortung unserer Großen Anfrage allerdings nicht gefunden. Was werden Sie also konkret unternehmen? Für die FDP-Fraktion steht jedenfalls fest: Schwarzarbeit bekämpft man am wirksamsten mit niedrigen Steuern und geringen Lohnzusatzkosten“ so Garg abschließend.
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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