Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

28.05.08 , 12:27 Uhr
B 90/Grüne

Angelika Birk zur Ausstattung des verkürzten gymnasialen Bildungsgangs

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 15 – Belastungs- und qualitätsgerechte Ausges- Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel taltung des verkürzten gymnasialen Bildungsganges (G 8) Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Dazu sagt die bildungspolitische Sprecherin E-Mail: presse@gruene.ltsh.de der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Internet: www.sh.gruene-fraktion.de
Angelika Birk: Nr. 191.08 / 28.5.2008

Abitur nach acht Jahren: Um die finanzielle Basis mogelt sich die Landesregierung herum
Die Elternvertretungen der Gymnasien fordern: „Mehr Lehrer für unsere Kinder, Bildung ist Zu- kunft!“ In den letzten 13 Jahren ist laut Zahlen der Elternvertretung die Schülerzahl an Gymna- sien um 41 Prozent, in der Sekundarstufe I sogar um 42 Prozent gestiegen.
Die Zahl der Lehrerplanstellen an Gymnasien ist im Gegensatz zu den Schülerzahlen jedoch nur um neun Prozent gestiegen. Allein vom letzten zu diesem Jahr hat sich die Quote Schülerzahl pro Vollzeitlehrerstelle an Gymnasien von 18,3 auf 18,6 verschlechtert.
Besonders krasse Beispiele: In Itzehoe, an der Kaiser-Karl-Schule, Steigerung der Schülerzahlen um 30 Prozent, Abnahme der Lehrerstellen um 7,4 Prozent, oder Auguste Viktoria Schule 71 Prozent mehr SchülerInnen, aber nur 23 Prozent mehr Lehrkräfte. In Elmshorn an der Bismarck- schule fehlen von 70 Planstellen 27. Die zusätzlich für die Gymnasien genehmigten Stellen wer- den durch die Rückzahlung der Vorgriffstunden wieder weitgehend neutralisiert.
Wir begrüßen, dass mehr Jugendliche höhere Bildungsbeschlüsse und in jüngerem Lebensalter erreichen und solange das mehrgliedrige, sozial hierarchische Schulsystem existiert, wollen die meisten Eltern ihr Kind am liebsten am Gymnasium sehen. Das ist verständlich.
Und so werden Gymnasien auch siebenzügig wie in Uetersen. Dort wurde uns LandespolitikerIn- nen sehr anschaulich demonstriert, dass die Gruppenräume für die Oberstufe, gebaut für Lern- gruppen um 16 SchülerInnen, für Lerngruppen von 29, wie sie der Klassenteiler für die Profil- oberstufe vorsieht, rein physisch nicht ausreichen.
Das Gymnasium am Mühlenberg in Ostholstein zitiere ich stellvertretend für all jene, die seit Jah- ren mehreren Klassen in der Sekundarstufe eins keinen festen Klassenraum anbieten können. Die Zulassung von so genannten Wanderklassen müssen den Schulträgern untersagt und sie zur umgehenden Abhilfe veranlasst werden. Denn der ständige Umzug ganzer Klassen unterminiert die Pädagogik, ebenso wie ein hungriger Magen im Ganztagsunterricht, wenn der Mittagstisch fehlt.
Erfreulich, dass inzwischen auch Gymnasien da und dort von den Bundesmitteln des Ganztags- programms profitierten und zwei Drittel aller Gymnasien sich inzwischen um einen Schülermit- tagstisch bemühen. 1/2 Dies geschieht jedoch in der überwiegenden Mehrheit der Fälle bisher buchstäblich auf kleiner Flamme mit viel Ehrenamt in unzulänglichen Räumen. All dies wird der Dimension eines zuneh- menden Ganztagsbetriebs für alle SchülerInnen, wie er durch eine achtjährige Gymnasialzeit entsteht, nicht gerecht.
Wir haben daher schon auf Initiative der Grünen im frühen Frühjahr dieses Jahres eine Debatte zu diesem Thema im Landtag geführt.
Gleichzeitig weisen wir aber auch nachdrücklich darauf hin, dass uns die Zahlen des Ministeri- ums sagen: Die Gymnasien haben eine bessere Lehrer- und Raumversorgung als die neuen Gemeinschaftsschulen und alle anderen Schulen mit Ausnahme der Gesamtschulen. Das heißt, eine Lösung für die Gymnasien kann keinesfalls auf Kosten anderer weiterführender Schularten erfolgen. Inzwischen konfrontieren uns zu Recht die Elternbeiräte aller Schularten mit konkreten Forderungen nach mehr Lehrerstellen. In der Debatte heute früh haben wir deutlich gemacht, dass wir eine Anhebung der Gemeinschafts- und Regionalschulen auf die Unterrichtskapazitäten des Gymnasiums als ersten Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit sehen, aber keineswegs als den letzten.
Wir Grünen haben dabei in unseren Forderungen immer zwischen der Sekundarstufe I und II un- terschieden. Für die gymnasiale Oberstufe geben deutsche Schulen mehr Geld als für die Schü- lerInnen anderer Schularten und Schulstufen. Das ist ungerecht. Hier halten wir größere Lern- gruppen für gerechtfertigt. In der Sekundarstufe I wollen wir für alle Schularten vergleichbare Rahmenbedingungen, die nur nach dem Förderbedarf der Schülerschaft unterscheiden und nicht nach überkommenen Schulhierarchien.
Wir hatten nun zum Thema Umsetzung des G 8 Gymnasiums im Landtag vom Ministerium, an- gesichts der konkret vorgetragenen Missstände, genaue Zahlen erwartet – und ein Zukunftssze- nario. Der Bericht des Ministeriums bleibt jedoch sehr allgemein und verweist auf die größere Flexibilität und Autonomie, die es den Schulen eingeräumt hat, auch durch Kontingentstundenta- fel und Epochenunterricht. Letzteres hatten wir gefordert.
Allerdings wirkt diese Flexibilität angesichts des eklatanten Mangels leicht zynisch. Denn Mangel- fächer laufen auf diese Weise durch die Kontingentstundentafel Gefahr, fast oder ganz zu ver- schwinden, sogar, ohne dass dies ans Ministerium als Mangel rückgemeldet werden muss.
Der Landesrechungshof hat zu Recht die Unterversorgung in Fächern wie Physik, Technik, Sport und vor allem Musik scharf kritisiert. Diese Fächer haben vielfach Orchideenstatus, ähnlich wie das sich trotz seiner positiven Wirkung auf das ganze Schulleben nur mühsam etablierende Dar- stellende Spiel oder das Fach Medien- und Filmkunde. Solche Fächer sind aber für die Allge- meinbildung, die Entdeckung von Begabungen und Neigungen, sowie die Persönlichkeitsent- wicklung und für die Leistungssteigerung in anderen Fächern genauso existenziell, wie die so genannten Kernfächer.
Weitere Kritik der Eltern, Schüler- und Lehrerschaft: Die Profiloberstufe zeigt in den allermeisten Fällen genau zwei Standardprofile. An mehreren Schulen in Schleswig Holstein kommt aufgrund unrealistischer Auflagen zum Beispiel kein ästhetisch-musisches Oberstufenprofil zustande, so- gar an denjenigen Gymnasien nicht, die gerade diese Bildung vom fünften Schuljahr an systema- tisch pflegen. Hier haben pragmatisch einige Schulen die Kombination von zwei Profilen in einem Klassenverband vergleichsweise preisgünstig vorgeschlagen. Wir erwarten, dass die Ministerin möglichst rasch auf diese Vorschläge reagiert, damit die Schulen das nächste Schuljahr in die- sem Sinne vorbereiten können.
Der interessante Anhang im Bericht der Landesregierung über Vergleichszahlen anderer Bun- desländer ersetzt nicht die Notwendigkeit, landeseigene Zahlen und Planungen zur weiteren Fi- nanzierung des achtjährigen Abiturs vorzustellen. Denn hier gilt, wie sonst in der Schulreform auch: Der Übergang kostet erst einmal mehr Geld. ***

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen