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Ekkehard Klug: Gesamtkonzept für Menschen mit Behinderungen steckt noch in den Kinderschuhen
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 157/2008 Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Mittwoch, 28. Mai 2008 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdLEs gilt das gesprochene Wort!Soziales/Menschen mit BehinderungenEkkehard Klug: Gesamtkonzept für Menschen mit Behinderungen steckt noch in den Kinderschuhen In seinem Redebeitrag zu TOP 8 (Situation von Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein) sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Dr. Ekkehard Klug:„Der Anspruch der Großen Anfrage der CDU ist hoch: Die vorgelegten Fragen zur Situation von Menschen mit Behinderungen decken einen weiten Teil des gesellschaftlichen Lebens in Schleswig- Holstein ab. Neben der allgemeinen statistischen Abfrage darüber, z.B. wie viele Menschen mit Behinderung überhaupt in Schleswig-Holstein leben, werden ganz konkrete Fragen zu Angeboten von Einrichtungen der Eingliederungshilfe, zu Kindern mit Behinderungen in Kindertagesstätten und Schulen, Ausbildungsmöglichkeiten, von Sportangeboten bis hin zur Barrierefreiheit gestellt.Mit dieser Großen Anfrage hätten wir eine zusammenfassende Dokumentation darüber erhalten, wie die Situation von Menschen mit Behinderungen in Schleswig-Holstein ganz konkret aussieht. Über eine reine Bestandsaufnahme hinaus hätten wir Auskunft darüber erhalten, wie von Seiten der Politik Rahmenbedingungen gestaltet werden müssen. Dafür brauchen wir eine solide Ausgangsbasis. Das schließt mit ein, Schwächen schonungslos aufzudecken, um diese dann mit den Instrumenten, die der Politik zur Verfügung stehen, zu beheben.Die Antworten der Landesregierung machen ein grundlegendes Dilemma deutlich:Die notwendigen Aussagen zu vielen Themenbereichen, die in dieser Großen Anfrage abgefragt werden, können nur die Kreise und kreisfreien Städte treffen. Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2Leider sehen diese sich nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten – selbst, wenn es um bewertende Aussagen oder entsprechende Prognosen geht1.Die Antworten der Landesregierung sind deshalb nur fragmentarisch ausgefallen.Das ist zu wenig im Hinblick darauf, dass die Zahl der Menschen mit Behinderungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist und wir Antworten darüber finden müssen, wie wir diese Menschen, die auch immer älter werden, vor Ort besser in das gesellschaftliche Leben einbinden können.Bei allem Verständnis für die Situation der Kommunen, die in der letzten Zeit durch politische Entscheidungen besonders gebeutelt worden sind: Der Diskussion darüber, wie die Situation von Menschen mit Behinderungen in Schleswig-Holstein tatsächlich ist, haben sie einen Bärendienst erwiesen.Wenn die Zahl der Leistungsempfänger der Eingliederungshilfe im Zeitraum von 2002 bis 2006 um 11,9% gestiegen ist2 und weiter steigen wird, müssen die Kommunen eine Antwort darauf finden, welche Unterstützungsangebote dieser Personenkreis3 erhalten soll. Mit der in der Vergangenheit gegebenen Antwort, lediglich Leistungen aus reinem Kosteninteresse drücken zu wollen, werden die Kommunen künftig nicht sehr weit kommen.Insoweit hätten wir uns natürlich gewünscht, wenn die Kommunen aktiv mit ihren Antworten dazu beigetragen hätten, die künftige Politik für Menschen mit Behinderungen in Schleswig-Holstein zu beeinflussen.Um einzelne Aspekte herauszugreifen:Aus den Antworten wird deutlich, dass das von der Opposition im bereits Dezember 2005 eingeforderte Gesamtkonzept für eine Politik für Menschen mit Behinderungen4 noch in den Kinderschuhen steckt. Auch, wenn die Sozialministerin mit sehr viel Verspätung ein eigenes Gesamtkonzept vorgelegt hat – bisher beschränkt sich dieses Konzept in der konkreten Umsetzung noch auf zu wenige Teilbereiche. Die Chance, im Kapitel zur Behindertenpolitik als Querschnittsaufgabe5 eine entsprechende Darstellung über den aktuellen Umsetzungsstand vorzunehmen, wurde an dieser Stelle verpasst. Insoweit besteht die Befürchtung, dass die Landesregierung – allen Konzepten zum Trotz - immer noch keine klare Vorstellung darüber hat, wohin die Reise gehen soll.So ist es aus unserer Sicht zu spät, wenn erst jetzt das Bildungsministerium im Hinblick auf die Umsetzung des Gesamtkonzeptes in Kindertagesstätten und Schulen einbezogen werden soll. Warum nicht von Anfang an? Macht doch die Antwort der Landesregierung zur Schulassistenz6 deutlich, dass das Ministerium bisher vollständig im Dunkeln darüber tappt, wo Schulassistenten überhaupt verwendet werden. Und das liegt sicherlich nicht nur daran, dass von den Kommunen keine weiteren Angaben dazu machen konnten oder wollten.Die Herstellung von Barrierefreiheit wird Angesichts der demografischen Entwicklung immer wichtiger.1 Vorbemerkung der Landesregierung, S. 4 der Großen Anfrage, Drs.: 16/1846 2 Antwort zu Frage 4a, S. 13 der Großen Anfrage, Drs.: 16/1846 3 Der Anteil an der Gesamtbevölkerung Schleswig-Holstein betrug in 2006 0,78 %, Antwort zu Frage 4a, S. 13 4 Antrag der FDP, Landesplan für Menschen mit Behinderung – Gesamtkonzept einer Politik für Menschen mit Behinderung, Drs.: 16/424 ergänzt durch Antrag der Bündnis90/Die Grünen, Drs.: 16/446 5 Kapitel XIX. Behindertenpolitik als Querschnittsaufgabe, S. 62 ff. 6 Antwort zur Frage 12, S. 21Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Deutlich wird aus den Antworten der Landesregierung, dass es zwar ein Landesbehindertengesetz gibt, in dem vorgeschrieben wird, Neubauten, sowie Um- und Erweiterungsbauten barrierefrei zu gestalten – dieser Anspruch aber zu oft nur auf dem Papier besteht. Wenn die Handlungsanweisung des Finanzministeriums für die Durchführung von Baumaßnahmen des Landes das Ziel verfolgt, die „Verhältnismäßigkeit bei der Umsetzung der barrierefreien Maßnahmen zu wahren“7 – kann man sich vorstellen, zu welchen Ergebnissen dies bei der konkreten Umsetzung vieler Umbauten bestehender Gebäude führt.Die FDP-Landtagsfraktion hatte deshalb einen Antrag eingebracht, der vorsah, die Barrierefreiheit nach einer Übergangsfrist von 15 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes auch in bestehenden Gebäuden herzustellen ist8. Dieser Antrag, der auch die Möglichkeit von Zielvereinbarungen mit den Interessenvertretungen vorsah und somit den Trägern der öffentlichen Verwaltung eine Erweiterung der Übergangsfrist eröffnet hätte, wurde abgelehnt.Wer die Durchsetzung dieser Bürgerrechte - die Herstellung von Barrierefreiheit - mit der Begründung verweigert, man könnte durch eine entsprechende Regelung das in Art. 49 Abs. 2 der Landesverfassung verankerte Konnexitätsprinzip auslösen, zeigt, dass Barrierefreiheit hier in Schleswig-Holstein nur auf dem Papier existiert und an rein fiskalischen Überlegungen scheitert. Das Konnexitätsprinzip hat die Signalfunktion, dass der Landesgesetzgeber nicht einfach zu Lasten der Kommunen kostenträchtige Beschlüsse fasst. Das darf Politik aber auch nicht davon abhalten, Kosten auslösende Entscheidungen zu treffen, wenn die Zielsetzung der Barrierefreiheit tatsächlich erreicht werden soll. Es genügt eben gerade nicht, dass wir regelmäßig im Rahmen der Debatte um den Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen darüber lamentieren, dass in Schleswig- Holstein zu wenig auf die Barrierefreiheit geachtet wird. Vielmehr muss hier konkret gehandelt werden. Andernfalls entpuppt sich das Landesbehindertengleichstellungsgesetz in diesem Punkt als ein gut gemeinter „Placebo“ mit wenigen konkreten Auswirkungen.Die Große Anfrage zeigt, dass in vielen Bereichen die Situation von Menschen mit Behinderungen ein Spiegelbild der gesamten Bevölkerungsentwicklung ist. Umso bedauerlicher ist es, dass es kaum Informationen zu den Mitwirkungsmöglichkeiten oder zur örtlichen Teilhabeplanung gibt9. Wenn der Leitfaden allen Handelns lauten soll, dass sich nicht der Mensch seinem Umfeld anzupassen hat – sondern das Umfeld an den Menschen – dürfen wir uns mit der jetzigen Situation nicht zufrieden geben.Wir haben in der Vergangenheit immer wieder feststellen müssen, dass Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände und Vertretungen im Vorfeld zu wenig gefragt werden, was ihre Bedürfnisse angeht – und das nicht nur bei Bauvorhaben. Statt die Betroffenen bereits im Vorfeld einzubinden, bei Gesetzesentwürfen anzuhören oder aber bei Ausschreibungen bereits bestimmte Kriterien der Barrierefreiheit festzuschreiben, wird zu oft erst im Nachhinein nachgebessert.Um so bedauerlicher ist es, dass der pragmatische Vorschlag der FDP-Landtagsfraktion, mittels der Einfügung eines § 47g in die Gemeindeordnung, die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen bei Planungen und Vorhaben sicher zu stellen10, von der Großen Koalition abgelehnt worden ist.7 Antwort auf die Frage 77a, S. 69 8 Gesetzentwurf der FDP vom 25.10.2005, Drs.: 16/317 9 Antworten 57 bis 59, S. 54 10 Gesetzentwurf der FDP zur Änderung der Gemeindeordnung vom 28.02.2006, Drs.: 16/623Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 Die Antworten der Großen Anfrage können aufgrund des fehlenden Datenmaterials nicht zufrieden stellen.Wenn es darum geht, künftige Rahmenbedingungen für die Betroffenen zu schaffen, müssen aber alle Beteiligten an einem Strang ziehen.Die Große Anfrage bietet jetzt die Möglichkeit gemeinsam mit den Kommunen und den Betroffenen Wege und Lösungen zu finden – dabei sollten die vielen offenen Fragen auch beantwortet werden.“Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/