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Karl-Martin Hentschel und Detlef Matthiessen zum Atomausstieg
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 1 – Aktuelle Stunde zum Klimaschutz und Atomausstieg Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Internet: www.sh.gruene-fraktion.de von Bündnis 90/Die Grünen, Karl-Martin Hentschel: Nr. 266.08 / 16.7.2008Auf in die solare ZukunftSehr geehrter Herr Präsident , sehr geehrte Damen und Herren,der G8-Gipfel hat wenig Konkretes beschlossen – bis auf dies: Der globale CO2-Ausstoß muss bis 2050 um 50 Prozent reduziert werden. Für Deutschland bedeutet das bis 2050 eine Reduzierung um 80 Prozent, bis 2020 um 40 Prozent.Deswegen stellt sich jetzt die entscheidende Frage: Können wir um das Jahr 2020 die Kernkraftwerke planmäßig abschalten, ohne dass wir klimaschädliche Kohlkraftwerke bauen müssen? Die Antwort vieler WissenschaftlerInen ist sehr klar: Sie lautet „Ja“.Erstens: Es sind erhebliche Energieeinsparungen möglich. Nicht nur bei der Isolierung der Häuser und im Verkehr, sondern auch beim elektrischen Strom. Dagegen rechnet die Lobby der Atom- und Kohleindustrie immer noch mit wachsendem Stromverbrauch.Zweitens: Wissenschaftler der Uni Kassel haben durchgerechnet, wie eine Stromversor- gung Europas nur durch erneuerbare Energien und Kraftwärmekopplung in Zukunft aus- sehen kann: Windkraftwerke an den Küsten, thermische Solarkraftwerke mit großen Wärmespeichern, die Tag und Nacht durchlaufen können, in Südeuropa und vielleicht auch Nordafrika, Wasserkraftwerke in Skandinavien, den Alpen und anderen Gebirgen und konsequente Nutzung der Kraftwärmekopplung.Damit können wir schrittweise einen Mix bereitstellen, der eine sichere Versorgung Euro- pas ermöglicht.1/3 Drittens: Wenn wir tatsächlich konsequent auf den Umbau setzen, bei der Sanierung der Wohnungen, im Verkehr, in der Wirtschaft und bei der Energieerzeugung, dann wird es nicht einmal teurer. Öl, Kohle und Atomenergie werden immer teurer. Sonne, Wind und Wasserenergie werden immer günstiger. Das ist ein ermutigendes Ergebnis der Berech- nungen der Wissenschaft.Viertens: Um das zu erreichen, gibt es aber ein zentrales Problem, das wir lösen müs- sen. Das ist der Ausbau der Netze. Das heutige Drehstromnetz reicht nicht aus. um den Strom aus Wasserkraft, Solaranlagen und Offshore-Windparks jeweils dorthin zu brin- gen, wo er gebraucht wird. Der Ausbau des transeuropäischen Hochspannungsgleich- stromnetzes – das so genannte „back bone grid“ – ist deshalb eine zentrale Aufgabe!Meine Damen und Herren, in dieser Situation fahren die großen Energiekonzerne eine millionenschwere Kampagne. Sie versuchen, die aktuelle Debatte um die Energiepreise zu nutzen, um den Ausstieg aus der Atomkraft zu Fall zu bringen.Aber keines der Argumente gegen die Atomenergie ist entkräftet worden: Atomenergie ist eine Risikotechnologie – ein großer Unfall wie Tschernobyl in Deutschland würde Mil- lionen Menschen das Leben kosten und ganze Landstriche unbewohnbar machen.Es gibt bis heute weltweit keine Lösung für die Endlagerung der radioaktiven Abfälle. Sie müssen über 100 000 Jahre sicher aufbewahrt werden. Das deutsche Endlager Asse II ist gerade durch einen Wassereinbruch unbrauchbar geworden – obwohl die Fachleute die Stabilität des Salzstollens für eine halbe Million Jahre garantiert hatten.Je mehr Atomkraftwerke, desto mehr wächst die Gefahr, dass radioaktive Stoffe wie U- ran und Plutonium Terroristen in die Hände geraten.Die Uranvorräte neigen sich bereits dem Ende. Die gesamte Menge verfügbaren Urans auf der Erde reicht gerade, um die Menschheit vier Jahre mit Strom zu versorgen.Meine Damen und Herren, wir brauchen weder Atom noch Kohle. Energiesparen und er- neuerbare Energien schaffen heute schon mehr als zehnmal so viele Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein wie Kohle und Atom.Atom und Kohle sind Dinosaurier-Technologien des vorigen Jahrhunderts. Wind, Sonne und Wasser sind die Zukunft. Packen wir die Zukunft an! Der energiepolitische Sprecher Detlef Matthiessen ergänzt:Die Erzeugung von Strom aus Atomenergie wird von maximal drei Generationen genutzt. Die Ablagerung für den hochradioaktiven Müll aus abgebrannten Brennelementen wird die Menschheit auf praktisch ewige Zeiten belasten.Das Ultragift Plutonium kommt auf der Erde glücklicherweise fast nicht vor. Es entsteht aber im Atomreaktor eines Kraftwerkes tonnenweise. 239Plutonium ist dabei das am häufigsten produzierte Plutoniumisotop. Es zerfällt in 24.110 Jahren zur Hälfte unter Ab- gabe von Alphastrahlung. 40 Nanogramm 239Pu, das ist das Tausendstel von einem Tausendstel von einem Milligramm, reicht aus, um den Grenzwert der Jahres- Aktivitätszufuhr für Inhalation bei ArbeiterInnen zu erreichen.Es ist also zum Überleben der Menschen unausweichlich, dieses Teufelszeug für mehre- re zehntausend Jahre von der Biosphäre abzuschirmen. Es gibt aber bis heute weltweit kein Endlager.Eine Technik, die nie versagen darf, dürfen wir uns nicht erlauben. Eine Technik, aus der man Atomwaffen entwickeln kann, muss beendet werden. Atomenergie ist ethisch nicht zu verantworten.Es gibt aber auch eine energiewirtschaftliche Seite: Der Beitrag der Atomenergie ist mi- nimal im Weltmaßstab. Es sind nur zwei Prozent Energie aus Atom. Deshalb leistet A- tomkraft auch keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz.Dieser Beitrag ist auch nicht ausbaubar. Die Kapazität zur Errichtung neuer AKW ist nicht vorhanden. Uran als Rohstoff ist sehr begrenzt. Heute werden nur 60 Prozent des Uran- bedarfs aus Bergbau abgedeckt. 40 Prozent sind Lagerbestände und Atomwaffenrück- bau.Atomkraft ist ohne Perspektive. Atomkraft ist gefährlich und nicht zu verantworten. Atom- kraft: Nein Danke! Nur ein stillgelegtes AKW ist ein gutes AKW! ***