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16.07.08 , 12:33 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zur Biomasse und Nahrungsproduktion

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 35 – Flächenkonkurrenz bei der Produktion von Düsternbrooker Weg 70 Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988-1503 Dazu sagt der agrar- und energiepolitische Sprecher Fax: 0431 / 988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Detlef Matthiessen: Internet: www.sh.gruene-fraktion.de


Nr. 269.08 / 16.7.2008

Rest- und Abfallstoffe vor Anbaubiomasse
Die Nutzung der Biomasse zur Energieerzeugung ist die älteste Form der Energiegewinnung. Schon die Neandertalerin saß in gemütlicher Runde mit Mann und Kind um ein prasselndes Holzfeuer, wärmte sich daran und bereitete Mahlzeiten zu.
Heute bildet die Nutzung der Biomasse ein wichtiges Standbein der regenerativen Energie- erzeugung auf einem hohen technologischen Niveau. Im Wärmebereich wird Holz zwar noch als Scheitholz genutzt, in Landschafts- und Knickpflege wird es als Hackschnitzel unter- schiedlicher Körnung gewonnen und was Holzpellets sind, weiß heutzutage auch schon fast jeder. Damit können Heizungen vollautomatisiert betrieben werden. Die neueste Entwicklung ist dabei, dass in Pelletfeuerungsanlagen auch gleichzeitig mit einem dampfbetriebenen Li- neargenerator Strom erzeugt werden kann. Das ist - verglichen mit der Neandertalerzeit - doch ein großes Stück Weiterentwicklung. Der Wirkungsgrad solcher Maschinen liegt übri- gens bei 94 Prozent, nicht wie bei den heute üblichen zentralen Kondensationskraftwerken bei 30 bis 40 Prozent.
Solche technologischen Entwicklungen wie den Lineargenerator wollen wir fördern und nicht Kohlekraftwerke, die die Elbe aufheizen!
Holz wird oft unterschätzt, es enthält in einem Raummeter die Energiemenge von 220 Litern Heizöl. Der Vorteil von Holz wie von der Biomasse im Allgemeinen liegt in der gezielten zeit- lichen Verfügbarmachung von Energie. Das unterscheidet Biomasse positiv von anderen ver- fügbaren erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft und Solarenergie, die eine unstete Er- zeugung haben.


1/3 Biomasse ist schließlich gespeicherte Energie und kann so auch als Ausgleichsenergie die- nen. Das ist jetzt ja auch erfolgreich getestet worden. Durch die Kombination von Biogasan- lage, Windmühle und Sonnenstrom konnte die Stromnachfrage, also die unterschiedlichen Tages-, Wochen- und Monatslastgänge zu über 96 Prozent exakt durch regenerative Stro- merzeugung abgebildet werden.
Mit der Biogastechnik kann jegliche Biomasse zu Biogas umgewandelt werden. Inzwischen kann dieses mit vertretbarem Aufwand zu auch zu Erdgasqualität aufbereitet werden. Man kann damit also alles machen, was Erdgas auch kann, z.B. Kraftfahrzeuge antreiben.
Bei allen Vorteilen, die die Biomasse bietet, vielfältige Nutzbarkeit, zeitliche Verfügbarkeit, Einsparung von Treibhausgasemissionen, stehen auf der anderen Seite auch gravierende Nachteile und ökologische sowie soziale Zielkonflikte.
Das Potenzial der Biomasse reicht nicht aus, quantitativ den Bedarf des knapper werdenden Mineralöls zu ersetzen.
Es ist völlig klar, dass wir eine radikale Strategie weg vom Öl brauchen. Rohöl wird nämlich physikalisch knapp. Da hilft es wenig, dass der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion das alles für Spekulationsblasen hält. Da wird nichts platzen, Herr Ritzek. Da sind Sie den Einflüsterungen Ihrer Freunde aus der Ölindustrie aufgesessen. Es ist eine gefährliche Bot- schaft bei der Ölpreisentwicklung von Spekulation zu reden, weil es die Erwartung weckt, nach der Spekulationsphase könnten sich wieder „normale“ Preise einstellen. Die Financial Times vom letzten Sonnabend berichtet in zwei Artikeln völlig anders.
Es ist auch ein gefährliches Spiel der Bundeskanzlerin, auf europäischer Ebene gegen die Begrenzung unserer Autos auf maximal 120 Gramm Treibhausgasausstoß pro Kilometer, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, zu kämpfen. Das macht unsere KFZ-Industrie nicht zukunftsfähiger. Wir dürfen nicht länger für den Transport von 80 Kilogramm Mensch gleich- zeitig 1,2 Tonnen Blech durch die Gegend schieben. Wir brauchen hocheffiziente Fahrzeuge, die zwei Liter und weniger Verbrauch auf 100 Kilometer haben.
Bioenergie reicht jedenfalls nicht. Ich habe die Flächenproduktivität hier konkret in Schleswig- Holstein verglichen. Wieviel Energie hole ich von einem Hektar, der mit Photovoltaikpanelen bestückt ist, und wieviel Energie ernte ich von einer Rapsfläche. Das Ergebnis lautet: Im So- larpark Rodenäs ernte ich sechszehnmal soviel Energie wie auf dem benachbarten Rapsfeld.
Rechnet man über einen längeren Zeitraum und berücksichtigt dabei die „graue Energie“, al- so was hat der Solarpark mit Nachführanlage selber zu seiner Errichtung an Energie ver- braucht, was wendet der Bauer auf dem Rapsfeld in der Prozesskette an Betriebsmitteln auf, dann wird es extrem. Wir können durch die physikalische Nutzung der Sonnenkraft zirka fünfzigmal mehr von der gleichen Fläche holen als mit der biologischen Erschließung der Sonnenkraft. Wir haben daher schon auf unserem Parteitag vor zwei Jahren beschlossen, dass bei der Biomassenutzung die Rest- und Abfallstoffe Vorrang genießen sollen und dass der Anbau von Biomasse, insbesondere der Mais, nicht weiterentwickelt werden soll. Das deckt sich auch mit den Vorschlägen des Agrarausschusses der Landjugend, mit der wir beim Land- tagspräsidenten vor kurzem zusammen gesessen haben.
Wir sind unzufrieden mit der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes EEG. Wir kritisieren scharf, dass die CDU das durchgesetzt hat. Richtig wäre, den Bonus für nach- wachsende Rohstoffe, den so genannten NawaRo-Zuschlag, zu senken und den Kraft- Wärme-Zuschlag zu erhöhen. Leider ist das Ergebnis eine Erhöhung des Bonus für nach- wachsende Rohstoffe (NawaRo-Bonus) um 1 Cent/kWh, das ist das Gegenteil des Notwen- digen.
Damit schreibt die CDU die Flächenkonkurrenz zwischen Bioenergie und Nahrungsmittel fort. Weiter steigende Pachtpreise und weitere Verödung der Agrarlandschaft durch Bioenergie- Monokulturen sind die Folgen.
Gülle-Bonus und Erhöhung des KWK-Bonus sind zwar auch eingeführt bzw. erhöht worden. Insgesamt ist jedoch ein sehr widersprüchliches und inkonsequentes Gesetzeswerk heraus- gekommen, mit der deutlichen Handschrift der Agrarlobby.
„Durch die gesamten Vergütungsanpassungen und Erweiterungen werden gute Perspektiven für einen nachhaltigen und klimafreundlichen Ausbau der Bioenergie in der kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung gesetzt“, so Helmut Lamp, Vorsitzender des Bundesverbandes Bioenergie. Der ist ja in Schleswig-Holstein als CDU Bundestagsabgeordneter kein Unbe- kannter. Positiv bewerten der Bundesverband Bioenergie und der Fachverband Biogas, dass die Vergütungssätze an die in den letzten beiden Jahren stark angestiegenen Biomasseroh- stoffkosten durch moderate Anhebungen der Grundvergütung, des NawaRo-Bonus und des KWK-Bonus angepasst worden sind.
Es wird also Gas gegeben statt vorsichtig auf die Bremse zu drücken. Damit bleiben die Wor- te des Ministerpräsidenten hohl und wohlfeil, jedenfalls scheint er in Berlin kein Gehör zu fin- den.
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