Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Anna Schlosser-Keichel zu TOP 10: Die Zielrichtung stimmt, aber ist eine neue Institution nötig?
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 16.07.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 10, Landesarbeitsgemeinschaft „Sport und Justizvollzug“ (Drucksache 16/2110)Anna Schlosser-Keichel:Die Zielrichtung stimmt, aber ist eine neue Institution nötig?Wir wissen heute, dass Sport im Strafvollzug weit mehr ist als Freizeitgestaltung – wo- bei eine sinnvolle, die Gesundheit fördernde Gestaltung der Freizeit im engen Gefäng- nisalltag ja auch schon ein Wert an sich ist. Sport ist aber darüber hinaus auch ein geeigneter Weg, Defizite in der Persönlichkeitsstruktur eines Gefangenen zu erken- nen, Zugang zu ihm und Ansätze für die Behandlung, für die Resozialisierung zu fin- den. Ein Weg auch, Anregungen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung für die Zeit nach der Haft zu geben.Insbesondere bei jugendlichen Strafgefangenen ist die eigene Körpererfahrung oft mit dem Erleben von Gewalt verbunden. Hier kann Sport ansetzen und in einem ersten Schritt einen anderen, respektvolleren Umgang mit dem eigenen Körper und schließlich auch mit dem Gegenüber vermitteln. Das ist ja auch ein Erfolgsrezept von Jugendhilfeeinrichtungen wie den so genannten „Trainingscamps“.Nicht von ungefähr haben wir deshalb im Jugendstrafvollzugsgesetz den Anspruch auf mindestens zwei Stunden Sport wöchentlich festgeschrieben. In der Begründung zum Gesetz waren viele Argumente genannt, die übrigens auch für erwachsene Ge- fangene gelten: Sport wirkt in der Enge der JVA nicht nur Bewegungsmangel und Stress entgegen, sondern vermittelt auch einen angemessenen Umgang mit ErfolgHerausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-und Misserfolg. Sport stärkt das Selbstvertrauen, fördert die Teamfähigkeit. Sport trägt insgesamt zu einem gewaltfreien, positiven Klima in der JVA bei. Das gilt sowohl für die Beziehungen zwischen den einzelnen Gefangen als auch zwischen Gefangenen und den Bediensteten, die mit ihnen Sport treiben.Also, Sport ist aus dem Strafvollzug nicht weg zu denken.Es gibt eine heute eine große Bandbreite von Angeboten in unseren Justizvollzugs- anstalten und in der Jugendanstalt, das zeigt die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage meines Kollegen Jürgen Weber vom September 2007.Aber es gibt unbestreitbar auch Defizite. Das größte Problem - die räumliche Enge und die für einen ambitionierten Sportbetrieb hinderliche Mehrfachnutzung der Räume auch als Besucher- und Andachtsraum bzw. als Freistundenhöfe – wird in den nächs- ten Jahren durch den Bau der Sporthallen in Neumünster und Schleswig, mittelfristig auch in Kiel, wesentlich entschärft.Aber auch fachkundig ausgebildete Übungsleiter müssen zur Verfügung stehen. Sporthallen, die leer stehen, weil es an Anleitung und Aufsicht fehlt, wären eine Fehl- investition. Auch deshalb ist im Justizvollzug kein Raum für Personaleinsparungen.Der Minister hat in der bereits genannten Kleinen Anfrage angemerkt, dass er das eh- renamtliche Engagement für sportliche Aktivitäten in den JVA weiter fördern will und dass er Kooperationen mit örtlichen Sportvereinen anstrebt. Beides begrüßen wir sehr. Wenn Gefangene mit einer entsprechenden Lockerungseignung – wie in Schleswig praktiziert – „draußen“ im Verein mit trainieren, ist das beste Integration, die auch ein Stück weit gegen die Dämonisierung der Anstalt und ihrer Insassen in der Standort- gemeinde wirkt. -3-Die Kleine Anfrage zeigt, dass Bedarf besteht, diese Angebote auszubauen. Ein inten- siverer Dialog mit den Sportverbänden wäre da sicher sehr hilfreich. Besonders würde ich mir die Einbeziehung der Sportjugend wünschen.Fazit: Wir stehen dem Anliegen, den Sport im Strafvollzug zu stärken - auch durch die Einbeziehung von externen Fachleuten und Ehrenamtlichen - sehr positiv gegenüber.Wir sollten aber, bevor wir Ernst mit einer neuen Landesarbeitsgemeinschaft machen, die Betroffenen anhören und sie - bevor wir sie in die Pflicht nehmen - fragen, ob es einer neuen Institution bedarf oder ob sie eine andere Art der Zusammenarbeit für sinnvoll halten. Wir kennen ja in den unterschiedlichsten Politikbereichen das Instru- ment der Landesarbeitsgemeinschaften und auch die positiven Impulse, die von ihnen ausgehen. Aber wir wissen auch, dass die Praktiker schon mal stöhnen über die Viel- zahl der Gremien und die automatisch entstehenden Untergremien, in die sie ihren Sachverstand einbringen sollen.Also, mit der Zielrichtung haben Sie uns voll auf Ihrer Seite, über die Umsetzung wür- den wir gern im Ausschuss weiter beraten.