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Anke Spoorendonk zu TOP 11 & 20 - Universität Flensburg: Jetzt aber Butter bei die Fische!
PresseinformationKiel, den 11.09.2008 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 11 & 20 Anträge zur Lehrerbildung und zur zukünftigen Finanzierung der Universität Flensburg (Drs. 16/2200)Die Diskussion um die Zukunft der Universität Flensburg in den Sommerferien war dramatisch.Trotzdem kann man ihr auch Positives abgewinnen. Seit Jahren weisen wir nun schon in diesemHause darauf hin, dass die nördlichste Universität des Landes hoffnungslos unterfinanziert ist.Obwohl diese Einsicht wohl längst bildungspolitisches Allgemeingut ist, hat diese Regierung -ebenso wie ihre roten und rot-grünen Vorgänger aber wenig unternommen, um Abhilfe zuschaffen. Vor diesem Hintergrund ist es eine große Hilfe gewesen, dass sowohl die Akkreditie-rungsstelle in Hannover als auch der Universitätsrat – beide der regionalpolitischen Rücksicht-nahme vollkommen unverdächtig – nun auch Klartext reden und Konsequenzen anmahnen.Denn die Situation in Flensburg ist seit Jahr und Tag dramatisch. Kein Bildungsexperte konnteüber die Aussetzung der Akkreditierung des vermittlungswissenschaftlichen Studiengangeswirklich überrascht sein. Die strukturellen Probleme der Hochschule sind seit Jahren bekannt undbereits im Bericht der Erichsen-Kommission nachzulesen. Die dramatische Unterfinanzierung derUni resultiert aus der historischen Entwicklung. Die Flensburger Universität konnte den 2Geburtsmakel als Pädagogische Fachhochschule nicht abstreifen, weil die dafür nötigenInvestitionen und Stellenpläne nie vollständig umgesetzt worden sind. Das Land hat langegezaudert, den Investitionsbedarf herunter gerechnet und die Unterfinanzierung irgendwiehingenommen. Die mit der Bachelor/Master-Umstellung der Studiengänge erreichteTransparenz hat nun im Sommer die Probleme ins Licht gerückt. Die Prüf-Agentur hat genauhingesehen, hat nachgerechnet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Universitäterhebliche Ausstattungs-Mängel hat. Der völlig unterdimensionierte Mittelbau und die Problemein der wissenschaftlichen Buchversorgung sind für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer undfür die zukünftigen „Erwachsenenbildnerinnen und -bildner“ ein massives Problem. Das gleichegilt übrigens für alle anderen Studierenden an der Flensburger Universität, die gleichfallsProbleme in der Bibliothek haben und zu geringe Beratungskapazitäten beklagen.Dass die Universität Flensburg mit Ihren Studiengängen so lange überlebt hat und Absolventenproduziert hat, die sowohl in der Wirtschaft als auch im Staatsdienst gern gesehen sind, liegtnicht an der Landesregierung sondern an dem enormen Engagement der Menschen vor Ort. Dieanderweitig bekannte Spezies des Di-Mi-Do-Professors, der außerhalb der festen Sprechzeitenallenfalls im Golfclub oder im Yachthafen anzutreffen ist, hätte in Flensburg extrem schlechteLebensbedingungen. Das hohe Aktivitätsniveau an der Uni Flensburg konnte nur deshalbgehalten werden, weil die Lehrenden ein außerordentlich großes Engagement zeigen. Sie habennicht auf Arbeitszeiten und Gehälter geschielt, sondern Zeit und Herzblut in den Aufbau vonStudiengängen engagiert. Sie haben mehr Lehre angeboten als sie mussten. Sie erledigten selbstAufgaben, für die es an anderen Hochschulen besonderes Verwaltungspersonal gibt.Dieses besondere Engagement wurde nicht zuletzt in die Entwicklung von Kooperationsprojek-ten gesteckt. Mit „Bordmitteln“ hat die Universität Flensburg eine breite Zusammenarbeit mitder Syddansk Universitet entwickelt und sich durch diese gemeinsame Plattform mit derdänischen Nachbaruniversität einen exzellenten Ruf erarbeitet; zuletzt mit der gemeinsamenEntwicklung des neuen, interdisziplinären Masterstudiengangs „Kultur-Sprache-Medien“, der 3interkulturelle Wissensvermittlung und Medienarbeit verknüpft. Nicht ohne Grund hat die regio-nale Wirtschaft längst die wissenschaftliche Aufbereitung betriebswirtschaftlicher, personal-technischer und verfahrenstechnischer Fragen an der Universität Flensburg schätzen gelernt.Gerade weil die Universität Flensburg ohne die beiden Standbeine Wissensvermittlung undgrenzüberschreitende Studiengänge nicht denkbar ist, möchte ich sehr davor warnen, Teile undLeistungen der Flensburger Universität gegeneinander aufzurechnen und gegeneinander auszu-spielen. Die Universität ist als Gesamtkomplex zu verstehen und nicht als eine Ansammlung vonInstituten. Nicht ein Teil der Uni hat ein Problem, wie der Antrag der Grünen unterstellt, sonderndie gesamte Universität wird in ihrer Existenz in Frage gestellt. Die Universität ist, wäre sie einAuto, zu schwach motorisiert. Es reicht nicht, an einen Kleinwagen einfach ein Porsche-Emblemzu schrauben. Vielmehr muss es darum gehen, durch erhebliche Investitionen dauerhaft undnachhaltig dafür zu sorgen, dass der Wagen, immerhin mit mehr als 4.200 Studierenden vollbesetzt, einen leistungsstarken Motor und ein stabiles Fahrwerk bekommt, damit er nicht gleichbei der kleinsten Steigung aus der Puste kommt. Der Antrag der Grünen stellt vor diesem Hinter-grund eine isolierte Einzel-Lösung dar. Ohne Zweifel weist die Universität Flensburg allerbesteKompetenzen in den Vermittlungswissenschaften auf, die bundesweit nachgefragt werden; aberdie Wissensvermittlung darf niemals die einzige Kompetenz der Uni bleiben. Sie muss einbreiteres Profil haben, um den Hochschulstandort Flensburg nachhaltig zu sichern.Sowohl der Universitätsrat als auch die Akkreditierungsstelle haben klar zu verstehen gegeben,dass es für die Universität Flensburg nur zwei Optionen gibt: Entweder sie wird zur reinenLehrerbildungsanstalt zurückgestuft und kommt dann mit den vorhandenen Mittel aus, oder siewird konsequent zur „lehr- und forschungsstarken“ Universität ausgebaut und erhält dafür dieentsprechenden Ressourcen. Eigentlich ist dieser Beschluss ja schon einmal gefällt worden.Nachdem die Erichsen-Kommission ihr Gutachten vorgelegt hat, in dem sie gerade diese vermitt-lungswissenschaftliche Schwerpunktsetzung vorschlägt, hat sich die Landesregierung dieses Zielzueigen gemacht – bei gleichzeitiger Berücksichtigung der internationalen Studiengänge. 4Die Reaktionen im Sommer haben ja auch deutlich gemacht, dass nach wie vor niemand dieRückstufung zur PH wünscht. Deshalb gibt es in dieser Situation nur eine Konsequenz: Butter beidie Fische! Die Landesregierung hat bereits 600.000 Euro Soforthilfe für das Wintersemesterversprochen und will ab 2009 1,4 Millionen mehr auf den Tisch legen, um die Lehrerausbildungabzusichern. Das ist ein wichtiger Schritt, aber er ist zu kurz. Der SSW fordert eine dauerhaftsolide Finanzierung der gesamten wissenschaftlichen Arbeit der Uni Flensburg. Nur auf einembreiten personellen Fundament können die Institute und Abteilungen langfristig denAnforderungen des Wissenschaftsbetriebs genügen. Der SSW stimmt dem Landesrechnungshofvorbehaltlos zu, der ein langfristiges und tragfähiges Konzept für die anstehenden Investitionenan der Flensburger Universität einfordert. Die Universität benötigt eine langfristige Perspektive,nicht nur aus Verantwortung gegenüber den Studierenden. Aber wenn die Universität Flensburgdie gleiche Ausstattung haben soll, wie andere vergleichbare Hochschulen, dann müsste nachAussage der Universität zum bisherigen Landeszuschuss von rund 14 Millionen pro Jahr zwischen2,7 und 6 Millionen hinzukommen.Ich denke es wäre an der Zeit, dass der Landtag und die Landesregierung klar beschließen, dass eseine Gleichstellung der Universität Flensburg mit anderen vergleichbaren Hochschulen inNorddeutschland geben muss. Das wäre die richtige Basis, um gemeinsam mit der Uni zuermitteln, wie groß die Lücke ist. Wir werden uns im Rahmen der Haushaltberatungen dafüreinsetzen, dass wir diesem Ziel in den nächsten Jahren einen deutlicher Schritt näher kommen.Der SSW wird weiterhin für die Universität Flensburg kämpfen. Dabei freut es uns besonders,den Segen des ehemaligen Wissenschaftsministers Dietrich Austermann zu haben. Er hat mir inVerbindung mit seinem Abgang geschrieben, dass die Universität Flensburg ihm Sorge bereitetund dass sie engagierte Vorkämpfer braucht, um ihre künftige Entwicklung zu sichern. DieserBitte kommen wir selbstverständlich auch in Zukunft gern nach.