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Jutta Schümann zu TOP 18: Kein Ersatz für Pflegekräfte, sondern ein zusätzliches Element
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 09.10.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 18, Betreuungsassistenzen für Demenz gemäß § 87b SGB XI (Drucksache 16/2265)Jutta Schümann:Kein Ersatz für Pflegekräfte, sondern ein zusätzliches ElementBeim Lesen dieses Antrages fragt man sich, was eigentlich die Zielrichtung ist bzw. was soll mit diesem Antrag verbessert oder erreicht werden? Lassen Sie mich dazu einige Punkte sagen: Die Bedeutung von Menschen mit Demenz nimmt zu – das ist nichts Neues. Das wis- sen wir seit Jahren. Jeder, der sich mit dem demographischen Wandel beschäftigt bzw. sich mit dem Thema „Hochaltrigkeit“ auseinandersetzt, weiß, dass mit zuneh- mendem Alter die Wahrscheinlichkeit wächst, an Demenz zu erkranken, und das gilt insbesondere für Frauen.Blickt man zurück, so wurde in der Altenpflege das Thema Demenz oder auch das große Thema Gerontopsychiatrie eher nachrangig betrachtet und entsprechend fehlten auch die notwendigen Ausbildungsinhalte für Pflegekräfte im Altenhilfebereich. Glei- chermaßen waren die Versorgungsstrukturen ausgerichtet auf die körperlichen Beeinträchtigungen älter werdender Menschen, aber nicht auf die psychischen Be- einträchtigungen.Diese Einschätzung hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Wir wissen, dass es eine Unter- und auch Fehlversorgung von Demenzkranken noch in vielen Be- reichen gibt. Wir wissen auch, dass nicht einmal jeder fünfte Patient Medikamente we-Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-gen seiner Demenz bekommt und nach wie vor ist die Betreuung in der Familie oder in Heimen meistens nicht auf die Bedürfnisse und die restlichen verbliebenen Fähigkei- ten der Kranken abgestimmt.Volkswirtschaftlich müssen wir feststellen, dass auf Grund der demografischen Ent- wicklung immer mehr Demente zu versorgen sein werden, bei immer weniger perso- nellen und finanziellen Mitteln. Insofern ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung und die Pflegekassen zusätzliche Betreuungskräfte für die Pflege gewinnen wollen. Das ist natürlich auch für Bezieher und Bezieherinnen von Arbeitslosengeld II eine Chance. Schließlich ist die Gesundheits- und Pflegebranche ein Wachstumsmarkt und es ist somit von den Arbeitsagenturen konsequent, arbeitssuchende Menschen in die- sen Markt zu integrieren. Allerdings sollte dieses nicht um jeden Preis und nicht mit Zwang erfolgen. Darunter leidet die Qualität von Pflege. Das geht zu Lasten der Er- gebnisqualität in den Pflegeheimen und auch die Prozesse sind möglicherweise durch Menschen, die mit geringerem Engagement tätig werden, nicht optimal. Anders ausgedrückt: Arbeitslose, die eine Zusatzqualifikation durchlaufen müssen, weil sie ansonsten finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, werden sicher nicht mit großer Motivation ihre verantwortungsvolle Aufgabe durchführen können. Genau das ist aber notwendig, wenn man sich insbesondere im Bereich der Pflege intensiv enga- gieren will.Es versteht sich von selbst, dass die Betreuungsassistenten für Demenz korrekt ge- schult werden und dass diese Schulungsinhalte selbstverständlich mit den traditionel- len Ausbildungsgängen für Altenpflege und Krankenpflege und gerontopsychiatrische Sonderausbildungen in Einklang gebracht werden müssen. Es ist auch selbstverständ- lich, dass diese Assistenten in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhält- nissen angestellt werden müssen. Sie sind nicht als Ersatz - vielleicht sogar billiger Er- satz – für Pflegekräfte zu sehen, sondern sie sind ein zusätzliches, wichtiges Ele- ment im Bereich der Betreuung und Pflege von demenzkranken Menschen, die neben -3-den traditionellen Altenpflege- und Krankenpflegekräften ergänzende Aufgaben über- nehmen. Deshalb ist bei Einsatz dieser Assistenten der Nachweis der Zusätzlichkeit zu erbringen und sie dürfen auch nicht bei der zugrunde zu legenden Fachkraftquote be- rücksichtigt werden.Nicht verstanden habe ich, warum Sie fordern, dass Arbeitslose aus dem Pflegebe- reich ebenfalls eine entsprechende Qualifikation durchlaufen müssen, wenn sie sich für die Betreuungsassistenz interessieren. Ich weiß nicht, an welche Arbeitslosen Sie denken. Wir wissen seit langem, dass arbeitssuchende Pflegekräfte, insbesondere Al- tenpflegekräfte, häufig nur ca. sieben Jahre in ihrem originären Arbeitsfeld tätig sind, dass sie aussteigen, weil sie zum Beispiel keine Aufstiegs- oder Karrieremöglichkeiten haben. Die meisten allerdings verlassen ihren Arbeitsplatz, weil sie die Arbeitssituation nicht mehr ertragen können. Eigener Arbeitsanspruch und persönliche Erwartungen klaffen bei der Pflegeentwicklung weit auseinander. Das ist für viele so unerträglich, dass sie meistens auch nicht mehr bereit sind zurückzukehren.Ich fasse kurz zusammen: Positiv herauszustreichen ist, dass wir eine weitere Versor- gungskomponente im Bereich der Dementenversorgung durch die Betreuungsassis- tenz geschaffen haben. Es ist gut, dass dieses auch gesetzlich vorgeschrieben und geregelt wurde, auch in Abgrenzung zu den bestehenden Berufen. Ich stelle fest, dass Dauer und Inhalt der Qualifizierung von Interessierten durch die bestehenden Betreu- ungsrichtlinien bereits jetzt detailliert geregelt sind und insofern kann ich nur noch ein- mal wiederholen: Uns ist nicht deutlich, welche Zielrichtung dieser Antrag in Gänze hat. Wir sollten das im Ausschuss noch mal beraten und deshalb haben wir uns ent- schieden, den Antrag nicht jetzt im Plenum abzulehnen, sondern ihn mit zu überwei- sen.