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12.11.08 , 17:03 Uhr
SPD

Jutta Schümann zu TOP 11: Soviel Selbstbestimmung wie möglich und soviel Schutz wie nötig

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 12.11.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 11: Pflegegesetzbuch Schleswig-Holstein - Zweites Buch / Gesetz zur Stärkung von Selbst- bestimmung und Schutz von Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung (Drucksache 16/2290)

Jutta Schümann:

Soviel Selbstbestimmung wie möglich und soviel Schutz wie nötig

Unsere Landesverfassung misst dem Schutz der Rechte und Interessen pflegebedürf- tiger Menschen und der Förderung einer menschenwürdigen Versorgung einen be- sonderen Rang bei. Dieser Auftrag hat in gleicher Weise Bedeutung für Menschen mit Behinderung.

Mit Inkrafttreten der Föderalismus-Reform 2006 ist die Gesetzgebungskompetenz für die öffentliche Fürsorge, soweit sie das Heimrecht betrifft, insgesamt auf die Länder übergegangen. Das Heimrecht, in seiner konkreten Ausgestaltung im Bundesheimge- setz und in den vier Rechtsverordnungen über bauliche, personelle Anforderungen, die Heimmitwirkung und die Sicherung von Leistungen der Bewohner, ist vollständig in die Kompetenz der Länder übergegangen. Ein möglicher Nachteil dieser Entscheidung kann darin liegen, dass sich nun in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen und unterschiedliche Versorgungsstandards herausbilden. Ein Vorteil besteht aber darin, dass wir uns mit einer Neuregelung von dem klassischen, traditionellen Fürsor- gegedanken und ordnungsrechtlichen Ansatz des alten Heimgesetzes entfernen und Strukturen entwickeln können, die unserem anspruchvollen verfassungsrechtlichen Ziel gerecht werden.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Der Titel „Selbstbestimmungsstärkungsgesetz“ beschreibt eine umfassendere Ziel- setzung als das alte Heimgesetz. Er macht deutlich, dass die Zielgruppe von älteren und/oder behinderten Menschen in ihrem eigenverantwortlichen Leben gestärkt wer- den soll. Damit folgt das Gesetz dem klassischen Prinzip in der Alten- und Behinder- tenhilfe, nämlich: soviel Selbstbestimmung wie möglich und so viel Schutz und Fürsorge wie nötig.

Schutz gewährleisten und gleichzeitig die Selbstbestimmung stärken, darf kein Wider- spruch sein, sondern soll die zukünftige Zielrichtung des Gesetzes sein. Wir wissen seit langem, dass die meisten Menschen auch im Falle von Pflegebedürftigkeit und/oder Behinderung selbst bestimmt und auch unabhängig leben möchten, in eige- ner Häuslichkeit, in der eigenen Wohnung. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass entsprechende Wohnformen, z.B. Wohnungen mit Betreuung, Service Wohnen, Hauswohngemeinschaften usw. in diesem Gesetz umfassend berücksichtigt werden.

Es ist sehr zu begrüßen, dass dieses Gesetz den Belangen und der Stärkung des Verbraucherschutzes für alle Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung ganz besonders Rechnung trägt. Zukünftig sollen Menschen sich über Art, Umfang und Entgelt von Leistungen der Pflegebetreuung und Hauswirtschaft informieren kön- nen und sie müssen auch entsprechende Leistungsanbieter frei wählen dürfen; die An- laufstellen für Krisensituationen werden gesetzlich geregelt.

Die Neuregelung ermöglicht also nicht nur neue Wohnformen für ältere Menschen und dazu passgenaue Pflege-, Betreuungs- und Versorgungskonzepte. Jeder Betroffene kann sich zukünftig sein eigenes Wohnumfeld selber organisieren mit Unterstützung von Angehörigen oder auch ehrenamtlich Tätigen. Das bedeutet Respekt vor individu- eller Entscheidung. -3-



Selbstständiges und individuelles Leben muss aber nicht einhergehen mit Schutzlosig- keit und Abhängigkeit. Deshalb ist die Qualitätssicherung ein weiterer wichtiger Bau- stein in diesem Gesetz. Träger stationärer Einrichtungen, aber auch die Anbieter von neuen Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen sind verpflichtet, künftig über ihre Leis- tungen, den Umfang und die Preise umfassend zu informieren. Der Transparenz der Qualität in den Einrichtungen wird zukünftig weiter durch die Verpflichtung Rechnung getragen, dass Ergebnisse von Regelprüfungen der Aufsichtsbehörden zu veröffentli- chen sind. Außerdem haben Beratungsstellen und Krisentelefon die Pflicht, ihre Infor- mationen den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen.

Zukünftig müssen die Prüfinstanzen MDK und Heimaufsicht intensiv zusammenarbei- ten, wobei der Schwerpunkt der Prüfung dieser Behörden vor allem bei der Struktur und Prozessqualität liegt. Es wird grundsätzlich unangemeldete Kontrollen geben und Wohnkonzepte des Betreuten Wohnens werden einer Zertifizierungspflicht un- terworfen.

Stationäre Einrichtungen haben zukünftig gesetzlich die Verpflichtung, ein Beschwer- demanagement zu betreiben. Sie haben weiterhin die Verpflichtung, die Pflege zu do- kumentieren, allerdings soll das in Zukunft vereinfacht werden und Transparenz her- gestellt sein.

Das heute vorgelegte Gesetz betrifft die rund 1.000 Pflege- und Behinderteneinrich- tungen sowie besondere Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen mit insgesamt rund 50.000 Bewohnerinnen und Bewohnern in Schleswig-Holstein. Es hat das Ziel, soviel Selbstbestimmung wie möglich und soviel Schutz wie nötig für diese Menschen zu gewährleisten. Es ist ein komplexes Gesetzeswerk auf der einen Seite mit ordnungs- rechtlichen Komponenten, aber auch auf der anderen Seite mit Verbraucherschutzas- pekten für selbstständiges, selbstbestimmtes Leben. Der Regelungsumfang dieses Gesetzes betrifft sehr viele Menschen, aber auch sehr viele unterschiedliche Einrich- -4-



tungen. Und es versteht sich von selbst, dass zum jetzigen Zeitpunkt kein genereller Konsens über diesen Entwurf bestehen kann. Wir werden mit allen Beteiligten in den nächsten Wochen diesen Entwurf diskutieren – im Ausschuss, in Anhörungen oder auch in Einzelgesprächen. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir uns letztendlich auf ein Gesetz verständigen werden, das dieser politischen Zielrichtung weiterhin Rechnung tragen wird.

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