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10.12.08 , 17:13 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 13 - Vorschaltgesetz zur Neuregelung der Wahl der Landräte

Presseinformation
Kiel, den 10.12.2008 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 13 Vorschaltgesetz zur Neuregelung der Wahl der Landrätinnen und Landräte (Drs. 16/2188)

Es ist nicht leicht, eine Wahl wieder einzusammeln. Aber die Einführung der Direktwahl von
Landräten und Bürgermeistern war eine historische Fehlentscheidung. Deshalb ist es
konsequent und richtig, dass der Landtag heute diesen Schritt nimmt.
Die Direktwahl hatte von Anfang an einen Webfehler. Denn entweder geht es hier darum, einen
obersten Verwaltungsleiter zu wählen, der in den Kreisen die Vorgaben der Landesregierung und
des Kreistags umsetzt. Dann ist eine Direktwahl aber überflüssig, weil sie einen politischen
Einfluss suggeriert, der nicht vorhanden ist.
Oder aber es geht bei der Direktwahl um einen Verwaltungschef, der politisch gestalten soll, und
deshalb durch eine Wahl legitimiert wird. In diesem Fall ist die Direktwahl aber höchst
problematisch, weil damit eine Interessenkollision mit der ebenfalls von der Bevölkerung
gewählten Kreisvertretung vorprogrammiert ist. Und dies ist letztlich auch, was passiert ist.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass überall nach neuen Steuerungsmodellen gearbeitet
wird, bei denen die Politik nur die Ziele vorgeben soll und die Verwaltung über Wege und Mittel
zur Zielerreichung entscheidet, ist für die Landräte und Bürgermeister ein politischer Raum
entstanden. So hat die Direktwahl schädliche Langzeitwirkung für das Machtgefüge der 2
kommunalen Selbstverwaltung, weil der damit einhergehende Macht- und Legitimations-
zuwachs der hauptamtlichen Verwaltungschefs eindeutig zu Lasten des kommunalpolitischen
Ehrenamts geht.


Für den SSW gilt: Wir haben kein Problem damit, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr direkten
Einfluss auf Politik bekommen. Aber wir haben ein Problem damit, wenn die Stärkung eines
Verwaltungschefs insgesamt die Demokratie auf kommunaler Ebene schwächt. Es ist nicht mehr
Demokratie, wenn eine Person – die zudem in der Regel nur von einem Bruchteil der Bürger
gewählt wurde – Jahre lang Entscheidungen trifft, die früher ein ganzes Kommunalparlament
mit verschiedenen Parteien in einer mehr oder weniger offenen Meinungsbildung zu
entscheiden hatte. Deshalb begrüßt der SSW, dass die Große Koalition den Mumm gefunden
hat, dieses zugegebenermaßen schwer zu vermittelnde Thema anzupacken. Es ist einer der
mutigsten und vernünftigsten Entscheidungen dieser Wahlperiode.


Allerdings: Mit dem vorliegenden Vorschaltgesetz hat die Große Koalition nur die Hälfte ihrer
Hausaufgaben gemacht. Die ebenso problematische Direktwahl der Oberbürgermeister und
hauptamtlichen Bürgermeister bleibt weiter bestehen. Und gerade in diesem Bereich hat die
Direktwahl es für einige hauptamtliche Verwaltungschefs leicht gemacht, sich auf das hohe Ross
zu setzen und gegen ihre Kommunalvertretungen zu regieren – als kleiner Sonnenkönig oder als
bockiger Suppen-Kaspar. Wie problematisch dies sein kann, zeigt ja zum Beispiel das
Dauerdrama, dass Verwaltung und Politik in Schleswig seit einigen Jahren aufführen – und alle
hier im Plenum werden weitere Beispiele nennen können. Deshalb bleibt der SSW dabei: Ebenso
wie bei den Landräten brauchen wir bei den hauptamtlichen Bürgermeistern eine Änderung der
Kommunalverfassung, die den kommunalen Parlamenten die Macht zurückgibt.


Der SSW wird diesem Gesetz zustimmen. Nicht weil es in allen Punkten zufriedenstellend ist,
sondern weil damit zumindest ein Teil des Problems angegangen wird, dass wir seit der
Einführung der Direktwahl immer wieder unterstreichen. Dabei finden auch wir das Verfahren 3
nicht unbedingt gelungen. Die Regelung über ein Vorschaltgesetz und mit zwei Lesungen
innerhalb einer Plenartagung ist milde gesagt unglücklich. Schließlich hat die Große Koalition
bereits bei der Debatte zum SSW-Gesetzentwurf im Dezember 2006 zu verstehen gegeben, dass
sie diese Änderung anstrebt. Wir wissen alle, dass die Abstimmung innerhalb einer Großen
Koalition lange dauert. Aber innerhalb von zwei Jahren hätte selbst diese Koalition sich
eigentlich einigen und ein reguläres Verfahren durchziehen können. Dann würden wir auch
nicht in der absurden Situation stehen, dass einige Kreise Anfang 2009 neue Landräte brauchen
und die Kreisordnung eigentlich noch die Direktwahl vorsieht.


Aber trotzdem: Wir sind bereit diesen Weg mitzugehen, weil wir ihn inhaltlich für vollkommen
richtig halten. Und sollte die Große Koalition doch noch den Mut finden, statt dieser halben
Lösung volle Vernunft walten zu lassen und den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern in den
kreisfreien Städten und größeren Gemeinden ebenso konsequent die Macht zurückzugeben,
dann werden wir mit großer Freude auch ein solches Gesetz unterstützen.

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