Grüner Fraktionsbeschluss zur HSH Nordbank
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 118.09 / 23.03.2009Beschluss der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein: Grüne lehnen Gesetzentwurf zur HSH Nordbank abDie Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen stellt fest, dass weder eine sofortige Li- quidation der HSH Nordbank noch ein Beschluss zur Abwicklung der Bank eine angemes- sene Lösung wäre. Die daraus resultierenden Risken für die Wirtschaft, für die Region und für den deutschen Bankensektor wären unüberschaubar. Die HSH Nordbank ist die zehnt- größte Bank Deutschlands und wird als systemrelevant eingestuft. Nach der Einschätzung der Bundesaufsicht für Finanzen würde eine Abwicklung der HSH Nordbank außerdem nicht weniger Kosten für das Land mit sich bringen, sondern im Gegenteil ein erhebliches und unkalkulierbares finanzielles Risiko für die Anteilseigner bedeuten. Deshalb sprechen auch wir uns für eine Restrukturierung der Bank aus. Eine Zustimmung der Grünen Fraktion zur Bereitstellung von zusätzlichem Kapital und Si- cherheiten ist aber nur möglich, wenn im Gesetz Rahmenbedingungen festgelegt sind, die eine klar definierte Neuausrichtung der Bank, eine Ergänzung des Verhaltenscodex für das Unternehmen HSH Nordbank (Corporate Government Codex), die sich an ethischen und ökonomischen Standards orientiert, eine wirksame Kontrolle und Steuerung der Geschäfte der Bank durch die Anteilseigner und eine mittelfristige Zielperspektive für den Ausstieg des Landes aus der HSH Nordbank enthalten sind. Diese Voraussetzungen erfüllt der vorliegende Gesetzentwurf nicht. Deshalb wird die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen dem vorliegenden Ge- setzentwurf der Landesregierung 16/2511 (Strategische Neuausrichtung der HSH und Errichtung der „HSH Finanzfonds AöR“) nicht zustimmen. Hinzu kommt, dass wir kein Vertrauen in die handelnden Akteure haben. Die permanente Desinformation und teilweise sogar Falschinformation der Landesregierung gegenüber dem Seite 1 von 3 Parlament und der Öffentlichkeit ist nicht akzeptabel. Weder hat die Landesregierung die unterschiedlichen Modelle für eine Restrukturierung der Bank selbst geprüft, noch hat der Wirtschaftsminister die Chance erhalten, aufgrund interner Unterlagen die Tragfähigkeit der Neuausrichtung der Bank ernsthaft zu analysieren. Dieses Vorgehen ist unverantwortlich. Haben sich doch alle Prognosen der Bank in 2008 als Irrlicht erwiesen: Aus dem im Oktober geschätzten Jahresgewinn von 400 Mio. Euro wurde mit dem Jahresabschluss 2008 ein Verlust in Höhe von 2,8 Mrd. Euro. Die Steuerung und die Kontrolle der Bank durch den Vorstand und durch den Aufsichtsrat haben komplett versagt. Das desaströse Management durch Landesregierung und HSH Nordbank-Vorstand hat der Bank und dem Land zusätzlichen Schaden zugefügt. Wir fordern deshalb, • dass unverzüglich die Verantwortlichkeiten geklärt und personelle Konsequenzen gezogen werden; • dass die angekündigte Auszahlung der Dividende von 200 Mio. Euro nicht erfolgt.Begründung und Erläuterung: 1. Keiner der angehörten Experten konnte beurteilen, ob das vom Vorstand der HSH Nordbank vorgeschlagene Geschäftsmodell trägt, auch wenn sie es für plausibel halten. Unter anderem sind die Prognosen für das Schifffahrtsgeschäft in den wichtigen Berei- chen Massengutfrachter und Tanker mit großen Unsicherheiten verbunden. Der Umfang der Finanzmarktgeschäfte – 29 Prozent der Bilanzsumme der zukünftigen Kernbank – ist nicht plausibel. Und von Seiten der Sparkassen und Genossenschaftsbanken gibt es bislang keine Aussage, ob eine Ausweitung des Geschäfts mit der regionalen Wirtschaft ohne Konflikt möglich ist. Es muss deshalb ein Agreement mit dem Sparkassen- und Gi- roverband bezüglich der Rolle der HSH Nordbank als regionale Wirtschaftsbank geben, sonst kann die angestrebte Regionalisierung nicht funktionieren. 2. Angesichts der permanenten Fehl- und Falschinformationen durch die Regierung ge- genüber Parlament und Öffentlichkeit, des desaströsen Managements der Krise und der gravierenden Zweifel an dem Geschäftsmodell sind wir nicht bereit, dem Paket von 3 + 10 Milliarden auf Grund eines Vertrauensvorschusses zuzustimmen. Es muss Konse- quenzen für den Umgang mit dem Parlament geben, die auch für die Oppositionspartei- en Transparenz herstellen - in Bayern wurde z.B. unter Beteiligung der Opposition eine Kommission gebildet, die Einsicht in alle Unterlagen hat und den Restrukturierungspro- zess der Landesbank begleitet. Aktuell gehört dazu auch die Vorlage des Jahresab- schlusses 2008 an das Parlament vor der Entscheidung über das Gesetz. 3. Die angeblichen von der Bank intern 22 geprüften Alternativen sind uns bis heute nicht vorgelegt worden. Wir erwarten, dass wir über die Alternativen und den Auswahlprozess transparent informiert werden. Insbesondere erwarten wir, dass die Gutachter Pricewa- terhouseCoopers und Morgan&Stanley, die den Entscheidungsprozess für die Landes- regierung begleitet haben, dem Parlament eine schriftliche Bewertung vorlegen und schriftliche Stellungnahmen der Gutachter an die Landesregierung dem Parlament vor- gelegt werden. 4. Aus den Darlegungen im Finanzausschuss und aus den Akten geht plausibel hervor, dass eine Liquidation der Bank die schlechteste Alternative ist. Auch eine kontrollierte Abwicklung ohne Weiterführung von lukrativen Geschäftsbereichen ist nach Aussagen der Fachleute nicht darstellbar, ohne dass das Land eine Gewährträgerhaftung für die gesamten aufgenommenen und im Laufe der Abwicklung noch aufzunehmenden Kredite übernimmt. Das ist für uns ebenfalls keine Alternative. Klar ist aber, dass das neue Geschäftsmodell schon jetzt eine teilweise Abwicklung der Bank beinhaltet, denn die Bilanzsumme wird in den nächsten Jahren um fast 50 Prozent 2 reduziert. Aus unserer Sicht hätte auch geprüft werden müssen, ob z.B. durch den Ver- kauf von Geschäftsbereichen die Bilanzsumme der Bank noch weiter reduziert werden kann und damit eine mittelfristige Abwicklung der Bank vorbereitet werden kann, wie es jetzt bei der WestLB geplant ist. Das ist nicht geschehen, da das Land bisher kein Kon- zept dafür hat, wie es mittelfristig mit der Landesbank weiter gehen soll. 5. Aufgrund der Ausführungen des Vertreters des SoFFin im Finanzausschuss wurde klar, dass der SoFFin sich an einer weiteren Kapitalaufstockung über die 3 Mrd. Euro hinaus beteiligen würde, wenn aus der neuen Kernbank heraus weitere Risiken auftreten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Aufstockung erforderlich wird, liegt nach Aussagen des HSH-Vorstandes bei 40 Prozent. Deshalb muss im Gesetz schon jetzt festgelegt werden, dass die Vorraussetzungen für eine solche Kapitalaufstockung mit der SoFFin schnellstmöglich geklärt und die dafür erforderlichen Schritte kurzfristig eingeleitet wer- den. 6. Es muss Konsequenzen (Verhaltensrichtlinien) für die Bank geben, die schriftlich formu- liert werden. Dazu gehören Regeln für ein neues Risikomanagement, Transparenzstan- dards und ethische Standards (Ökologie, Soziales, Korruption, Steuerehrlichkeit usw. – wie das in vielen international tätigen Konzernen Standard ist). Dementsprechend muss der Corporate Government Codex der HSH Nordbank überarbeitet und erweitert wer- den. Dazu gehören ebenfalls Regularien für die Vergütung von Aufsichtsrat, Vorstand und leitenden MitarbeiterInnen. Diese sollen eine Höhenbegrenzung (unterhalb der SoFFin-Grenze) sowie eine erhöhte rückwirkende Teilhaftung beinhalten, die nicht voll versichert werden darf (siehe dazu das Steinbrück/Steinmeyer-Papier zur Kontrolle der Finanzmärkte). 7. Es muss Konsequenzen für den Umgang des Landes als Anteilseigner mit der HSH Nordbank geben (Sicherstellung der professionellen Zuarbeit für die Landesminister im Aufsichtsrat, Transparenz im Landeshaushalt - Ausweisung aller aufgenommenen Kredi- te sowie aller Beteiligungen, Garantien und Bürgschaften - siehe dazu auch die Presse- mitteilung des Bundes der Steuerzahler). 8. Es soll schon jetzt festgelegt werden, dass die HSH Nordbank mittelfristig aufgelöst wird. Das alte Modell der Landesbanken hat sich überholt. Zu diesem Weg muss sich die Landesregierung schon jetzt bekennen. Das neue Geschäftsmodell muss darauf ausge- richtet sein und darf nicht das alte Konzept einer Regionalbank verfestigen. Zielvorstel- lung sollte sein: Das Altgeschäft, das nicht veräußerbar ist, wird – gegebenenfalls in ei- ner Auslagerungsbank – abgewickelt. Wertvolle Geschäftsbereiche werden verkauft, so- bald sich wieder ein entsprechender Marktpreis erzielen lässt. Und das Regionalge- schäft wird dann in ein zukünftiges Bundessparkasseninstitut eingliedert werden. In die- sem Sinne muss sich die Schleswig-Holsteinische Landesregierung auch auf Bundes- ebene in die Debatte einbringen. *** 3