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25.03.09 , 15:15 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: Verantwortliche in Vorstand und Aufsichtsrat der HSH zur Rechenschaft ziehen!

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 099/2009 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Kiel, Mittwoch, 25. März 2009 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Sperrfrist: Redebeginn Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort!
Finanzen/ HSH Nordbank
Wolfgang Kubicki: Verantwortliche in Vorstand und Aufsichtsrat der HSH zur Rechenschaft ziehen! In seinem Redebeitrag zu TOP 7 (Errichtung der HSH Finanzfonds AöR) sagte der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki:
„Die Parlamente von Hamburg und Schleswig-Holstein stehen vor einer Entscheidung von historischer Tragweite. Abgeordnete der Bürgerschaft und des Landtages sollen in den nächsten Tagen einem Hilfspaket von 13 Mrd. Euro zustimmen, das die beiden Landesregierungen geschnürt haben. Dieses Paket ist die größte Finanztransaktion der letzten Jahrzehnte. Und diese Entscheidung fällt sicherlich keinem Abgeordneten leicht. Dass dies so ist, hat nicht unwesentlich mit der miserablen Informationspolitik zu tun und damit, wie einzelne handelnde Akteure glaubten mit dem Parlament umgehen zu können. Denn während den Parlamentariern dieses hohen Hauses von Seiten des HSH-Vorstandes aber auch von Seiten des Finanzministers bis in den November 2008 hinein beteuert wurde, die HSH Nordbank sei eine kerngesunde Bank, sie sei die einzige Landesbank mit einem tragfähigen Geschäftsmodell, habe den Steuerzahler bis heute keinen einzigen Cent gekostet und manage die Krise außerordentlich gut– stehen Bank und Landesregierung nun vor einem Scherbenhaufen. Durch Milliardenverluste bei hochspekulativen internationalen Investments, durch einen dramatischen Einbruch in den Kerngeschäftsfeldern und nicht zuletzt durch ein völliges Versagen der Kontrollinstanz Aufsichtsrat erwartet die HSH Nordbank allein im Jahr 2008 einen Bilanzverlust von 2,8 Milliarden Euro und hat mittlerweile eine Eigenkapitalquote von unter 4,5 Prozent.
Die Vorgänge der letzten Monate rund um die HSH Nordbank haben das Vertrauensverhältnis des Parlaments in den Vorstand und den Aufsichtsrat beeinträchtigt. Hierzu hat die schlechte Informationspolitik des Vorstandes und der Landesregierung erheblich beigetragen. Sowohl der Vorstand der Bank, insbesondere aber der Aufsichtsrat, haben durch eine mangelhafte Risikobewertung der Bankaktivitäten und fehlende Kontrolle die HSH in eine tiefe Krise gestürzt und damit dem Land einen erheblichen Schaden zugefügt.
Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Und wenn der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Ralf Stegner, der bis April 2008 im Aufsichtsrat der Bank saß, jetzt verlangt, die Kontrolle über die Herrschaften im Vorstand der HSH Nordbank zu verstärken, dann habe ich dafür nur Hohn und Spott übrig. Sehr geehrter Herr Ex-Innenminister und Ex-Finanzminister, Sie saßen in den vergangenen Jahren im Aufsichtsrat, also dem Kontrollorgan der Bank. Ihre Pflicht war es, den Vorstand zu kontrollieren. Was haben Sie denn in all den Jahren gemacht? Wo war denn der Kontrolleur Stegner, als ab 2003 Jahr für Jahr die am Kapitalmarkt investierten Mittel geradezu explodierten, ganz im Gegensatz zur jährlich vergebenen Kreditsumme an norddeutsche Unternehmen? Wo war denn der Kontrolleur Stegner, als die Bank die komplexen, strukturierten Kredite in die Bücher geladen hat, ohne Kundenbeziehungen dahinter? Wo war denn der Kontrolleur Stegner, als der Vorstand in der Bilanzpressekonferenz am 27. Februar 2007 verkündete, man wolle die Eigenkapitalrendite der Bank im Jahr 2007 von 15% auf 15,5% und weiter kontinuierlich bis 2010 auf 17% erhöhen? Was ist das eigentlich für eine jämmerliche Vorstellung, wenn ausgerechnet Sie jetzt eine stärkere Kontrolle fordern?
Es wurden in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern gemacht, sowohl im Vorstand als auch im Aufsichtsrat. Und wie gravierend diese Fehler waren, das sagte uns in der Sitzung des Finanzausschusses am 19. März der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin), Herr Sanio. Denn bereits im November stand die Bank kurz vor der Illiquidität und nur mit ganz erheblichen Zugeständnissen der BaFin konnte die Schließung der Bank abgewendet werden. Vier Monate später haben dann die Länderkabinette von Hamburg und Schleswig-Holstein am 24. Februar beschlossen, der HSH jeweils 1,5 Mrd. Euro an Eigenkapital und weitere jeweils 5 Mrd. Euro an Garantien zur Verfügung zu stellen. Und auch das wurde in der Finanzausschusssitzung am 19. März von Kabinettsmitgliedern bestätigt – lediglich auf Basis eines Folienvortrages, ohne weitergehende Prüfung und ohne Alternativkonzepte.
Wir als Abgeordnete dieses Landesparlamentes stehen jetzt da, wo wir nie stehen wollten. Wir werden mit der Pistole auf der Brust zu einer Entscheidung gezwungen – allerdings ohne jegliche Entscheidungsgrundlagen. Denn diese fehlen bis heute. Wir müssen uns auf Folienvorträge der Bank, auf teilweise sehr unkonkrete Beantwortungen zahlreicher Fragen aller Fraktionen und auf die Aussagen der BaFin und des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) verlassen. Die Grundaussage, die wir glauben müssen, ist: Es gibt keine Alternativen, beziehungsweise es gibt sie schon, aber sie sind alle teurer als die jetzt vorgelegte – oder aber risikoreicher.
Diese Entscheidung ist womöglich die schwerste Entscheidung seit dem Bestehen dieses Landesparlamentes. Und ich habe – ebenso wie der Wirtschaftsminister - erhebliche Bauchschmerzen dabei, diese Entscheidung zu treffen, im einfachen Glauben daran, dass wir das Richtige tun. Bis heute liegen den beiden Parlamenten keine gesicherten Zahlen vor, was die Zukunft der Bank angeht. Doch nicht nur das. Es gibt noch nicht einmal einen testierten Jahresabschluss für das Jahr 2008 und keine aktuelle Unternehmensbewertung. Jeder Kaufmann, der mit diesen Unterlagen bei seiner Bank um einen Kredit nachsucht, wird hochkant rausgeschmissen. Der Hamburger Senat und das Kieler Kabinett haben im Blindflug ihre Beschlüsse getroffen. Und schon allein das ist bedenklich. Und dass selbst der Aufsichtsrat der HSH drei Sitzungen gebraucht hat, um dem neuen Geschäftsmodell trotz massiver Bedenken seine Zustimmung zu erteilen, sollte auch in unsere Entscheidungsfindung einfließen.
Denn was sagt das neue Geschäftsmodell aus? Letztlich geht es dem Vorstand darum, die Bilanzsumme der Bank von knapp 200 Mrd. Euro auf rund 116 Mrd. Euro fast zu halbieren. Die Risiken, insbesondere das Kreditersatzgeschäft, das in der Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Spitze ein Volumen von über 30 Mrd. Euro angenommen hat, sollen ausgelagert und abgewickelt werden. Bis zu 1400 Mitarbeiter der Bank müssen gehen. Zukünftig will sich die Bank auf das Mittelstandsgeschäft und auf Schiffsfinanzierungen, also auf die selbsternannten „Stärken“ konzentrieren.
Doch sind diese selbsternannten Stärken tatsächlich so stark? In der Beantwortung unserer Fragen zum Gesetzentwurf schreibt die Landesregierung, dass die Bank bei ihren Tragfähigkeitsanalysen des neuen Geschäftsmodells davon ausgeht, dass im Jahr 2009 die US-Wirtschaft um 2% schrumpft und das BIP in der EU um 2,5% zurückgeht. Kann es sein, dass diese Annahmen bereits heute überholt sind und wir von einem deutlich größeren Schrumpfen der Weltwirtschaft ausgehen müssen? Und welche Auswirkungen hat das auf die Zahlen des Geschäftsjahres 2009? Weiter erklärt die Landesregierung, dass das makroökonomische Umfeld geprägt sei von einem deutlichen Einbruch der Charterraten im Schiffsbereich sowie der Immobilienwerte, also genau in den neuen Kerngeschäftsbereichen.
Und dass der Bereich Schiffsfinanzierung vor einer dramatisch schweren Zeit steht, das ist ja nun bei weitem kein Geheimnis. Die Situation am internationalen Schifffahrtsmarkt hat sich seit Jahresbeginn drastisch verschärft. Die Krise bringt nun auch deutsche Fondshäuser in Bedrängnis, die zu den größten Flottenfinanzierern weltweit gehören. Reeder und Emissionshäuser für Schiffsfonds versuchen, Aufträge bei den Werften zu stornieren oder wenigstens Zeit zu gewinnen, indem Ablieferungen auf spätere Termine verschoben werden sollen. Experten gehen mittlerweile davon aus, dass rund ein Viertel der bestellten Frachtschiffe nicht auf den Markt kommen wird, weil Kaufpreisraten nicht bezahlt, Strafzahlungen für stornierte Aufträge geleistet oder Werften insolvent werden. Denn die Schifffahrt leidet unter massiven Überkapazitäten, ein Großteil der Neubauten wird gar nicht benötigt. Viele Schiffe verdienen zurzeit nicht einmal die Betriebskosten, geschweige denn Zins und Tilgung. Vielen neuen Schiffen droht nun direkt nach der Werftablieferung die Stilllegung. Ein großer deutscher Reeder soll bereits einen Fjord in Norwegen für stillgelegte Schiffe gemietet haben. Aber es passiert auch hier vor unserer Haustür: Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes hat um Genehmigung gebeten, die Geltinger Bucht mit Schiffen voll zu parken – und das Schleswig-Holsteinische Umweltministerium hat es am gestrigen Dienstag genehmigt.
Lassen Sie mich an dieser Stelle in Erinnerung rufen, wie der Sparkassen- und Giroverband, mit 2 Personen im Aufsichtsrat der Bank vertreten, zum Gesetzentwurf der Landesregierung Stellung bezogen hat. Er schreibt in einem Brief vom 10. März 2009 an den Finanzausschuss: „Eine Teilnahme der Schleswig-Holsteinischen Sparkassen bzw. unseres Verbandes an diesen Kapitalmaßnahmen ist angesichts der hiermit verbundenen Risiken und der Beeinträchtigung der Risikotragfähigkeit der Sparkassen ausgeschlossen.“ Im Klartext heißt das doch: Die Sparkassen haben erhebliche Zweifel an der Tragfähigkeit des neuen Geschäftsmodells und sehen erhebliche Risiken in der Neuausrichtung. Und weiter heißt es in dem Brief: „dass die Schleswig-Holsteinischen Sparkassen ihre Aktien der HSH zu einem fairen Preis an das Land Schleswig-Holstein veräußern möchten, um die Sparkassen und die Erfüllung ihres öffentlichen Auftrages nicht weiter zu gefährden.“ Mit anderen Worten: Die Sparkassen sehen sich in der Kreditversorgung des Schleswig-Holsteinischen Mittelstandes massiv gefährdet, weil sie kein Wertaufholungspotential ihres Anteiles sehen, sondern offenbar einen weiteren Zuschussbedarf der Anteilseigner.
Angesichts der Lage der Weltwirtschaft und insbesondere der aktuellen Situation im Bereich der Schiffsfinanzierungen bestehen auch aus meiner Sicht erhebliche Zweifel an der Risikotragfähigkeit des Geschäftsmodells. Und was das heißt, das hat uns die Landesregierung ja ehrlicherweise auf unsere Frage hin bereits beantwortet. Im Umdruck 16/4062 heißt es: „Unter der zusätzlichen Stressbetrachtung reichen die Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 geplanten Maßnahmen für 12-18 Monate. Damit würde eine – seitens der Bank nicht erwartete – weitere Eigenkapitalzuführung notwendig werden.“
Doch müssen wir uns ehrlich und ernsthaft fragen, welche Alternativen es zu der von Landeskabinetten Hamburg und Schleswig-Holstein vorgelegten Rettungsaktion in der Kürze der uns verbleibenden Zeit gibt. Nach langer und intensiver Beratung ist die FDP-Fraktion zu dem Schluss gekommen, dass eine Zustimmung zu dem Vorschlag der Landesregierung möglich ist, allerdings nur dann, wenn fünf für uns ganz entscheidende Sachverhalte unmissverständlich festgeschrieben werden:
1. Für das Land Schleswig-Holstein dürfen keine weiteren Haftungsrisiken entstehen. Sämtliche zukünftige Kapitalbedarfe, egal ob Eigenkapital, Garantien, Bürgschaften oder sonstige Zuführungen, die über die mit dem Gesetzentwurf gewährten 6,5 Mrd. Euro hinaus der HSH zur Verfügung gestellt werden müssen, sind vorrangig aus Mitteln des Bundes bzw. des SoFFin zu befriedigen.
2. Das vom Land Schleswig-Holstein über die HSH Finanzfonds in die HSH Nordbank eingebrachte Kapital wird bis spätestens 2020 zurückgeführt und die HSH Finanzfonds AöR rück abgewickelt.
3. Es wird ein Fahrplan zum Ausstieg des Landes Schleswig-Holstein aus der HSH Nordbank durch Verkauf der Landesanteile verbindlich festgelegt.
4. Die Verantwortlichen für die Krise der HSH in Vorstand und Aufsichtsrat werden festgestellt, die notwendigen personellen und organisatorischen Konsequenzen werden gezogen.
5. Die Risikoanalysen und das Risikomanagement werden derart verbessert, dass Schieflagen mit erheblichem Verlustpotential künftig vermieden werden.
Eines muss ganz eindeutig klar sein: Die HSH Nordbank darf für den Landeshaushalt, für den Schleswig-Holsteinischen Steuerzahler und für die zukünftigen Generationen kein Fass ohne Boden sein und es müssen sämtliche Anstrengungen unternommen werden, um diese Schieflage der Bank in Zukunft zu vermeiden. Die Erklärung des SoFFin am 19. März, die jetzige Bereitstellung der 13 Mrd. Euro mache einen späteren Einstieg des SoFFin möglich, lässt zumindest hoffen, dass für das Fass HSH nun zumindest ein Boden sichtbar ist. Es ist allerdings schon fraglich, warum das Finanzministerium und insbesondere der Finanzminister nicht in der Lage waren, eindeutig klarzustellen, dass der SoFFin die Kapitalzuführung mit Bundesmitteln als sehr wahrscheinlich erachtet – und zwar nicht nur für das Neugeschäft. Denn wenn das seit November fest stand, dann hätten wir uns in den vergangenen Wochen eine Menge Ärger ersparen können. So bleibt die Tatsache, dass Soffin und BaFin am 19. März im Finanzausschuss bei den Abgeordneten in 4 Stunden mehr Aufklärung geleistet haben als der Finanzminister in 4 Monaten.
Das ist schon erstaunlich – oder auch nicht, da es augenscheinlich ist, dass dieser Finanzminister heillos überfordert ist.
Nur wenn die fünf Punkte – die Sie im Übrigen auch in der von der FDP-Fraktion heute vorgelegten Resolution wiederfinden - verbindlich festgeschrieben sind, werden die Risiken für den Landeshaushalt beherrschbar. Es werden aber gleichzeitig die notwendigen Konsequenzen gezogen, um die Fehler der Vergangenheit zukünftig zu vermeiden. Und nur dann kann die FDP-Fraktion dem vorgelegten Gesetzentwurf zustimmen“, so Kubicki abschließend.

Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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