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06.05.09 , 17:20 Uhr
SPD

Hans Müller zu TOP 44: Europa gelingt nur mit sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 06.05.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 44, Schleswig-Holstein in Europa: Europapolitische Schwerpunkte der Landesregierung – Europabericht 2009 (Drucksache 16/2616)

Hans Müller:

Europa gelingt nur mit sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit

Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die europäische Politik muss gewonnen und gestärkt, europäische Entscheidungen müssen transparenter werden, so der SPD-Landtagsabgeordnete Hans Müller in seinem Redebeitrag. Mit dem EU-Vertrag kann die Gemeinschaft handlungsfähiger, transparenter und sozialer gestaltet werden. Die von der Kommission vorgelegte Sozialagenda enthält eine Reihe von Vorschlägen und Initiativen. Sozialbelange sollen künftig für alle Politikbereiche abwägungsrelevant werden. Müller betont, dass Europa nur nachhaltig verwirklicht werden kann, wenn die sozialen Rechte und die wirtschaftlichen Rechte des Binnenmarktes gleichberechtigt behandelt werden.



Die Rede im Wortlaut: In diesem Jahr feiern wir in Europa zwei Jubiläen, die für den europäischen Integrati- ons- und Friedensprozess von herausragender Bedeutung sind. Es sind erstens die friedlichen Revolutionen im Osten Deutschlands und in den mittel- und osteuropäischen Staaten. Diese haben dazu geführt, dass die Berliner Mauer und der Eiserne Vorhang gefallen sind. Dadurch wurde der demokratische Wandel in Mittel- und Osteuropa möglich. Das war vor 20 Jahren.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Und zweitens, mit der EU-Osterweiterung, die sich in diesen Tagen zum fünften Mal jährt, ist ein Großteil der mittel- und osteuropäischen Staaten in die europäischen Insti- tutionen und Entscheidungsprozesse integriert worden. Europa ist friedlich zusammengewachsen. Diese beiden Ereignisse können gar nicht hoch genug bewertet werden. Das umso mehr, als dass das Vertrauen der Bürgerin- nen und Bürger in die europäische Politik zu schwinden scheint.

In knapp fünf Wochen wählen wir das Europäische Parlament neu. Es ist fraglos eine wichtige Wahl. Das müssen wir auf allen unseren Veranstaltungen deutlich machen. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die europäische Politik muss immer wieder gewonnen und gestärkt werden, die europäischen Werte stärker in den Köpfen und Herzen verankert und eine größere Transparenz europäischer Entscheidun- gen herbeigeführt werden.

Im letzten Jahr haben wir es an dieser Stelle begrüßt, dass der Deutsche Bundestag dem EU-Reformvertrag zugestimmt hat. Wir sind auf dem Weg zur Reform der EU- Institutionen einen großen Schritt vorangekommen. 23 von 27 Mitgliedsstaaten haben das Ratifizierungsverfahren bereits abgeschlossen. In vier Staaten befindet sich die Ratifizierung noch im Prozess. Das sind Irland, Polen, Tschechien, aber auch Deutschland. Wir werden in Kürze erfahren, wie sich das Bundesverfassungsgericht zum Vertrag äußern wird.

Wir haben uns in diesem hohen Hause mehrfach deutlich für den Vertrag ausgespro- chen, denn er stärkt nicht nur die Rechte des Europäischen Parlaments und der natio- nalen Parlamente, sondern mit dem europäischen Bürgerbegehren auch ein bürger- nahes und mit der Grundrechte-Charta das soziale Europa. Mit diesem Vertrag kann die EU handlungsfähiger, transparenter und auch sozialer gestaltet werden. Das ist ein dynamischer Prozess. -3-



Für die EU und die europäischen Werte muss immer wieder auf den verschiedenen Ebenen neu geworben werden. Dazu trägt auch der jährliche Europabericht der Lan- desregierung bei, wie auch die heutige Plenardebatte. Vielen Dank Herr Minister Dö- ring an Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der vorliegende Bericht gibt nicht nur einen guten Überblick über die aktuellen europä- ischen Entwicklungen und Initiativen, sondern stellt diese auch in den regionalen Zu- sammenhang und zeigt Perspektiven auf. Aus den Schwerpunkten, des Berichts, möchte ich vier kurz aufgreifen:

Da ist zunächst die Integrierte Meerespolitik. Der Bericht zeigt eindrücklich, dass Schleswig-Holstein – vertreten durch die Landesregierung – auch weiter eine Vorrei- terrolle in der europäischen integrierten Meerespolitik einnimmt. Hier ist nicht nur positiv zu erwähnen, dass Schleswig-Holstein als erste europäische Region einen re- gionalen maritimen Aktionsplan vorgelegt hat, sondern auch weiterhin auf europäi- scher Ebene durch den Vorsitz in der nationalen Expertengruppe Meer und der Ar- beitsgemeinschaft Bund/Länder-Meeresprogramm sowie durch die auf Initiative der Landesregierung gegründete Gruppe „Baltic Sea Regions“ entscheidenden Einfluss auf die europäische Meerespolitik nehmen wird.

Die Meerespolitik ist auch einer der Schwerpunkte der Ostseezusammenarbeit – wo- mit ich den zweiten für Schleswig-Holstein wichtigen Bereich aus dem Bericht anspre- chen möchte. Erklärtes Ziel ist es, die Ostseeregion zur maritimen Modellregion in Europa zu entwickeln.

Im Juni 2009 wird die Kommission einen Entwurf für die Ostseestrategie vorlegen. Sie wird einer der Schwerpunkte der schwedischen Ratspräsidentschaft sein. Die Landes- regierung hat zusammen mit der interregionalen Gruppe „Baltic Sea Regions“ ein Posi- -4-



tionspapier zur geplanten Ostseestrategie vorgelegt und auch über die Bundesregie- rung und den Vorsitz in der Arbeitsgruppe Meerespolitik der Konferenz der Subregio- nen schleswig-holsteinische Interessen eingebracht.

In der Ostseeregion wie in der EU insgesamt bleibt auch die Zusammenarbeit mit Russland wichtig. Hier gilt es, das gegenseitige Vertrauen wieder zu stärken. Mit ei- nem neuen EU-Russland-Abkommen werden die Beziehungen zukünftig auf eine neue Grundlage gestellt.

Energie- und Klimapolitik ist der dritte Themenbereich. Schleswig-Holstein nimmt im Bereich der Windkraftnutzung in Europa eine herausgehobene Stellung ein. Die Lan- desregierung strebt an, das Land stärker im Bereich „Erneuerbare Energien“ zu profi- lieren.

Als viertes einige wenige Anmerkungen zur Sozialen Dimension: Der Bericht nennt als eine der grundsätzlichen Fragen, die sich der EU 2009 stellen, u.a. das Verhältnis von Wettbewerb zu sozialer Dimension. Vor dem Hintergrund der jüngsten EuGH-Urteile, in denen das Gericht den Schutz des Binnenmarktes und insbesondere der Dienstleis- tungsfreiheit über den Schutz der Arbeitnehmerrechte gestellt hat, und des gescheiter- ten Referendums in Irland hat die Kommission im Juli 2008 eine Sozialagenda vorge- legt. Diese enthält eine Reihe von Vorschlägen und Initiativen in den Bereichen Wirt- schaft, Soziales, Bildung, Jugend und Gesundheit. Zu begrüßen ist u.a., dass künftig Sozialbelange für alle Politikbereiche abwägungsrelevant werden sollen.

Neben den EuGH-Urteilen, die ich als Rückschritte auf dem Weg hin zu einem sozia- len Europa sehe, haben die anderen europäischen Institutionen aber auch positive Entscheidungen getroffen: Zu begrüßen ist u.a. die Verabschiedung der Zeitarbeits- richtlinie, nach der Zeitarbeiter künftig bei der Entlohnung, beim Sozial- und Arbeits- schutz den festangestellten Arbeitnehmern gleichgestellt sind. -5-



Damit seien nur einige wenige Punkte aus dem Bericht aufgegriffen. Die Fülle der Themen, die auf europäischer Ebene behandelt werden und die der Bericht anspricht, gilt es im Ausschuss vertieft zu behandeln.

Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt jedoch deutlich, dass Europa ohne soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit nicht gelingen kann. Nur wenn die sozialen Rechte gleichberechtigt zu den wirtschaftlichen Rechten des Binnenmarktes behandelt werden, kann Europa auch nachhaltig verwirklicht werden.

Wir brauchen in diesen Zeiten nicht weniger, sondern mehr Europa oder wie Ulrich Beck vor kurzem in der ZEIT formuliert hat: „Wenn es Europa nicht schon gäbe, müss- te man es jetzt erfinden.“ Und ich füge hinzu: und die politische und soziale Union stärken.

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