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18.06.09 , 10:51 Uhr
B 90/Grüne

Angelika Birk zum Pflegegesetz

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 6 – Pflegegesetzbuch Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die sozialpolitische Sprecherin Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel Angelika Birk: Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 255.09 / 18.06.2009

Vom Heimrecht zum Teilhabegesetz Ganz bewusst trägt der Schleswig-Holsteinische Gesetzentwurf nicht das Wort „Heim“ im Titel. Die so genannten Institutionen; Heime, voll- oder teilstationäre Einrichtungen sind natürlich nicht aus dem Gesetzestext verschwunden, denn nach wie vor leben Menschen in diesen und anderen Wohnformen. Aber sie sind nicht mehr der zentrale Gegenstand des Gesetzes. Das sind die Menschen. Menschen, die aufgrund einer Pflegebedürftigkeit oder einer Behinderung einen Unterstützungsbedarf haben.
Trotz aller Einigkeit aller am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten in der Zielsetzung, die Tücke liegt im Detail. Darin, wie das Ziel am besten zu erreichen ist, gehen die Meinun- gen dann doch auseinander und haben deshalb in mehreren Beratungsrunden zu deut- lichen Verbesserungen im Gesetz geführt.
Insofern halten auch wir Grüne die Beschlussempfehlung, die die Koalition heute zur Abstimmung stellt, für vertretbar.
Nichtdestotrotz sind wir der Meinung, dass das Gesetz in einigen Punkten entscheidend zu verbessern ist. Deshalb stellen wir unsere auch schon im Sozialausschuss schon einmal vorgestellten Vorschläge in einem eigenen Antrag heute ebenfalls zur Abstim- mung.
Die Grünen schlagen folgende Änderungen im Gesetz vor: Der Perspektivenwechsel muss sich einprägsam im Titel wieder finden. Zielgruppe des Gesetzes sind nicht nur Menschen, die einen Pflegbedarf haben, sondern ebenso Menschen, die mit einer Be- hinderung leben.
Damit sich beide Zielgruppen gleichermaßen angesprochen fühlen, stellen wir ganz be- wusst die Menschen mit Behinderung nach vorn und geben dem Gesetz den Kurztitel „Teilhabe und Pflegegesetz“ oder noch kürzer „Teilhabegesetz“ Das Gesetz sollte den Dialog und die gemeinsame landesweite Steuerung über zentra-
Seite 1 von 3 le Rahmenvereinbarungen von Leistungsauftraggebern, Leistungserbringern und Kos- tenträgern befördern. Anders als die Koalition sehen wir im Landespflegeausschuss al- lein nicht für das richtige Gremium. Es muss erweitert werden um die Interessenvertre- tungen der Menschen mit Behinderungen.
Wir wollen, dass die Menschen um die es geht, gemeinsam mit Anbietern, Kostenträ- gern und der Behörde, die dieses Gesetz in der Praxis umsetzt, gemeinsam entschei- den, wie eine angemessene Qualität aussieht, wie sie gesichert und kontrolliert werden kann.
Anders als der vorliegende Gesetzesentwurf halten wir es nicht für sachgerecht, diese Aufgabe dem zuständigen Ministerium im Verordnungswege zuzuweisen. Ein solches Vorgehen kann nur die „ultima ratio“ sein, wenn eine Einigung der Beteiligten nicht mög- lich ist.
Um das Gesetzesziel erreichen zu können sind Transparenz und Verbraucherschutz unabdingbar. Und dies für alle Wohnformen und Einrichtungstypen, die von diesem Ge- setz berührt sind, nicht nur für das „Betreute Wohnen“ Deshalb haben wir einen gänz- lich neuen Paragraf 26 zu „Verbraucherschutz und Transparenz“ formuliert. Er geht weit über das hinaus, was der Sozialausschuss des Landtags zum Verbraucherschutz emp- fiehlt. Denn VerbraucherInnen benötigen optimale Informationen über die unterschiedli- chen Angebote und das in einer Form, die Vergleichbarkeit ermöglicht.
Wir wollen, dass sich Kostenträger, Anbieter und Organisationen, die die Interessen der Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf vertreten, darüber einigen, wie diese Zie- le zu erreichen sind und hierüber einen Vertrag abschließen. Natürlich müssen diese In- formationen überall und möglichst barrierefrei abrufbar sein. Deshalb soll das Sozialmi- nisterium eine Internetplattform schaffen, in der alle Anbieter nach den festgelegten Re- geln und mit aktuellen Preisen ihre Angebote darstellen.
Wohngemeinschaften sind ein Modell mit Zukunft. Seit einigen Jahren ist das Modell der Wohngemeinschaft auch in der Pflege und bei Demenz populär. Es bietet eine Rei- he von Vorteilen, sowohl für die BewohnerInnen als auch für die Kostenträger. Eine Wohngemeinschaft ist kleiner und familiärer als ein Heim, man fühlt sich dort zu Hause und geborgen. Sie ist eigene Häuslichkeit – soweit sie als selbst organisiert gilt und nicht von einem Einrichtungsträger angeboten wird. Die BewohnerInnen üben das Hausrecht aus. Sie können selbst über Organisation und Ablauf, Pflegedienst und er- gänzende Dienstleitungen entscheiden. Die Kosten für Teilhabeunterstützung und Pfle- geleistungen, die dann nach dem bisherigen Leistungsrecht als ambulante Leistungen eingestuft werden, können häufig sogar geringer sein als im Heim.
Diese Chancen sind aber zugleich auch die Problem der Wohngemeinschaft. Kann und soll man in ihnen – wenn sie doch eigene Häuslichkeit sind – überhaupt prüfen und kon- trollieren? Sollen sie den Regeln der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes unterworfen werden? Können sie all diese Anforderungen überhaupt erfüllen, wenn sie doch von den BewohnerInnen selbst oder deren VetreterInnen organisiert sind? Hier braucht es Fingerspitzengefühl und Unterscheidung:
Erstens: Wohngemeinschaften in denen kein Schutzbedarf gegeben ist und die eine re- ale Selbstorganisation nachweisen, sollten nicht unter dieses Gesetz fallen.
Zweitens: Jede und jeder, der eine Wohngemeinschaft gründet, für deren Mitglieder aufgrund von Behinderung oder Pflegebedarf Hilfeleistungen zu organisieren sind,
2 muss einen gesetzlichen Anspruch auf umfassende rechtliche und finanzielle Beratung haben und zwar – gegenüber derjenigen Behörde, die für die Heimaufsicht zuständig ist bzw. die dieses Gesetz exekutiert. Diese Behörde kann nach unserem Änderungsan- trag diese Aufgabe auch auf freie Träger übertragen. Dies würden wir auch empfehlen. Als Einrichtung bieten sich hier zum Beispiel die vom Land geförderte landesweite Ein- richtung KIWA, zur Koordination von innovativem Wohnen im Alter oder die Beratungs- stelle für innovatives Wohnen, aber auch andere unabhängige Beratungseinrichtungen, gegebenenfalls auch die Pflegeberatungsstellen an.
Drittens: In Wohngemeinschaften, in denen hingegen rechtliche VertreterInnen stellver- tretend für die BewohnerInnen deren Rechte ausüben, muss ein überschaubarer Kanon an vertraglicher Klarheit und ein gewisses Maß an Schutz und Kontrolle gewährleistet sein, die vor allem anlassbezogen erfolgen soll.
Diesen Abstufungen haben wir jeweils in unserem Vorschlag mit unterschiedlichem Be- ratungs- Schutz und Kontrollstufen Rechung getragen.
Last but not least soll das Gesetz freiwilliges Engagement in seinen Rechten stärken. Wer sich für die Belange von Menschen mit Behinderung oder Menschen mit Pflegebe- darf ehrenamtlich engagiert, braucht Unterstützung. Dazu gehört der Anspruch auf Fortbildung und das Recht auf Mitwirkung, Anhörung, Auskunft und Beratung. Gern ha- ben wir deshalb die Vorschläge der Landesarbeitsgemeinschaft Heimmitwirkung in un- sere Änderungsvorschläge aufgenommen.



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