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15.07.09 , 13:01 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zum 2. Nachtragshaushalt

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 3 – 2. Nachtragshaushalt Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die finanzpolitische Sprecherin 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Monika Heinold: Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 294.09 / 15.07.2009


Nachtragshaushalt ist eine Dokumentation des Scheiterns von vier Jahren großer Koalition!
Im Nachtragshaushalt für die Jahre 2009 und 2010 schlagen die Folgen der Finanz- marktkrise voll zu Buche. Die Nettoneuverschuldung steigt in dieser Zeit rasant an und überschreitet damit die nach Artikel 53 der Landesverfassung zulässige Grenze.
Angesichts der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ist es konsequent, dass der Landtag eine ernsthafte und nachhaltige Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge- wichtes im Sinne der Landesverfassung anerkennt und eine erhöhte Kreditaufnahme zulässt.
Auch ist es richtig, dass mit Investitionsmaßnahmen versucht wird, den konjunkturellen Einbrüchen entgegenzuwirken und dass es falsch wäre, gegen die Krise ansparen zu wollen.
Und dennoch: Auch und gerade in der jetzigen Situation müssen die richtigen Weichen gestellt werden, um den Landeshaushalt zukunftsfest zu machen und um die Voraus- setzungen zu schaffen, entweder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse durch eigene Kraftanstrengungen umzusetzen oder glaubhaft zu dokumentieren, dass unser hoch verschuldetes Land die Vorgaben der Schuldenbremse ohne weitere Hilfen des Bundes nicht umsetzen kann.


Seite 1 von 4 Mit dem Nachtragshaushalt verweigert sich die große Koalition aber genau dieser Wei- chenstellung. Alle im Nachtragshaushalt aufgeführten „Strukturellen Maßnahmen“ ha- ben keinerlei rechtliche Bindung.
Die Landesregierung beschreibt das so: „Die beschriebenen Maßnahmen sind Aus- druck des festen Willens der Landesregierung den Haushalt weiter zu konsolidieren.“
Man hätte also genauso gut eine Pressemitteilung des Koalitionsausschusses im Nach- trag mit abdrucken können – der hätte die gleiche Rechtsverbindlichkeit gehabt.
Meine Damen und Herren, die große Koalition hat es vier Jahre lang versäumt, notwen- dige strukturelle Sparmaßnahmen zu beschließen. Die vollmundigen Ankündigungen der CDU im letzen Wahlkampf haben sich allesamt in Luft aufgelöst.
Weder wurde eine Verwaltungsreform umgesetzt, noch wurden Stellen in relevanter Größenordnung gekürzt, und Aufgaben sind auch nicht weggefallen – weder für das Land, noch für die Kommunen.
Nach vier Jahren CDU-Finanzminister, CDU-Entbürokratisierungsstaatssekretär und CDU-Ministerpräsident lässt sich nüchtern feststellen: Die Haushaltspolitik der großen Koalition ist gescheitert. Die Ausgaben des Landes sind gestiegen, die Verschuldung ist gestiegen, und der von Rot-Grün umgesetzte konsequente Abbau von durchschnittlich 220 Stellen pro Jahr wurde von der großen Koalition gestoppt.
Herr Wiegard, hätten Sie unseren Kurs beibehalten, so wären in dieser Legislaturperio- de bereits die 1.100 Stellen in der Verwaltung abgebaut worden, auf die Sie sich nun mühsam im Koalitionsausschuss verständigen mussten – mit dem Ziel, diese Zahl im Jahr 2015 zu erreichen.
Und, dass Ihre Verabredung im Koalitionsausschuss kein Kraftakt, sondern ein unge- deckter Scheck auf die Zukunft ist, zeigt ja auch die Tatsache, dass Sie mit dem Stel- lenabbau erst 2011 beginnen wollen. Welch durchsichtiges Manöver, sich für Beschlüs- se feiern zu lassen, die dann das nächste Parlament umsetzen muss.
Im Nachtragshaushalt finden sich jedenfalls nur acht Stellen, die bis 2009 und 2010 ge- strichen werden sollen. Das sind pro Jahr unglaubliche vier Stellen!
Würde man Ihr Tempo beibehalten, Herr Wiegard, dann bräuchten wir bis zum Jahr 3209, um - wie beabsichtigt - 4.800 Stellen abzubauen.
Und schieben Sie nicht die Schuld auf ihren Koalitionspartner SPD, Herr Wiegard.
Wir haben neun Jahre lang gute Erfahrungen mit der SPD gemacht, wenn es darum ging, die Personalbudgets so eng zu stricken, dass sich daraus ein kontinuierlicher Stel- lenabbau ergeben hat.
2 Klare Vorgaben statt verbaler Kraftmeierei sind aber auch deshalb zwingend notwendig, weil der Abbau von Stellen kein Selbstzweck sein darf, sondern gut begründet und ver- antwortbar gestaltet werden muss.
Dieses hat die von Landespolizeidirektor Burkhard Hamm eröffnete Diskussion um die Belastung und die Leistungsfähigkeit der Polizei gezeigt.
Die Aussage von Teilen der großen Koalition, man könne bis 2015 zirka 150 Stellen bei der Polizei und 140 Stellen in der Justiz abbauen - ohne dass das jemand merken wür- de - ist Augenwischerei.
Personaleinsparungen werden sich im Alltag der betroffenen Bereiche immer auswir- ken. Denn auch die Verwaltungsaufgaben bei der Polizei müssen ja weiter erledigt wer- den, selbst wenn wir verbeamtete Polizisten von dieser Tätigkeit entlasten.
Wer Personal abbauen will, muss deshalb auch Aufgabenbereiche definieren, die zu- künftig wegfallen.
Das haben wir mit unserem Vorschlag gemacht: Durch die Auflösung der Polizei Big Band können mittelfristig 26 Stellen eingespart werden. Denn auch wenn die Polizei Big Band gute Qualität abliefert, zur inneren Sicherheit trägt sie nicht bei. Deshalb ist es mir völlig unverständlich, dass CDU und SPD unseren Vorschlag ablehnen.
Und ich frage mich, meine Damen und Herren von CDU und SPD, glauben Sie eigent- lich selbst an ihre lauthals verkündeten Ziele?
Wenn bis 2015 in allen Verwaltungsbereichen außer Polizei, Justiz, Steuern und Schu- len 1.100 Stellen abgebaut werden sollen, dann heißt das, dass zukünftig in diesem Be- reich mindestens jede zweite Stelle wegfallen muss, die durch Altersabgänge frei wird.
Es werden nach den Zahlen der Landesregierung in allen Verwaltungsbereichen bis 2015 nur insgesamt 1.859 Stellen durch Altersabgänge frei. Scheinbar ist Ihnen gar nicht klar, was Ihre eigenen Beschlüsse bedeuten.
Der Nachtragshaushalt dokumentiert in erschreckender Weise das Versagen der gro- ßen Koalition in den letzen vier Jahren.
Strukturelle Weichen wurden nicht gestellt. Verwaltungsreform: Fehlanzeige. Stellenab- bau: Fehlanzeige. Kürzung von Förderprogrammen: Fehlanzeige.
Und es ist schon dreist die komplette zusätzliche Neuverschuldung im Nachtragshaus- halt als „konjunkturell bedingte Nettokreditaufnahme“ zu bezeichnen.
Was haben Sonderausgaben für die Folgen der Schweinegrippe und die Einnahmeaus- fälle aus dem Stillstand von Kernkraftwerken mit den Auswirkungen der Finanzmarktkri- se zu tun, Herr Finanzminister? 3 Und weil die Bilanz der großen Koalition nach vier Jahren gemeinsamer Haushaltspolitik so peinlich und so ernüchternd ist, hat die CDU in den letzten Wochen schnell noch versucht, der SPD die Schuld dafür zu geben.
Die SPD würde alle Sparbemühungen unterwandern, so wurde in der CDU öffentlich- keitswirksam gemunkelt. Letzte Woche legte die Union dann noch einmal nach und streute Gerüchte, nun würde auf Drängen des Ministerpräsidenten tatsächlich an Spar- listen gearbeitet. Es sei nur noch nicht genug im Topf, weil die SPD-MinisterInnen mal wieder blockieren würden.
Einhundert Millionen Euro, so ließ die Union laut Presse durchsickern, müssten im ers- ten Anlauf in den Spartopf kommen. Diesmal seien die Vorgaben wirklich ernst gemeint.
Und der Ministerpräsident droht schon wieder mit einem Koalitionsbruch.
Was der ganze Zauber soll, erschließt sich uns aber nicht. Denn Finanzminister Wie- gard hat im Finanzausschuss deutlich gemacht, dass gar kein weiterer Nachtragshaus- halt geplant sei, um etwaige Sparlisten umzusetzen und dass er auch nicht wisse, was bei dieser Sparaktion herauskomme.
Das nenne ich kraftvoll und entschieden das Ruder herumreißen!
Der Landesrechungshof hat im Finanzausschuss schon einmal angemahnt, dass nun tatsächlich gehandelt werden müsse, damit, so Präsident Altmann, „der Finanzminister nicht wieder erfolglos wegdümpelt“.
Wie wenig kraftvoll die Absichtserklärung der großen Koalition ist, dokumentieren die beabsichtigten „Strukturellen Maßnahmen“ im Vorwort des Nachtragshaushaltes: „Durch eine Reduzierung der Aufgaben im kommunalen Bereich in Form von Aufga- benverzicht, Deregulierung und Umwandlung von Aufgaben, soll die kommunale Ebene nachhaltig von Kosten entlastet werden.“
Meine Damen und Herren von der CDU, haben Sie nicht extra genau dafür vor vier Jah- ren einen Entbürokratisierungsstaatssekretär eingestellt, der eine umfassende Verwal- tungsreform einleiten sollte? Und wo ist das Ergebnis. Fehlanzeige.
Meine Damen und Herren, der heute zur Abstimmung stehende Nachtragshaushalt ist eine Dokumentation des Scheiterns der großen Koalition.
Die Zustimmung meiner Fraktion für den Nachtragshaushalt haben Sie nicht.
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