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Lars Harms zu TOP 7 - Umsetzung einer Schuldenbremse für Schleswig-Holstein
Presseinformation Kiel, den 20. November 2009 Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 7 Umsetzung einer Schuldenbremse für Schleswig-Holstein Drs. 17/12Nachdem die SPD erst komplett gegen die Schuldenbremse war und dann auch nochehemaligen im Koalitionsausschuss dafür sorgte, dass die Klage gegen die Schuldenbremsezurückgenommen wurde, freut uns heute ganz besonders, dass der vorliegende Antrag von derSPD gestellt wurde und der Schlingerkurs der Sozialdemokraten ein Ende gefunden hat.Es zweifelt niemand daran, dass wir eine Schuldenbremse brauchen. Nach wie vor ist aber auchklar, dass die Voraussetzungen für die Schuldenbremse des Bundes - nämlich annäherndausgeglichene Haushalte und eine Berücksichtigung der Altschulden der Länder - nicht erfülltsind. Der schleswig-holsteinische Haushalt ist mit einem Schuldenberg von 23 Milliarden Euround einem strukturellen Defizit von 600 Millionen Euro alles andere als ausgeglichen. Und voneiner Berücksichtigung der Altschulden der Länder kann man bei einer Ausgleichszahlung desBundes von 80 Millionen Euro schon gar nicht sprechen.Für den SSW ist der Dreiklang aus Klage, Konzept und Verfassungsänderung der einzige Weg,um in Schleswig-Holstein langfristig zu einem ausgeglichenen Haushalt zu gelangen. 2Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die im Grundgesetz verankerteSchuldenbremse ist aus unserer Sicht dabei schlichtweg eine Notwendigkeit, um nichtentmündigt zu werden. Es ist eine demokratietheoretische Frage, ob der Landtag in seinemKönigsrecht - dem Budgetrecht - beschnitten wird. Aus unserer Sicht kann sich dies keineinziges Bundesland gefallen lassen. Die Souveränität und damit auch die Flexibilität imeigenen Haushalt müssen erhalten bleiben.Der Bund hat gerade sehr deutlich gemacht, dass er macht, was ihm passt. Die im Wahlkampfgroß angekündigten Steuererleichterungen werden auf die Länder und Kommunen abgewälzt.Das neue Wachstumsbeschleunigungsgesetz führt in Schleswig-Holstein zu 70 Millionen Euroweniger im Landeshaushalt und 60 Millionen Euro weniger in den Haushalten der Kommunen.Nicht nur, dass schwarz-gelbe Parteien Steuergeschenke zu Lasten der Länder und Kommunenversprechen, ohne dies mit diesen abzusprechen. Auch die 80 Millionen Ausgleichszahlungenfür die Schuldenbremse werden damit einkassiert, bevor wir sie auch nur zu Gesichtbekommen haben.Da unser Ministerpräsident in der Föderalismuskommission bei den Ausgleichszahlungen desBundes eingeknickt ist und auf den Knien rutschend Dankbarkeit geheuchelt hat, bekommtSchleswig-Holstein gerade mal 80 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen. Es ist pure Illusion,zu glauben, dass damit überhaupt irgendetwas ausgeglichen werden kann. Daher werden miteiner Schuldenbremse auch Kürzungen kommen - ob es uns passt oder nicht. Illusorisch istdeshalb auch der Antrag von den Linken, die eine Schuldenbremse ohne Kürzungen beiLeistungen und Personal fordern.Der SSW kauft aber nicht die Katze im Sack. Mit der Schuldenbremse akzeptieren wirStreichungen - wir möchten aber vorher wissen, wie diese aussehen. Da der Wahlkampf vorbeiist, können Sie jetzt mit der Sprache rausrücken, wo die Landesregierung in den BereichenBildung, Kinderbetreuung, Polizei und Justiz jährlich mindestens 520 Millionen Euro einsparen 3möchte. Wir brauchen ein realistisches Entschuldungskonzept, dass unseren finanziellenGestaltungsraum nicht völlig kaputt macht und unser Land auch nicht in den finanzpolitischenSelbstmord treibt. Für das vorzulegende Konzept zum Abbau der strukturellenNeuverschuldung brauchen wir aus Sicht des SSW eine gemeinsame Beschlussfassung, dieüber die dünne Mehrheit von CDU/FDP hinausgeht. Nur so wird es uns gelingen, Lösungen zubeschließen, mit denen wir auch in Zukunft weiterarbeiten können – die also überLegislaturperioden und Regierungen hinausgehen.Das Konzept zum Abbau der Neuverschuldung zu schreiben, ist eine große Herausforderung -daran besteht überhaupt kein Zweifel. Es wird nicht nur schwer sein, überhaupt so viel Geldeinzusparen. Auch ist unklar, wie eine Schuldenbremse umzusetzen ist. Die Hans BöcklerStiftung hat in alarmierender Deutlichkeit darauf hingewiesen. Eine Schuldenbremse fordertim Abschwung zu viel Konsolidierung und im Aufschwung zu wenig. Besonders in Schleswig-Holstein stehen wir vor dieser Herausforderung, da eine restriktive Finanzpolitik momentan dieGefahr einer weiteren Abwärtsspirale mit sich bringt.Aber auch die technischen Einzelheiten sind entscheidend. Niemand weiß, mit welchemVerfahren Abweichungen von der konjunkturellen Normallage und die Höhe des zulässigenDefizits oder Überschusses festgestellt werden. Und auch die länderspezifischen Daten undPrognosesätze sind bisher noch nicht vorhanden. Je nach Verfahren kann es zu positiven odernegativen Abweichungen kommen, so dass der SSW dafür plädiert, dass frühzeitig einKonzeptentwurf vorgelegt wird. Für dieses Konzept sollte die Landesregierung genau wie beider Verfassungsänderung eine 2/3 Mehrheit anstreben, um eine möglichst breite Mehrheit zufinden, die die Einsparvorschläge teilt.Der vorliegende Antrag macht deutlich, dass die schwarz-gelbe Landesregierung noch mehrHausaufgaben zu erledigen hat. So lange wir die Schuldenbremse nicht in unsere Verfassungaufgenommen haben, gilt die des Bundes. Da dies den finanziellen Selbstmord Schleswig-Holsteins bedeutet, ist es an der Zeit, eine landesspezifische Regelung vorzulegen. Wir 4brauchen eine Schuldenbremse, die so flexibel wie möglich gehalten ist und antizyklischesVerhalten möglich macht. Wir brauchen eine Schuldenbremse, die zu einem ausgeglichenenHaushalt führt und nicht zum Finanztod Schleswig-Holsteins.Auch die von den Linken vorgeschlagene Festlegung der gesamtwirtschaftlichen Steuerquotewird nicht zu einer Verbesserung der Einnahmesituation der Länder führen. Aus Sicht des SSWkann es kein politisches Ziel sein, Steuern zum Selbstzweck zu erheben. Wenn also Aufgabenwegfallen, kann ich nicht trotzdem Geld dafür kassieren. Sonst verkommen Steuern zurDaseinsberechtigung der Linken und vor allem zu einer Anwandlung von Staatskapitalismus,die mit dem SSW nicht zu machen ist.Für den SSW steht fest, dass die Schuldenbremse mit der Konnexität auf Bundesebeneeinhergehen muss. Sonst können wir planen und Konzepte schreiben, wie wir lustig sind -sämtliche Einsparungen werden nichts bringen. Die Konnexität auf Bundesebene ist dieVoraussetzung dafür, dass der Bund nicht ständig alles auf uns runter bricht, sondern denLändern auf Augenhöhe entgegentritt. Schleswig-Holstein hat eben nicht die Möglichkeit, hierund da ein paar Schräubchen zu drehen, um die Einnahmen zu verbessern. Wir sind auf denBund angewiesen. Bisher hat sich unser Ministerpräsident aber weder für einenAltschuldenfonds eingesetzt, noch die Ausgleichszahlungen nach verhandelt oder sich für dieEinführung der Konnexität auf Bundesebene eingesetzt.Für den SSW fasse ich also noch mal zusammen: wir brauchen nicht nur die Klage vor demBundesverfassungsgericht, wir brauchen auch eine länderspezifische Schuldenbremse, dieEinführung der Konnexität auf Bundesebene und vor allem ein Konzept zum Abbau derNeuverschuldung. Packen wir es also endlich an!