Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Werner Kalinka zu TOP 41: Gewalt ist kein Mittel einer zivilisierten Gesellschaft
InnenpolitikNr. 058/10 vom 25. Februar 2010Werner Kalinka zu TOP 41: Gewalt ist kein Mittel einer zivilisierten GesellschaftEs gilt das gesprochene Wort Sperrfrist RedebeginnDie geplanten rechtsextremen Demonstrationen im März in Lübeck bewegen uns vor allem aus drei Gründen:Erstens alarmiert es uns als Demokraten, wenn inmitten unserer Städte Kundgebungen stattfinden sollen, an denen sich Menschen beteiligen, die die Werteordnung und Grundrechte in unserem Staat offensichtlich nicht achten, und die das Anliegen haben, ein völlig falsches Bild unserer schwierigen deutschen Geschichte zu zeichnen.Zweitens macht es auf uns einen starken Eindruck, wenn wir angesichts der geplanten Demonstrationen in Lübeck sehen, dass vor kurzer Zeit in Dresden, wo auf rechtsextremen Kundgebungen in ganz ähnlicher Weise ein Zerrbild der deutschen Geschichte gezeichnet werden sollte, sich eine große Zahl von Bürgern bereit fand, um dagegen ein deutliches Zeichen zu setzen: Viele Menschen zeigten mit friedlichem Protest, dass sie den Rechtsextremismus und seine Verirrungen entschieden ablehnen. Sie zeigten Zivilcourage. Das ermutigt uns.Zum Dritten bereitet es uns aber wiederum auch Sorge, wenn wir wissen, dass Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Seite 1/3 unter den Teilnehmern der Gegenkundgebungen erfahrungsgemäß nicht nur friedliche Menschen sind, sondern dass hier auch gewaltbereite und gewaltausübende Täter die Konfrontation mit der Polizei suchen. Sie sind eine Minderheit, aber sie sind ebenfalls gefährlich, denn sie sind an Deeskalation nicht interessiert, sondern suchen aktiv die Gewalt. Extremismus und Gewalt muss von allen Demokraten mit entschlossenem Widerstand begegnet werden.Keiner von uns Abgeordneten will es sehen, wenn – wie in Lübeck geplant – auf rechtsextremen Kundgebungen den Menschen schlimme Falsch-Darstellungen unserer schwierigen deutschen Geschichte vermittelt werden sollen. Keiner von uns will es sehen, wenn den Menschen verführerische Parolen angeboten werden, hinter denen eine Ideologie steht, die den Menschen und seine Würde schon im Kern nicht achtet. Daher ist es wichtig, dass der Landtag seine ablehnende Haltung gegen Rechtsextremismus entschlossen und entschieden zum Ausdruck bringt.Das Thema der rechtsextremen Demonstrationen in Lübeck ist nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr, am 27. März 2009, fanden in Lübeck solche Kundgebungen statt – ebenso wie entsprechende Gegenkundgebungen –, und für den Landtag hatte seinerzeit insbesondere im Innen- und Rechtsausschuss eine intensive Befassung mit dieser Thematik stattgefunden. Diese betraf vor allem den mit hohen Aufwendungen verbundenen Polizeieinsatz. Dieser Polizeieinsatz war leider vor allem auch deshalb nötig – und dies gehört zu den Wahrheiten, die man aussprechen muss –, weil auch mit erheblicher Gewalt aus der links-autonomen Szene zu rechnen war. Der Staat kann es aber nicht hinnehmen, dass gewaltbereite Täter aus dem einen oder dem anderen Lager ungebremst auf einander losgehen und es zu körperlichen Auseinandersetzungen oder gar mehr kommt.Der Rechtsstaat kann auch nicht einfach das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit beschneiden, solange von Demonstranten keine Gesetze verletzt werden. Der Rechtsstaat hat in dieser schwierigen Situation vielmehr auch die unanständigen, abstoßenden und widerwärtigen rechtsextremen Meinungen zu ertragen, und in der demokratischen Zivilgesellschaft haben gegen den Rechtsextremismus vor allem das bessere Argument und die Vernunft zu siegen. Mit deutlichen und vor allem friedliche Zeichen – wie wir Sie in Dresden sehen konnten – und wie wir sie uns für Lübeck wünschen.In Überschrift des Antrags, den die LINKEN vorlegen, sprechen Sie zwar von einem friedlichen Schleswig-Holstein, loben aber gleichzeitig im Text Blockaden. Einen ausdrücklichen Aufruf zum Verzicht auf jede Gewalt – so wie wir es in unserem Antrag vorschlagen – sucht man vergebens. Sie wollen also Seite 2/3 offenbar die für Lübeck angekündigten Gegendemonstrationen allesamt – und vollkommen undifferenziert – gutheißen. Und das kann man angesichts der Tatsache, dass es auch in diesem Jahr wieder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Gewalt am Rande der Demonstrationen kommen wird, einfach nicht machen!Gewalt – egal von welcher Seite – ist kein Mittel einer zivilisierten Gesellschaft. Und dies muss der Landtag angesichts der Ereignisse, die vor uns liegen, eindeutig, klar und unmissverständlich aussprechen.Ein letztes Wort noch zu unserem Antrag, den wir dem Antrag der LINKEN entgegen stellen:Sie sehen, dass wir neben einem Aufruf zur gewaltfreien Zivilcourage unsere Aufmerksamkeit auch den beteiligten Polizeibeamten widmen, und dass wir ihnen danken und unseren Respekt ausdrücken wollen. Das hat gute Gründe:Wer die Art von Demonstrationen, vor denen wir stehen, mit wachen Augen beobachtet – auf der einen Seite ein Aufzug von Neonazis, auf der anderen Seite Gegendemonstranten, und dazwischen die Polizei –, der muss gesehen haben, was für eine schwierige Aufgabe es ist, die wir den Polizeibeamten jedes Mal aufs Neue abverlangen müssen. Manchmal sogar unter Einsatz ihrer Gesundheit sollen und müssen sie sich für uns zwischen die Extremisten der beiden Lager stellen und gewalttätige Übergriffe verhindern. Sie setzen sich dabei einem Risiko aus und stehen zwischen allen Stühlen: Sie müssen für Kritik herhalten, oftmals auch provokante Kritik oder gar Beschimpfungen ertragen. Und dabei verlangen wir von Ihnen, dass Sie ihre eigene Meinung, die sie als Staatsbürger zweifelsohne haben, für sich behalten, und dass sie neutral bleiben und sich schlichtend verhalten.Ich habe mit vielen Polizeibeamten gesprochen. Und ich kann ihnen versichern, dass ich keinen Polizeibeamten kenne, für den oder dessen Familie es ein Vergnügen ist, wenn der Dienst an Wochenenden oder Feiertagen daraus besteht, Gewalttäter auseinander zu halten.Aber genau diesen pflichtbewussten Einsatz verlangt nun einmal unser Rechtsstaat, wenn wir es mit der Versammlungs- und Meinungsfreiheit des Grundgesetzes ernst meinen. Deshalb ist es auch nicht zu viel des Guten, sondern es ist einfach eine Notwendigkeit, dass der Landtag auch in diesem Punkt ein klares Signal der Unterstützung sendet und ein Zeichen des Respekts vor dieser Arbeit setzt. Ich freue mich, dass CDU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen und der SSW sich zu einem gemeinsamen Antrag gefunden haben und hier zur Abstimmung stellen. Er ist so formuliert, dass es keinen Grund gibt, ihn abzulehnen. Seite 3/3