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07.10.10 , 17:38 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 11: Der Gesetzentwurf hat Lücken

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 7. Oktober 2010


TOP 11, Änderung der Landeshaushaltsordnung und der Gemeindeordnung (Drucksache 17/880)



Thomas Rother:
Der Gesetzentwurf hat Lücken
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf spricht die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen ein schwieriges Thema an. Grundsätzlich gibt es bei verschiedenen Ämtern und Ehrenämtern die Notwendigkeit, aber nicht die Pflicht, bestimmte Fachkenntnisse zu erwerben, um die persönliche Eignung für ein solches Amt zu vervollständigen.
Das Hauptamt eines Landtagsabgeordneten gehört dazu, genauso wie das Amt eines Gemeindevertreters oder eines Schöffen. Auch hier gibt es Angebote, fehlendes Fachwissen über Entscheidungsprozesse und vor allem Finanzfragen in freiwilliger Schulung zu erwerben. Aber Hand aufs Herz: Auch wenn wir Berufspolitiker sind – wer von uns kann beispielsweise alle Tiefen des Landeshaushalts durchblicken? Ähnliches gilt dann im Speziellen auch für Aufsichtsräte.
Allerdings beweist sich mit diesem Gesetzentwurf eine etwas verzerrte Sicht der Bündnisgrünen auf die politische Realität. Es wird in der Begründung den in Aufsichtsgremien entsandten politischen Vertretern unterstellt, nicht über die erforderlichen Kenntnisse für die Ausübung dieses Mandats zu verfügen. Das unterstellt weiter, dass zumeist wohl nur irgendwie verdiente Politiker in diese Gremien entsandt würden, die für ihre Amtsausübung eigentlich nicht geeignet sind.
Und es unterstellt natürlich auch, dass andere Vertreter nicht zu dumm sind, denn sonst müssten wir ja Bundesrats-Initiativen für Aktiengesetz und Mitbestimmungsregeln gleich mit beschließen. Arbeitnehmer wie private Arbeitgeber in den Aufsichtsgremien machen genauso Fehler, lassen sich genauso von den Vorständen über den Tisch ziehen wie andere auch - oder eben nicht! Ein kräftiges Rückgrat gegenüber den Vorständen brauchen dort alle, egal, wer sie in den Aufsichtsrat entsandt hat.



1 Schauen wir uns beispielsweise die Aufsichtsräte der uns gut bekannten HSH Nordbank an. Dort haben nicht nur die gescholtenen Politiker gesessen, sondern auch hochrangige Wirtschaftsvertreter. Und als Vertreter des Landes Schleswig-Holstein sitzt dort der DIHK- Präsident Driftmann – und nicht erst seit gestern, sondern schon viele Jahre. Es ist natürlich ganz amüsant sich vorzustellen, wie Herr Driftmann eine entsprechende Schulung absolvieren müsste, macht aber auch eine Lücke im Gesetzentwurf deutlich.
Sogar meine Lübecker sozialdemokratische Bürgerschaftsfraktion hat einen Bankdirektor über die Lübecker Bürgerschaft in einen städtischen Aufsichtsrat entsandt. Auch der würde über eine Schulungsverpflichtung etwas irritiert sein.
Für die Mitglieder der Landesregierung kommt hinzu, dass sie von der Verwaltung auf diese Aufgaben für jede anstehende Sitzung vorbereitet wurden und hoffentlich auch werden. Ebenso bereitet beispielsweise die Beteiligungsverwaltung der Hansestadt Lübeck mich auf die Sitzungen des Aufsichtsrats, dem ich für die Hansestadt anzugehören die Ehre habe, gründlich vor. Und das geforderte Schulungsangebot gibt es dort sowieso schon.
Dennoch weist der Gesetzentwurf auf ein bestehendes Problem hin. Ein Problem, das auch der Deutsche Corporate Governance Kodex nicht gelöst hat und das im Aktiengesetz nur unzureichend geregelt ist. Die persönlichen Voraussetzungen für ein solches Mandat beschränken sich demnach auf die Geschäftsfähigkeit, die Begrenzung auf zehn Mandate, das Gebot der Organintegrität und das Verbot der sogenannten Überkreuzverflechtung.
Es ist allerdings zulässig, dass die Gesellschaften in ihren Satzungen bestimmte fachliche Eignungen voraussetzen können. Und die Rechtsprechung hat festgestellt, dass ein Aufsichtsratsmitglied alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen können muss und sich danach Mindestkenntnisse bemessen. Andernfalls liegt ein Übernahmeverschulden vor.
Umfassende Fachkenntnisse auf allen speziellen Gebieten der Geschäftsvorfälle werden nicht verlangt. Es bleibt also richtig, dass alle Aufsichtsratsmitglieder über die zur Wahrnehmung des Amtes notwendigen Mindestkenntnisse verfügen sollten und so etwas auch gesetzlich zu regeln wäre.
Der vorliegende Gesetzentwurf der Bündnisgrünen trifft leider nur einen Teil des eigentlichen Problems. Dennoch ich bin gespannt darauf, wie beispielsweise die kommunalen Spitzenverbände im Anhörungsverfahren das sehen werden.



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