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17.11.10 , 11:40 Uhr
SSW

Flemming Meyer zu TOP 60 - Bericht zur Situation auf dem Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein

Presseinformation
Kiel, den 17.11.2010

Es gilt das gesprochene Wort

Flemming Meyer
TOP 60 Bericht zur Situation auf dem Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein Drs. 17/898
Auch der SSW hält es zunächst einmal für positiv, dass die Zahl der Arbeitslosen in Schleswig-
Holstein weiter zurückgegangen ist. Im Oktober waren 97.600 Menschen arbeitslos gemeldet
und die Arbeitslosenquote betrug damit rund 6,8 Prozent. Natürlich sollten wir uns alle
darüber im Klaren sein, dass die Zahlen aus den Arbeitsmarktstatistiken nicht ohne Vorsicht zu
genießen sind. Aber zumindest der Vergleich mit den Daten aus den schwierigen Vorjahren
belegt eine gewisse Entspannung der Lage. Und dies nimmt selbstverständlich auch der SSW
gerne zur Kenntnis. Oberflächlich betrachtet scheint sich also der Arbeitsmarkt in Schleswig-
Holstein als relativ „krisenfest“ zu erweisen. Dies hat zumindest der Chef der Regionaldirektion
Nord der Bundesagentur in seinem Kommentar zu den aktuellsten Zahlen so berichtet.


Aus Sicht des SSW muss bei all dem Jubel natürlich auch die Frage gestellt werden, worauf sich
diese günstige Entwicklung denn eigentlich im Einzelnen gründet. Schaut man etwas genauer
hin stellt man vor allem fest, dass von den politisch Verantwortlichen in der jetzigen Situation
die Ausweitung des Niedriglohnsektors gefeiert wird: Die Zahl der Leiharbeiter hat sich in der
jüngsten Vergangenheit rasant entwickelt: Der DGB Nord spricht allein für die Zeit nach dem Krisentiefpunkt von einer Zunahme um fast 20 Prozent, während die Zahl der
versicherungspflichtigen Vollzeitarbeitsplätze im gleichen Zeitraum nur um 1,2 Prozent
gewachsen ist.


Aufgrund dieser Entwicklung muss ich für den SSW wiederholen, dass wir das Instrument der
Leiharbeit spätestens dann, wenn es von den Arbeitgebern langfristig genutzt wird, für sehr
problematisch halten. Denn die Tarifverträge in dieser Branche eröffnen eindeutig die
Möglichkeit des Missbrauchs und verhindern somit die ursprünglich gewollte
„Brückenfunktion“ in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis. Der Grundsatz „Gleicher Lohn
für gleiche Arbeit“ wird in der jetzigen Situation dauerhaft missachtet. Eine solche Entwicklung
halten wir ganz einfach für nicht hinnehmbar. Hier bleibt es unverändert Aufgabe der Politik,
die in der heutigen Form völlig inakzeptablen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die
Leiharbeit zu verbessern. Hier fordern wir vor allem die Wiedereinführung des
Synchronisationsverbots und der zeitlichen Befristung.


Für bedenklich halten wir auch die Tatsache, dass gerade ältere, erfahrene Arbeitnehmer
immer größere Schwierigkeiten haben, in ein vernünftiges Beschäftigungsverhältnis zu
kommen. Der vermeintliche Aufschwung kommt bei der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen leider
überhaupt nicht an. Und schlimmer noch: die Zahl der Arbeitslosen in dieser Altersgruppe ist in
Schleswig-Holstein in der jüngsten Vergangenheit sogar noch deutlich gestiegen. Für uns ist es
deshalb eindeutig, dass die Aktivitäten zur Vermittlung dieser Gruppe dringend verstärkt
werden müssen.


Mit Blick auf die jüngeren Arbeitnehmer scheint sich deren aktuelle Situation am Arbeitsmarkt
tatsächlich zu verbessern. Man fragt sich angesichts der aktuellen Politik im Hochschulbereich
allerdings, wie lange dies noch so sein wird. Der SSW hat jedenfalls erhebliche Zweifel daran,
dass es sich hier um eine nachhaltige Entwicklung handelt: Denn wir halten auch die
Ausbildung von qualifizierten Arbeitskräften an Fachhochschulen und Universitäten für einen selbstverständlichen und sehr wichtigen Teil der Arbeitsmarktpolitik. Doch offensichtlich hat
dieser Bereich für die Landesregierung bei weitem nicht den Stellenwert, der ihm zukommen
muss. Nicht nur das Vorgehen von CDU und FDP im Fall der Flensburger Universität erfüllt uns
mit Sorge. Die Landesregierung scheint ganz einfach nicht erkannt zu haben, wie wichtig und
letztlich auch gewinnbringend Investitionen im Bildungsbereich für Schleswig-Holstein sind.
Wenn dies die Antwort auf die im Berichtsantrag geforderten „grundsätzlichen
Zielvorstellungen“ für die Gestaltung des Arbeitsmarkts in der Zukunft ist, sieht diese unserer
Meinung nach jedenfalls sehr düster aus.


Zu einem umfassenden Bild von der Situation auf unserem Arbeitsmarkt gehören natürlich
auch die gerade angesprochenen Fakten. Und leider gibt dieses Bild weit weniger Anlass zur
Freude. Ohne strukturelle Veränderungen und eine effektivere Vermittlung von
Arbeitssuchenden kann keine Rede davon sein, dass der Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein
auch tatsächlich krisenfest und damit auch nachhaltig robust ist.

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