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16.12.10 , 10:43 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: Unser Entwurf wird allen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Katharina Loedige, MdL Stellvertretende Vorsitzende Nr. 476/2010 Günther Hildebrand, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Kiel, Donnerstag, 16. Dezember 2010
Sperrfrist: Redebeginn



www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
Verfassung / Wahlrecht
Wolfgang Kubicki: Unser Entwurf wird allen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht
In seiner Rede zu TOP 12, 17, 18 (Wahlgesetz / Verfassung) sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Wahlrecht ist angewandtes Verfassungsrecht. In einer repräsentativen Demokratie wird das Verfahren beschrieben, in dem sich der Wille des Volkes bei der Zusammensetzung der für die Gesetzgebung berufenen Organe widerspiegelt. Wahlrechtsentscheidungen eignen sich deshalb nicht für taktische Spielereien, sondern müssen Grundlinien, Grundprinzipien folgen.
Das Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein hat mit seinen Entscheidungen vom 30. August Maßstäbe gesetzt. Manche halten die Urteile für einen Meilenstein, manche für eine Kompetenzüberschreitung, manche für schlecht begründet und manche für sibyllinisch, um das Verfassungsorgan Landtag dazu zu bewegen, mit viel geistiger Arbeit einen Weg zu finden, den Wählerwillen möglichst punktgenau abzubilden.
Ich halte die Diskussion über die Qualität der Verfassungsgerichtsurteile für müßig, denn das Landesverfassungsgericht ist die letzte, von Verfassungs wegen vorgegebene Instanz die Reichweite unserer verfassungsrechtlichen Normen zu bestimmen.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich unter juristischen Aspekten die Urteile für wenig gelungen halte. Aber es ist unsere Aufgabe, hiermit ordentlich umzugehen. Das Landesverfassungsgericht hat sich bei seinen Entscheidungen von zwei grundlegenden Überlegungen leiten lassen:

Frank Zabel, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 1. Artikel 10 unserer Verfassung erklärt die Regelgröße des Landtages ohne Wenn und Aber mit der Zahl 69. Es werden zwar Überhangmandate und damit verbunden auch Ausgleichsmandate in der Verfassung explizit anerkannt. Aber eine gravierende Abweichung von der Zahl 69 macht ein Wahlrecht verfassungswidrig, wenn eine solche Abweichung bereits theoretisch möglich ist. Ich vermute, dass das Landesverfassungsgericht eine Abweichung von mehr als 15 % für nicht mehr hinnehmbar erachtet.
2. Da der Grundsatz „one man, one vote“ gilt, hat das Wahlrecht zu gewährleisten, dass bei der Verteilung der Mandate eine größtmögliche Erfolgswertgleichheit der Stimmenabgabe sichergestellt ist.
Das Landesverfassungsgericht hat überdies festgestellt, dass keine einzelne Norm des bisher geltenden Wahlrechts mit der Verfassung nicht in Übereinstimmung steht, sondern dass allein das Zusammenspiel zu einem jedenfalls verfassungswidrigen Ergebnis führt.
Wir alle hier in diesem hohen Hause sind bestrebt, dass die Neufassung des Wahlrechts nicht bereits den Keim eines erneuten Gangs nach Schleswig mit der Folge erneuter Verfassungswidrigkeit in sich trägt. Deshalb ist gründliche, und dieses Mal solide handwerkliche Arbeit vorrangig.
Um das Ergebnis meiner nachfolgenden Ausführungen vorweg zu nehmen:
Ich halte es für ausgeschlossen, das Risiko einer erneuten Wahlrechtsüberprüfung mit einer möglichen Verfassungswidrigkeit der jetzt zu schaffenden Normen zu minimieren, wenn in der Landesverfassung die Zahl 69 als Regelgröße des Landtages nicht zumindest relativiert, nach einem, wie ich meine, vernünftigen Vorschlag der Sozialdemokraten dieses Landes, sogar gänzlich gestrichen und die Regelgröße des Landtages im einfachen Wahlrecht festgeschrieben wird.
Da wir in Schleswig-Holstein, wie in allen anderen Bundesländern und im Bund das Prinzip verfolgen, eine Persönlichkeitswahl mit Verhältnisausgleich zu verbinden, verbieten sich nach meiner Auffassung auch alle Vorschläge, die ein exorbitantes Auseinanderfallen von Direkt- und Listenmandaten zum Inhalt haben.
Abgesehen davon, dass ich es für wenig glücklich halten würde, Schleswig-Holstein zum Experimentierfeld einer solchen Regelung zu machen, wehrt sich auch innerlich bei mir einiges gegen einen solchen Vorschlag aus politischer Überzeugung, da mit einer vergleichsweise starken Ausweitung der Listenmandate gegenüber den Direktmandaten die Macht der Parteiapparate steigt und die unmittelbare Einflussmöglichkeit von Wählerinnen und Wählern auf die Zusammensetzung des Landtages sinkt.

Frank Zabel, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Wie ich bereits bei anderer Gelegenheit erklärte, glaube ich nicht, dass ein Abweichen von mehr als 15 % in die eine oder andere Richtung von der Parität der Direkt- und Listenmandate verfassungsrechtlich tolerabel ist.
Davon unabhängig wird das zugrundliegende Problem nicht gelöst. Auch bei nur 10 Direktmandaten kann theoretisch ein Landtag mit 100 Abgeordneten die Folge sein, wenn 10 Parteien kandidieren und in etwa die gleiche Stimmzahl erhalten, wobei eine Partei alle Direktmandate erobert. Bei einem, wie ich glaube, verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Vollausgleich würde der Landtag die Normgröße von 69 Abgeordneten wiederum verfassungsrechtlich relevant verfehlen.
Vor dem Hintergrund einer Persönlichkeitswahl mit Verhältnisausgleich und damit einer Parität der Sitzungsverteilung durch Direkt- und Listenmandate und einem Vollausgleich von Überhangmandaten, weil nur so sich im gesamten System die größtmögliche Erfolgswertgleichheit herstellen lässt, haben CDU und FDP – wie auch SPD – ihr Modell einer Wahlrechtsreform vorgelegt.
Wir werden im Zuge des weiteren Gesetzgebungsverfahrens durch Anhörungen klären, welcher der Vorschläge, die heute auf dem Tisch liegen, die größtmögliche Chance hat, vor dem Landesverfassungsgericht bei einer erneuten Anrufung zu bestehen. Denn eins muss klar sein: Eine erneute erfolgreiche Wahlanfechtung würde dieses Bundesland und jedenfalls die im Parlament handelnden Akteure der absoluten Lächerlichkeit preisgeben.
Von der Frage der Wahlrechtsänderung losgelöst ist die zweite wichtige Frage, wann der Landtag neu zu wählen ist und wie der Weg beschritten werden muss, diesen Neuwahltermin auch zu erreichen. Entgegen allen anderslautenden Erklärungen hat das Landesverfassungsgericht gerade nicht festgestellt, dass der Landtag unverzüglich neu zu wählen ist, sondern es hat Fristen bestimmt, innerhalb derer ein Wahlrecht zu schaffen ist und innerhalb derer auf der Grundlage eines neu geschaffenen Wahlrechts der Landtag zu wählen ist. Wir dürfen sicher davon ausgehen, dass sich die Verfassungsrichter bei der Fristsetzung etwas gedacht haben, die nicht ohne plausiblen Grund willkürlich verkürzt werden darf.
Das Landesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Wahlperiode am 30. September 2012 endet. Es hat bedauerlicherweise versäumt, diese in den Urteilsbegründungen enthaltene Feststellung auch in den Tenor aufzunehmen. Bedauerlich deswegen, weil sich damit jede Spekulation über einen früheren Wahltermin erledigt hätte. Aber wenn man davon ausgeht, dass die Wahlperiode am 30.09.2012 endet, dann dürfte der Neuwahltermin von Verfassungs wegen in dem Zeitraum zwischen 1. August 2012 und 30. September 2012 liegen.
Wer dies verändern will, muss wiederum mit verfassungsändernder Mehrheit in die Landesverfassung einen Passus aufnehmen, wonach die
Frank Zabel, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 Wahlperiode der 17. Legislaturperiode zu einem anderen Termin endet als dem 30. September 2012.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass ich es auch hier für müßig halte, der Frage nachzugehen, ob das Landesverfassungsgericht überhaupt die Kompetenz hat, seinerseits die Wahlperiode zu verkürzen.
Man kann darüber trefflich streiten. Dieser Streit führt allerdings zu nichts, da er letztendlich erneut vor dem judizierenden Landesverfassungsgericht ausgefochten werden müsste.
Die Bestimmung eines Wahltermins durch den einfachen Gesetzgeber im Wahlrecht wäre per se verfassungswidrig, da die Bestimmung des Termins von Verfassungs wegen der Regierung obliegt.
Der Landtag hat nur die Möglichkeit, durch Selbstauflösung eine Neuwahl innerhalb von 70 Tagen zu erzwingen. Der zweite, verfassungsrechtlich vorgegebene Weg wäre die Auflösung des Landtages durch den Ministerpräsidenten nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung und der Ansetzung einer Neuwahl, ebenfalls binnen 70 Tagen.
Ich warne alle Beteiligten dringend davor, auch nur gedanklich diesen Weg gehen zu wollen, da ich nicht glaube, dass das Landesverfassungsgericht eine Chancenreduzierung bei der Wahlteilnahme derjenigen Parteien und Wählergruppierungen und auch einzelner Bewerber gutheißen würde, die gegenwärtig nicht im Landtag vertreten sind. Neben der Erfolgswertgleichheit der Stimmabgabe ist die Chancengleichheit bei der Teilnahme zur Wahl ebenfalls ein von Verfassungs wegen besonders schützenswertes Gut.
Wir werden uns also, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der intensiven Beratung im Innen- und Rechtsausschuss mit den verschiedenen Facetten der verfassungsrechtlichen Vorgaben beschäftigen müssen. Aber wiederum an einige Vertreter des Sozialdemokratie und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sage ich:
Nicht alles, was man politisch will, kann und darf auch gemacht werden. Mit der Leugnung dieser Tatsache sind bereits CDU und SPD bei der letzten Reform des Wahlrechts gescheitert. Es ist gerade ein herausragendes Merkmal eines Rechtsstaates, dass der rechtlichen Umsetzung eines politischen Willens, ohne dass ich ihn bewerten will, Grenzen gesetzt sind. Wer aus politischer Opportunität diese Grenzen überschreiten will, verschafft sich im öffentlichen Diskurs möglicherweise einen kurzfristigen Stimmungsvorteil, aber er verliert nicht nur dauerhafte Reputation, sondern wird spätestens bei einer erneuten Anrufung des Verfassungsgerichts auf den harten Boden der verfassungsrechtlichen Wirklichkeit zurückfallen.
Wir meinen, der von CDU und FDP gemeinsam getragene Entwurf wird allen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht – und wir befinden Frank Zabel, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 5 uns hier in weitgehender Übereinstimmung mit den Vorstellungen der Sozialdemokraten.
Die Vorschläge von Bündnis 90/Die Grünen und des SSW sowie der Linken erfüllen diese Voraussetzungen nicht oder nicht in Gänze. Ich bin mir aber sicher, dass wir nach einer Anhörung und einer intensiven parlamentarischen Befassung bis zur zweiten Lesung ein Wahlrecht normieren werden, das nicht nur von einer breiten Mehrheit hier im Landtag getragen werden kann, sondern auch das Risiko einer erneuten verfassungsgerichtlichen Befassung mit seiner Verwerfung so gering wie möglich hält.“



Frank Zabel, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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