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Flemming Meyer zu TOP 13 - Situation alleinerziehender Mütter und Väter
ManuskriptKiel, den 23. Februar 2011 Es gilt das gesprochene WortFlemming MeyerTOP 13 Situation alleinerziehender Mütter und Väter Drs. 17/1043So wenig wie in einem dunklen Land Blindheit keine Behinderung darstellt, ist es fürAlleinerziehende in einem Land mit familiengerechten Arbeitbedingungen und einermodernen Infrastruktur.Die Benachteiligung von Familien mit nur einem Elternteil geht nicht von denAlleinerziehenden aus, sondern beruht auf gesellschaftlich konstruierten Barrieren,denen nicht einfach beizukommen ist. Projekte, Modellvorhaben oder lokale Bündnismögen den Prozess flankieren, beseitigen können sie die Barrieren nicht einmal, wennsie auskömmlich finanziert wären – was sie zum überwiegenden Teil nicht sind.Die manifesten Barrieren müssen wir gezielt beseitigen. Ich nenne hier nur drei:1. Steuerrecht. Das Ehegattensplitting hat überhaupt nichts mit Kindern in einer Familiezu tun. Nach der neusten Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem letzten Jahr 2010 2höhlt dieses Steuerrecht eindeutig die Erwerbsneigung von Frauen systematisch aus.Also: weg damit. Das Steuerrecht sollte geändert werden zum Vorteil für die Kinder.2. Familienfeindliche Arbeitsplätze. Die Antwort auf die Große Anfrage lässtdankenswerterweise über die Erwerbsneigung von Alleinerziehenden keinen Zweifel.Entgegen übler Nachrede suchen sogar mehr Alleinerziehende Unabhängigkeit undErfolg im Beruf als Mütter in Paarhaushalten. Sie wissen nämlich genau, dass nurdiejenigen, die über eine möglichst lückenlose Erwerbsbiografie verfügen und darüberhinaus privat ansparen konnten, sich über ihr Alter keine Sorgen machen zu machenbrauchen. Diejenigen allerdings, die trotz bestehendem Jobwunsch kein Angebot finden,das zur Betreuungssituation des Nachwuchses passt und deshalb arbeitslos sind, werdenin Sachen Altersversorgung für ihre Entscheidung, Kinder zu haben, bestraft. DieWirtschaft wird mittelfristig nicht darum herumkommen, den Interessen derAlleinerziehenden entgegen zu kommen, will man auf deren Knowhow nicht verzichten.Von daher kann man dem anstehenden Fachkräftemangel etwas Positives abgewinnen:die Arbeitsbedingungen werden sich verändern – zum Nutzen für Familien. Das sieht dieLandesregierung auch so.3. Armut. Das Armutsrisiko in Haushalten von Alleinerziehenden ist höher als in Familienmit zwei Elternteilen. Daraus folgt Jahre später die Armut im Alter. Nur eineexistenzsichernde Beschäftigung kann hier einen Ausweg bieten; womit wir wieder aufdem Arbeitsmarkt sind. Zu den unterstützenden Maßnahmen, die Alleinerziehenden dieVollzeitberufstätigkeit ermöglicht, gehört sicherlich ein flächendeckendes Angebot anKinderbetreuungsangeboten. Das ist für Schleswig-Holstein vor allem für die Kleinsten,also Kinder unter 3 Jahren, noch nicht gegeben. 3Die Antworten auf die Große Anfrage zeigen die große soziale Spannbreite derLebensformen alleinerziehender Familien. Gerade darum ist es nötig, dass auch dieUnterstützungsangebote differenziert werden. Die Landesregierung vermitteltallerdings den Eindruck, als ob irgendwie alles auch zum Nutzen der Alleinerziehendenherangezogen werden kann. Das ist falsch. Nicht jede Maßnahme, die die Chancen vonFrauen auf dem ersten Arbeitsmarkt verbessert, dient der Unterstützung vonAlleinerziehenden. Die Landesregierung muss da schon genauer hinsehen.Ich würde sogar sagen, dass gerade vor dem Hintergrund der differenzierten Analyse, diewir nun in der Hand haben, vor allem eines deutlich wird: Nicht alle Alleinerziehendenhaben Probleme. Forscher warnen bereits davor, das Etikett „Alleinerziehend“ über zubewerten, weil dieser Status nur vorübergehend gilt. Ein fehlender Schulabschlussdagegen erledigt sich im Laufe des Lebens nicht von selbst. Er ist der Grund fürlebenslange Probleme.Gleiches gilt für den Befund Armut: Hartz IV-Sätze sind nicht ausreichend, um Kindergesund zu ernähren und ihnen eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zuermöglichen. Das gilt für alle Kinder in so genannten Hartz IV Haushalten, egal ob sie miteinem oder zwei Elternteilen zusammenleben.