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25.02.11 , 15:03 Uhr
SSW

Flemming Meyer zu TOP 13 - Situation alleinerziehender Mütter und Väter

Manuskript
Kiel, den 23. Februar 2011 Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer
TOP 13 Situation alleinerziehender Mütter und Väter Drs. 17/1043


So wenig wie in einem dunklen Land Blindheit keine Behinderung darstellt, ist es für
Alleinerziehende in einem Land mit familiengerechten Arbeitbedingungen und einer
modernen Infrastruktur.
Die Benachteiligung von Familien mit nur einem Elternteil geht nicht von den
Alleinerziehenden aus, sondern beruht auf gesellschaftlich konstruierten Barrieren,
denen nicht einfach beizukommen ist. Projekte, Modellvorhaben oder lokale Bündnis
mögen den Prozess flankieren, beseitigen können sie die Barrieren nicht einmal, wenn
sie auskömmlich finanziert wären – was sie zum überwiegenden Teil nicht sind.
Die manifesten Barrieren müssen wir gezielt beseitigen. Ich nenne hier nur drei:
1. Steuerrecht. Das Ehegattensplitting hat überhaupt nichts mit Kindern in einer Familie
zu tun. Nach der neusten Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem letzten Jahr 2010 2
höhlt dieses Steuerrecht eindeutig die Erwerbsneigung von Frauen systematisch aus.
Also: weg damit. Das Steuerrecht sollte geändert werden zum Vorteil für die Kinder.
2. Familienfeindliche Arbeitsplätze. Die Antwort auf die Große Anfrage lässt
dankenswerterweise über die Erwerbsneigung von Alleinerziehenden keinen Zweifel.
Entgegen übler Nachrede suchen sogar mehr Alleinerziehende Unabhängigkeit und
Erfolg im Beruf als Mütter in Paarhaushalten. Sie wissen nämlich genau, dass nur
diejenigen, die über eine möglichst lückenlose Erwerbsbiografie verfügen und darüber
hinaus privat ansparen konnten, sich über ihr Alter keine Sorgen machen zu machen
brauchen. Diejenigen allerdings, die trotz bestehendem Jobwunsch kein Angebot finden,
das zur Betreuungssituation des Nachwuchses passt und deshalb arbeitslos sind, werden
in Sachen Altersversorgung für ihre Entscheidung, Kinder zu haben, bestraft. Die
Wirtschaft wird mittelfristig nicht darum herumkommen, den Interessen der
Alleinerziehenden entgegen zu kommen, will man auf deren Knowhow nicht verzichten.
Von daher kann man dem anstehenden Fachkräftemangel etwas Positives abgewinnen:
die Arbeitsbedingungen werden sich verändern – zum Nutzen für Familien. Das sieht die
Landesregierung auch so.
3. Armut. Das Armutsrisiko in Haushalten von Alleinerziehenden ist höher als in Familien
mit zwei Elternteilen. Daraus folgt Jahre später die Armut im Alter. Nur eine
existenzsichernde Beschäftigung kann hier einen Ausweg bieten; womit wir wieder auf
dem Arbeitsmarkt sind. Zu den unterstützenden Maßnahmen, die Alleinerziehenden die
Vollzeitberufstätigkeit ermöglicht, gehört sicherlich ein flächendeckendes Angebot an
Kinderbetreuungsangeboten. Das ist für Schleswig-Holstein vor allem für die Kleinsten,
also Kinder unter 3 Jahren, noch nicht gegeben. 3
Die Antworten auf die Große Anfrage zeigen die große soziale Spannbreite der
Lebensformen alleinerziehender Familien. Gerade darum ist es nötig, dass auch die
Unterstützungsangebote differenziert werden. Die Landesregierung vermittelt
allerdings den Eindruck, als ob irgendwie alles auch zum Nutzen der Alleinerziehenden
herangezogen werden kann. Das ist falsch. Nicht jede Maßnahme, die die Chancen von
Frauen auf dem ersten Arbeitsmarkt verbessert, dient der Unterstützung von
Alleinerziehenden. Die Landesregierung muss da schon genauer hinsehen.
Ich würde sogar sagen, dass gerade vor dem Hintergrund der differenzierten Analyse, die
wir nun in der Hand haben, vor allem eines deutlich wird: Nicht alle Alleinerziehenden
haben Probleme. Forscher warnen bereits davor, das Etikett „Alleinerziehend“ über zu
bewerten, weil dieser Status nur vorübergehend gilt. Ein fehlender Schulabschluss
dagegen erledigt sich im Laufe des Lebens nicht von selbst. Er ist der Grund für
lebenslange Probleme.
Gleiches gilt für den Befund Armut: Hartz IV-Sätze sind nicht ausreichend, um Kinder
gesund zu ernähren und ihnen eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu
ermöglichen. Das gilt für alle Kinder in so genannten Hartz IV Haushalten, egal ob sie mit
einem oder zwei Elternteilen zusammenleben.

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