Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

25.08.11 , 17:32 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zum Zustand des AKW Brokdorf

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort Claudia Jacob Landeshaus TOP 27 – Bericht zum Zustand des AKW Brokdorf Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der energiepolitische Sprecher Telefon: 0431 / 988 - 1503 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Detlef Matthiessen: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 462.11 / 25.08.2011
Gegen ein Wiederanfahren des AKW Brokdorf
Das AKW Brokdorf ist wieder in den Schlagzeilen. Viele können sich noch gut an die Massendemonstrationen am Bauzaun erinnern. Mit Tränengas wurden DemonstrantIn- nen besprüht. Polizei und AKW-Gegner lieferten sich Scharmützel, der Bauplatz sollte besetzt werden, die SPD rief deswegen aus rechtsstaatlichen Gründen zum Demonst- rieren nach Itzehoe, und der damalige Innenminister Dr. Dr. Uwe Barschel sah sich das Getümmel aus dem Polizeihubschrauber von oben an.
Die Netzanbindung des AKW Brokdorf fand am 14.10.1986 statt. Verglichen mit den Pannenreaktoren Krümmel und Brunsbüttel hatte Brokdorf lange Zeit ein besseres Sicherheitsimage, soweit man das bei einem Atomkraftwerk überhaupt sagen kann. Das AKW Brokdorf weist nach der Antwort auf unsere Anfrage „Verfügbarkeit der schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke“ (Drucksache 17/859) einen Wert von 92 Pro- zent auf. Das ist kein schlechter Wert.
Seit dem 7.8.2011 ist das AKW Brokdorf wegen des Ausfalls eines Transformators ab- geschaltet. Erst kurz vorher war die Jahresrevision des AKW abgeschlossenen worden. Die Medien haben das wie folgt kommentiert: „Das Image hat Risse bekommen“ (KN vom 12.8.2011) und „Brokdorf, das Vertrauen ist verspielt“ (LN vom 13.8.2011).
Das AKW Brokdorf ist das erste Atomkraftwerk, das nach dem gesetzlich festgeschrie- benen Atomausstieg wegen einer Panne vom Netz musste. Das neue Atomrecht nach Fukushima kommt zur Anwendung.
Auch nach dem Beschluss zum Atomausstieg dürfen die Gefährdungen aus dem Be-
Seite 1 von 3 trieb der noch laufenden Atomkraftwerke nicht vernachlässigt werden. Sicherheit geht immer noch vor Wirtschaftlichkeit. Das AKW Brokdorf wird spätestens Ende 2021 vom Netz gehen. Noch 10 Jahre muss die Sicherheit ohne Kompromisse gewährleistet wer- den. Das ist ein Problem, denn alle technischen Komponenten werden immer älter und störanfälliger. Mit dem sich nähernden Ende des AKW werden Investitionen immer we- niger rentierlich.
Die Antworten auf unsere Kleine Anfrage vom 2.8.2011 zur Revision des AKW Brokdorf brachte einige überraschende Informationen. Es gibt seit ein paar Jahren Handha- bungsprobleme beim Ent- und Beladen der Brennelemente. Ursächlich hierfür sind Brennelementverformungen. Diese haben zu tun mit steifigkeitsbeeinflussenden De- signmerkmalen der Brennelemente, so die Antwort auf meine kleine Anfrage. Da wird der Mensch doch hellhörig.
Auch wenn diese Probleme nicht ganz neu sind, so führten sie doch diesmal zu einer deutlichen Verlängerung der Revisionsarbeiten. Deshalb hat die Reaktorsicherheitsbe- hörde Schleswig-Holsteins dem Bundesumweltminister die Einschaltung der Reaktor- sicherheitskommission empfohlen. Das unterstützen wir.
Für die Beherrschung von Störfällen ist es unerlässlich, dass die Brennstäbe und die Steuerstäbe leichtgängig sind, um eine schnelle Abschaltsicherheit zu gewährleisten. Ein negativer Falltest, also das probeweise Einfahren der Dämpfungsstäbe unter den Kuschel-Bedingungen des Revisionsstillstandes beruhigt uns nicht. Bei Notfall und Schnellabschaltung kann die Anlage unter thermischem oder mechanischem Stress stehen.
Nun zum jüngsten Ereignis, das zum aktuellen Stillstand führte: Das sogenannte Buch- holz-Relais hat den Transformator AT01 vor einem Brand bewahrt. Der Trafo gehört zur Erstausstattung des AKW und ist 25 Jahre alt. Er soll nicht repariert werden, sondern es wird ein kompletter Tausch vorgesehen. Die Frage steht im Raum: Warum sind die Schwachstellen des Trafos während der Revision nicht festgestellt worden? Es war ja keine normale Revision, sondern die erste nach der atomaren Dauerkatastrophe in Fu- kushima.
Viele ernste Zwischenfälle gingen von Netzstörungen und Trafofehlern aus. Im AKW Krümmel wurde auch zunächst gesagt, es sei ja nur der konventionelle Teil des Kraft- werkes betroffen. Wir wissen heute, dass es danach dicker kam. Daher habe ich auch sehr kritisiert, dass E.ON nun auch solche Erklärungen abgab, Beruhigungspillen ver- teilte, statt trocken Fakten zu beschreiben. E.ON hat ein besseres Renommee als an- dere AKW-Betreiber und sollte dies nicht verspielen.
Nun plant der Betreiber E.ON, das AKW wieder anzufahren mit nur einem Transforma- tor, dem verbleibenden AT01, der auch 25 Jahre auf dem Buckel hat. Das Ansinnen von E.ON ist verständlich, denn es geht um viel Geld.
Wir Grünen sind gegen ein Wiederanfahren mit nur einem Trafo. Bei dem erbetenen 2 Bericht zum Zustand des Atomkraftwerks Brokdorf geht es uns weiter darum, welche Maßnahmen zur Erhöhung der Robustheit des AKW Brokdorf real ergriffen werden? Was ist unter der Weiterentwicklung des Notfallschutzkonzeptes zu verstehen? Und schließlich spricht die Landesregierung in ihrer Antwort auf unsere Fragen von vorsorg- lichen Schutzmaßnahmen bei Hochwasser. Diese möglichen Gefahren wurden bisher als unrealistisch vom Tisch gewischt.
Der Bericht, für den ich mich hier sehr bedanke, Herr Minister, kann diese Fragen im Rahmen der Landtagsdebatte nicht vollständig abarbeiten. Wir wollen daher das The- ma Sicherheit des AKW Brokdorf im Ausschuss vertiefen.
Eine Technik, die niemals versagen darf, müssen wir beenden. Wir hätten niemals in das Atomprogramm einsteigen dürfen. Noch zwei Legislaturperioden, dann ist der Leis- tungsbetrieb in Brokdorf beendet. Kein Strom mehr, nur noch strahlender Müll für Jahr- tausende.
Wir Grünen sind froh, dass der Atomausstieg besiegelt ist. Ein großer Verdienst der engagierten Menschen in der Anti-AKW-Bewegung! Nach der gesellschaftlichen Mehr- heit kam es zu einer sehr großen politischen Koalition für die geordnete Beendigung des Atomprogramms in Deutschland. Und das ist gut so.



***



3

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen