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14.09.11 , 15:45 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 13 - Gigaliner Feldversuch; jetzt aussteigen

Presseinformation
Kiel, den 14.09.2011 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 13 Gigaliner Feldversuch; jetzt aussteigen Drs. 17/1760

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich Ausnahmeregelungen verselbständigen können. Da
wurde seinerzeit in 1996 nach Aufnahme von Schweden und Finnland in die EU eine
Sonderregelung geschaffen, die es ermöglichte, dass man weiterhin Holztransporte in diesen
Ländern mit übergroßen Lastzügen durchführen konnte. Was in den Weiten Skandinaviens auf
wenig befahrenen und sehr breiten Strecken Sinn macht, macht aber natürlich in den viel
befahrenen und überlasteten Regionen Mitteleuropas wenig Sinn. Gleiches gilt in
abgewandelter Form – um es gleich vorweg zu sagen – für Dänemark. Auch hier ist das
Verkehrsaufkommen bei weitem nicht so hoch wie bei uns. Und selbst dort gibt es viele
kritische Stimmen, die den dort Ende 2008 begonnenen Feldversuch, skeptisch sehen.
Allerdings muss man eines den dänischen Nachbarn zugute halten. Sie sind nicht auf die Idee
gekommen, hoffnungslos überlastete oder gar zu enge Verkehrswege für diesen Versuch zu
nutzen. Hier beschränkt sich der Versuch zumeist auf Autobahnen oder eben in
Ausnahmefällen auf breite Zubringer-Landstraßen. Für diesen Versuch wurden sogar 36
Kreuzungen und 28 Kreisverkehre vollständig umgebaut und auf die Gigaliner ausgerichtet. 2
Hier in Deutschland und speziell in Schleswig-Holstein sieht die Lage anders aus. Ich glaube
jeder sieht ein, dass die Autobahnen im Hamburger Randgebiet sehr stark überfüllt sind, aber
wenn man darüber hinaus betrachtet, welche Bundesstraßen neuerdings für Gigaliner
geeignet sein sollen, dann fragt man sich schon, ob das Ganze nur am grünen Tisch entstanden
ist. Wer sich die engen Bundesstraßen mit vielen Ortsdurchfahrten ansieht, die jetzt eingeplant
werden sollen, der kann nur mit dem Kopf schütteln. Das Highlight wird sicherlich die B5 im
Sommer sein. Seit dreißig Jahren ist bekannt, dass diese Straße in den Sommermonaten nicht
ausreichend in der Lage ist, den Ferienverkehr aufzunehmen. Diese Lage führt jetzt schon zu
Staus und Unfällen. Wie soll das erst werden, wenn Gigaliner die Strecke zusätzlich verstopfen.


Überhaupt, auf welche Art und Weise sollen die Strecken ertüchtigt werden, damit die
Gigaliner halbwegs sicher dort fahren können. Wie gesagt, die Dänen haben Kreuzungen und
Kreisverkehre angepasst und ausgebaut und das auch nur auf wenigen ausgewählten
Streckenkilometern. Hier bei uns müssten ganze Strecken vollständig umgebaut werden, um
zumindest theoretisch die Gigaliner aufnehmen zu können. Bei den Planungszeiten und den
knappen Mitteln, die wir hier haben, sieht es nicht danach aus, dass wir auch nur annähernd,
eine Chance haben, dass die betreffenden Strecken angepasst werden würden. Somit schaffen
wir uns künstlich und unnötig eine Gefahrenquelle, die nach unserer Auffassung nicht
verantwortbar ist.


Lassen Sie mich noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Zulassung für riesige LKWs seinerzeit
als Ausnahmeregelung für Schweden und Finnland geschaffen wurde. Dass jetzt überall im
wahrsten Sinne des Wortes auf diesen Lastzug gesprungen werden soll, zeigt dass hier etwas
aus dem Ruder zu laufen droht. Es ist eben nicht nachhaltig, wenn Verkehre vom Zug oder vom
Schiff auf übergroße Gigaliner umgelenkt werden. Vielmehr brauchen wir intelligente
Logistikkonzepte, die eben gerade nicht auf die weitere Zunahme des Schwerlastverkehrs auf
den Straßen setzen. Wenn jetzt ein Feldversuch mit Gigalinern gestartet wird, dann ist klar,
dass die von den Unternehmen getätigten Investitionen auch eine Rendite abwerfen müssen. 3
Dann wird es dazu kommen, dass solche Gigaliner nach dem Feldversuch flächendeckend auf
wesentlich mehr Strecken zugelassen werden. 10 von 16 Bundesländern hatten sich deshalb
schon im Vorwege geweigert, an einem Feldversuch teilzunehmen. Nun hat auch noch Hessen
Kritik angemeldet. Der dortige Verkehrsminister Posch kritisiert insbesondere die Kriterien zur
Festlegung der Routen abseits der Autobahnen. Das alleinige Kriterium Tragfähigkeit der
Straße reicht nämlich nicht aus. Eine Straße muss auch breit genug sein, wenig oder besser
noch gar keine Ortsdurchfahrten haben, Kreisel und Kreuzungen müssen groß genug sein, die
Verkehrsdichte darf nicht zu hoch sein, Unfallschwerpunkte müssen ausgeschlossen sein und
vieles mehr. Bei uns hier wird man deshalb keine geeigneten Straßen wie in Nord-Skandinavien
finden können.


Deshalb kann es für uns nur eine Entscheidung geben: Schleswig-Holstein muss umgehend aus
dem bundesweiten Feldversuch mit Gigalinern aussteigen.

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