Anke Spoorendonk zu TOP 21 - Bessere Kontrolle der Schusswaffen in Schleswig-Holstein
Presseinformation Kiel, den 5.10.2011 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 21 Bessere Kontrolle der Schusswaffen in Schleswig-Holstein (Drs. 17/1874)Nach dem Blutbad in Winnenden, das ein 17-Jähriger mit den legalen Waffen seines Vatersverrichtete, wurde das deutsche Waffengesetz im Juli 2009 geändert. Künftig sollten diekommunalen Waffenbehörden durch verdachtsunabhängige Kontrollen überwachen, dassprivate Waffenbesitzer ihre Schusswaffen ordnungsgemäß wegschließen. Jetzt, zwei Jahre undeine Bundestagswahl später, ist wieder Alltag eingekehrt und Ruhe. Zu viel Ruhe.Aus einer Kleinen Anfrage unserer Kollegin Silke Hinrichsen wissen wir, dass in Schleswig-Holstein rund 74.000 Menschen ca. 232.000 Waffen besitzen. Das ist eine sehr hohe Zahl. DasInnenministerium konnte aber nicht sagen, wie häufig die Waffenbehörden auf Kreisebene diesichere Aufbewahrung von Waffen kontrollieren. Das ist bedenklich. Dabei deuten die unsbekannten Zahlen stark darauf hin, dass die nach Winnenden angekündigte intensive, ver-dachtsunabhängige Kontrolle nicht erfolgt. In Lübeck zum Beispiel finden bei über 2000 Waf-fenbesitzern 10-15 angemeldete und unangemeldete Hausbesuche pro Monat statt. Das istsogar viel im Vergleich zum Kreis Rendsburg-Eckernförde, wo bei rund 10.000 Waffenbesitzern 2ca. 50 Mal im Jahr verdachtsabhängig kontrolliert wird, oder dem Kreis Plön, wo mehr als 4000Waffenbesitzer leben und im Juli elf unangemeldet kontrolliert wurden. Noch besorgniserre-gender als die nackte Zahl war das Ergebnis: Die Landrätin meldete anschließend, dass manunter den Elf nur einen einzigen fand, der seine Schusswaffen ordnungsgemäß aufbewahrte.Zwei bekamen die Note „zufriedenstellend“. Bei den anderen fand die Waffenbehörde zumTeil geladene Waffen auf Kleiderschränken, in Regalen und Abseiten. Einer hatte eine geladeneKurzwaffe mit 14 Schuss in der Nachttischschublade. So etwas ist natürlich nicht nur dummund fahrlässig, sondern eine regelrechte Bedrohung unserer Sicherheit, denn die Waffen kön-nen in die falschen Hände geraten oder durch Wohnungseinbrüche in die Illegalität wandern.Das Plöner Beispiel ist bei weitem kein Einzelfall. Deshalb fordert der SSW, dass alle Kreise undkreisfreien Städte intensiv und verdachtsunabhängig die ordnungsgemäße Aufbewahrung vonWaffen kontrollieren und dass die Landesregierung als Kommunalaufsicht darauf drängt. Dasses dabei nicht unbedingt am Willen der Behörden mangelt, ist uns bewusst. Der DeutscheStädte- und Gemeindebund hatte bereits 2009 davor gewarnt, dass die Kommunen nicht inder Lage sein würden, schärfere Kontrollen umzusetzen, weil das Personal knapp ist. Der Bundist an keine Konnexität gebunden und wird dafür von sich aus keine Mittel zur Verfügungstellen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine Waffen-steuer einzusetzen, mit der direkt oder indirekt diese Kontrollen finanziert werden können.Wir haben auf die Forderung nach kommunalen Aufwandssteuern verzichtet. Zum einenwürden sie wegen vieler Ausnahmen wohl dazu führen, dass am Ende allein die Sportschützendiese Steuer entrichten müssten. Das wäre ungerecht. Zum anderen würde sie vermutlich zuhoch ausfallen. Die bisher in Deutschland diskutierten Sätze von rund 100 Euro pro Waffewaren viel zu hoch angesetzt. Es darf natürlich nicht vom Geldbeutel abhängen, ob jemandJäger bleiben oder seinen Schießsport betreiben kann. Alternativ zu einer Waffenbesitzsteuerkönnte auch eine Waffensteuer beim Verkauf von Schusswaffen erhoben werden. Das ent-scheidende ist, dass die Politik nach Lösungen sucht, um eine bessere Kontrolle zu finanzieren. 3Wir wissen, dass eine Waffensteuer alles andere als populär ist, aber die Sicherheit der Men-schen muss höchste Priorität haben. Die damit finanzierten Kontrollen sind auch im Interesseder Schützenvereine, Sportschützen und Jäger, denn ihnen ist ebenso daran gelegen, dass dieschwarzen Schafe, die fahrlässig handeln und die Regeln brechen, mit einer Kontrolle rechnenmüssen. 2009 hat das Bundesinnenministerium die Einführung der verdachtsunabhängigenKontrollen in § 36 Waffengesetz damit begründet, das höhere Entdeckungsrisiko lasse eineVerhaltensänderung bei Waffenbesitzern erwarten. Diese präventive Wirkung stellt sich abernatürlich nur ein, wenn auch eine realistische Chance besteht, dass man kontrolliert wird.Als dritten Punkt in unserem Antrag haben wir uns die Forderung der Gewerkschaft der Polizeizu eigen gemacht, dass Polizistinnen und Polizisten sowohl zur Eigensicherung als auch zumSchutze Dritter künftig auf die Personendaten des neuen Nationalen Waffenregisters zugreifenkönnen, das bis Ende 2012 stehen soll. Dies ist laut Landesregierung auch so „vorgesehen“. Wirwollen aber noch einmal unterstreichen, dass die Landesregierung gewährleisten muss, dassdiese Möglichkeit auch realisiert wird und in der Praxis routinemäßig und schnell funktioniert.Das schulden wir den Beamtinnen und Beamten unserer Landespolizei.Deutschland hat eines der strengsten Waffengesetze der Welt und das ist gut so. Es nützt abernichts, wenn es nicht umgesetzt wird. Ein solches Vollzugsdefizit kann für Menschen tödlichsein. Deshalb muss es behoben werden. Es geht uns nicht darum, alle Waffenbesitzer zuverdächtigen oder zu bestrafen. Aber wer eine potenziell tödliche Schusswaffe besitzt, mussdamit leben, dass diese kontrolliert wird, und sich mit einem geringen Beitrag an demAufwand beteiligen, den alle Steuerzahler im Übrigen dafür tragen. Das ist nur fair.