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14.12.11 , 11:26 Uhr
SSW

Flemming Meyer zu TOP 59 - Armuts- und Reichtumsberichterstattung

Presseinformation Kiel, den 14.12.2011

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer

TOP 59 Armuts- und Reichtumsberichterstattung Drs. 17/1250 (neu)

Armut ist hier in Schleswig-Holstein nicht erst seit gestern ein ernstes Problem. Egal ob Kinder-
oder Altersarmut: Wir versuchen seit Jahren, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Doch
leider ist es uns bis heute nicht gelungen. Aktuelle Studien zur Verschuldung der Bürgerinnen
und Bürger im Land belegen sogar, dass die Zahl der Menschen, die ihre Rechnungen nicht
mehr zahlen können und ihre Kredite nicht mehr tilgen können, weiter wächst. Uns allen ist
sicher bewusst, dass Teile unserer Gesellschaft von Armut bedroht sind. Dass sich dieses
Problem aber trotz wirtschaftlicher Erholung verschärft, ist aus Sicht des SSW beschämend.


Auch wenn der vorliegende Bericht der Landesregierung leider nicht das ganze Ausmaß des
Problems in unserer Region zeigt, sind auch die hier vorgelegten Zahlen schlicht und einfach
erschreckend: Nach wie vor sind über 50 Prozent der Erwerbslosen und deutlich über 40
Prozent der Alleinerziehenden in Schleswig-Holstein armutsgefährdet. Die so genannte
„Armutsrisikoquote“ – gemessen am Durchschnittseinkommen – liegt bei 15,9 Prozent. Damit
liegen wir im Ländervergleich nur knapp vor den Schlusslichtern Hamburg und Bremen. 2



Statistiken sind ganz sicher nicht immer gleich aussagekräftig und in manchen Fällen führen
sie sogar in die Irre. Doch diese Zahlen zeigen, dass das Risiko, in unserer
Wohlstandsgesellschaft zu verarmen und dauerhaft arm zu bleiben, auch heute noch viel zu
hoch ist. Vor diesem Hintergrund habe ich große Zweifel an der Behauptung, dass die
Sozialpolitik in Schleswig-Holstein für einen gut funktionierenden Sozialstaat steht und den
Hilfebedürftigen ein verlässlicher Partner ist. Aus Sicht des SSW muss viel mehr passieren, um
diesem Anspruch gerecht zu werden. Leider wird damit in naher Zukunft wohl kaum zu
rechnen sein. Denn schon in der Einleitung des Berichts heißt es: „Die Umsetzung der
Maßnahmen (zur Armutsbekämpfung) erfolgt im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel und
unter Beachtung der Erfordernisse der Haushaltskonsolidierung.“ Nach dieser Logik kann die
Landesregierung also gleich die Hände in den Schoß legen. Dies können wir nicht akzeptieren.


Armut hat bekanntlich viele verschiedene Ursachen: Das größte Risiko hier im Land haben
Arbeitslose und Alleinerziehende. Ein geringes Bildungsniveau, ein Migrationshintergrund oder
einfach nur das Älterwerden sind wesentliche Ursachen für Armut. All diese Faktoren sind
schon seit vielen Jahren bekannt – und trotzdem kommen wir hier ganz offensichtlich nicht
voran. Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Ein Armutsbericht alle 10 Jahre ist zu wenig. Wir
brauchen regelmäßig aktualisierte Daten, um dieses Problem gezielt angehen zu können. Ich
denke, mittlerweile muss allen klar sein, dass hier endlich gehandelt werden muss. Doch egal
ob es um frühkindliche Bildung, Wirtschaftsförderung, Arbeitsmarktpolitik oder die Förderung
von Frauen geht: Viele der bewährten Maßnahmen in diesen Bereichen sind Opfer der
Sparmaßnahmen von Schwarz-Gelb.


Neben den Zahlen zur Armutssituation sagt der Bericht auch etwas zur Verteilung von
Reichtum im Land. Zwar hat die Zahl derjenigen, die Einkünfte von über einer Million Euro im
Jahr haben, leicht abgenommen. Aber auch der allgemeine bundesweite Trend, nach dem es
immer mehr Arme gibt während die Wohlhabenden immer mehr verdienen, setzt sich fort. Aus 3
unserer Sicht kommen wir mittel- bis langfristig nicht daran vorbei, große Vermögen und hohe
Einkommen stärker zu besteuern als bisher. Und der Zustand, dass Menschen hier im Land arm
trotz Arbeit sind, muss endlich durch einen flächendeckenden Mindestlohn beendet werden.
Klar ist, dass es nicht ausreicht, auf die Almosen von reichen Mitbürgern zu hoffen.

Wir alle wissen, dass wir bei der Bekämpfung von Armut nur weiterkommen, wenn der Bund
dabei eine wichtige Rolle spielt. Es gibt aber auch keinen Zweifel daran, dass wichtige
Handlungsfelder in der Zuständigkeit des Landes liegen: Wir sehen die Regierung vor allem in
der Pflicht, wenn es um Chancengleichheit im Bildungssystem geht. Auch im Bereich der
arbeitsmarktpolitischen Leistungen gibt es Spielräume, die das Land nutzen muss. Wir müssen
uns zum Beispiel stärker um die Gruppe der Langzeitarbeitslosen bemühen und dafür sorgen,
dass wirklich alle Menschen gleiche Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt haben. Beides
muss zum Kern einer Strategie gegen Armut und soziale Ausgrenzung gehören.

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