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16.12.11 , 16:31 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 8 - Entwurf zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Presseinformation
Kiel, den 16. Dezember 2011 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk

TOP 8 Entwurf zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Drs. 17/1336

Der Ministerpräsident hat bereits vor fünf Jahren gefordert, die Rundfunkgebühren nicht länger
ans Gerät zu binden, sondern an den Nutzer. Damals eroberten gerade die ersten internetfähigen
Handys den Markt und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unternahmen die ersten
Versuche, ihre Inhalte online zu stellen.
Nun hat also die Rundfunkänderungsstaatsvertragsmaschine geliefert: und zwar ein neues
Finanzmodell. Zukünftig soll jeder Haushalt und jede Betriebsstätte, vom Büro bis zur
bemannten Bahnhofstoilette Rundfunkgebühren bezahlen. Dann soll es keine Rolle mehr
spielen, ob der Empfang per Handy, Radio oder sonst wie von statten geht.
Die Rundfunkanstalten erhoffen sich davon eine Stabilisierung ihres Finanzrahmens. Dass die
Finanzierung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunk Schritt halten muss mit dem technischen
Fortschritt, ist selbstverständlich. Zur Realisierung seines Sendeauftrags müssen die
Sendeanstalten über ausreichende Mittel verfügen.
So weit besteht Konsens. 2
Und dann kommt das alt bekannte Verfahren ins Spiel. Ein Verfahren, das der Landtag in der
Vergangenheit mehrmals kritisiert hat. Viele Akteure und noch mehr Lobbies basteln -
weitgehend abgeschirmt von der Öffentlichkeit - an politischen Kompromissen.
Beim aktuellen Vertragswerk sind allerdings die Kompromisse so faul, dass der SSW dem
Staatsvertrag nicht zustimmen kann.
Im Namen von mehr Gebührengerechtigkeit erwächst die neue Rundfunkservicezentrale zu
einem Super-Archiv und zum ersten Bundes-Melderegister. Erstmalig sollte alle Bundesbürger
zentral erfasst werden. Zur Datenerfassung werden auch die Vermieter verpflichtet. Das verletzt
sowohl die Grundrechte des Datenschutzes als auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die
Daten der Meldebehörden erscheinen völlig ausreichend. Der SSW lehnt das bundesweite
Sammeln von Daten, was über diesen Bestand hinausgeht, ab. Woher die zusätzlichen Daten
kommen, bleibt das Geheimnis der Servicezentrale. Und dann darf sie auch diese Daten sogar
ganz oder teilweise Dritten übertragen. Das lehnen wir ab.
Neben datenschutzrechtlichen Bedenken gibt es weitere offene Punkte, die im vorliegenden
Entwurf noch nicht ausreichend geregelt wurden. Genannt seien:
Erstens: Die so genannte Tageszulassung von Autos durch Händler muss zukünftig, den
Buchstaben des Staatsvertrags nach, mit einer GEZ-Meldung verbunden sein. Das ist völlig
lebensfremd.
Zweitens: Die Unterscheidung zwischen gemeinnützigen und privaten Pflegeinrichtungen, von
denen die einen gebührenbefreit sind und die anderen nicht, ist eine Ungleichbehandlung.
Drittens: Die Beitragsstaffel für die Betriebsstätten berücksichtigt nur die Mitarbeiterzahl und
wird nicht in Vollzeitäquivalente umgerechnet. Das benachteiligt alle Branchen mit vielen
Teilzeitbeschäftigten.
Viertens: Blinde und Sehbehinderte sind bislang befreit, zukünftig zahlen sie ein Drittel der
Gebühren. Diese Zahl ist absolut willkürlich. Anspruch auf barrierefreien Zugang erhalten sie
dagegen nicht, nicht einmal zu einem Drittel. 3
Fünftens: Es besteht Gebührenzwang, weil es keine Möglichkeit mehr gibt, Rundfunk
abzuwählen. Damit wird die Gebühr zur faktischen Rundfunksteuer. So ein Systemwechsel muss
im Bundestag entschieden werden.
Zugegeben ist die Gebühren-Situation derzeit unbefriedigend; das System der Hausbesuche
lehnten viele Hörerinnen und Hörer ab. Doch die neue Sammelkrake namens Servicezentrale
wird diesem Problem überhaupt nicht beikommen; im Gegenteil, im Vertrag ist die Rede davon,
dass sie noch größer sein wird: mit mehr Beschäftigten und mehr Daten. Nun werden allerdings
nicht mehr die Mieter Besuch bekommen, sondern die Vermieter.
Das zeigt einmal mehr, dass sich der ganze Aufwand in die falsche Richtung geht.
Aus allen diesen Gründen lehnt der SSW den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ab.

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